Von Darmstadt 98 bis Hertha BSC: Bruno Labbadia ist mehr als ein Feuerwehrmann
Für Bruno Labbadia ist Hertha BSC der siebte Verein als Cheftrainer. Wie hat er sich bei seinen früheren Klubs geschlagen? Eine Reise von Darmstadt nach Berlin.
Am Montag wird Bruno Labbadia offiziell als neuer Trainer Hertha BSC vorgestellt. Für den 54-Jährigen ist der Berliner Fußball-Bundesligist bereits der siebte Verein, bei dem er als Cheftrainer arbeitet. Ein Überblick, wie es für Labbadia bei seinen bisherigen Stationen gelaufen ist.
DARMSTADT 98, 2003 bis 2006
Labbadias Trainerkarriere beginnt genau dort, wo auch seine Profilaufbahn als Spieler begonnen hat: beim SV Darmstadt 98. Als er im Mai 2003 seinen Vertrag unterschreibt, kämpft die Mannschaft noch gegen den Abstieg aus der Regionalliga. Vergebens. So fängt Labbadia als Trainer in der viertklassigen Oberliga an. Er schafft souverän den Wiederaufstieg und landet im Jahr darauf auf Platz fünf. Genauso wie in der Saison danach, seiner letzten in Darmstadt. Als er sich von der Vereinsspitze vorgeführt fühlt, erklärt er seinen Abschied zum Saisonende.
Bilanz: 102 Ligaspiele, 196 Punkte, 1,92 Punkte im Schnitt.
GREUTHER FÜRTH, 2007/08
Zu Beginn seiner Trainerkarriere geht es für Labbadia stetig bergauf: mit Darmstadt von der Ober- in die Regionalliga. Und von dort weiter nach Fürth und damit in die Zweite Liga. Labbadia übernimmt ein Team im Umbruch – und spielt trotzdem lange oben mit. Am Ende wird es Platz sechs. Vor ihm landen unter anderem gestandene Bundesligisten wie Köln und Gladbach, der neureiche Emporkömmling Hoffenheim und Mainz 05 mit einem gewissen Jürgen Klopp als Trainer. Während Fürth Zweitligist bleibt, endet die Spielzeit für Labbadia mit einem persönlichen Aufstieg: Er wird von Bundesligist Bayer Leverkusen abgeworben.
Bilanz: 34 Ligaspiele, 52 Punkte, 1,52 im Schnitt.
BAYER LEVERKUSEN, 2008/09
Schnell nach oben – und dann auch schnell wieder nach unten. Dass Bruno Labbadia dieser Ruf anhängt, hängt nicht zuletzt mit seinem Engagement in Leverkusen zusammen. In der Hinrunde überzeugt das Team mit mutigen Offensivfußball und steht sogar zwei Spieltage an der Tabellenspitze; in der zweiten Saisonhälfte aber kommen zu den 32 Punkten aus der Vorrunde nur noch 17 hinzu, sodass am Ende lediglich Platz neun herausspringt. Labbadias Verhältnis zur Mannschaft ist nicht störungsfrei, ihm wird vorgeworfen, er sei in Training und Ansprache zu hart. „Da wollte ich wirklich zu schnell zu viel“, hat er später selbst gesagt. Unmittelbar vor dem Saisonhöhepunkt kommt es zum Eklat. Am Verein vorbei hat Labbadia der „Süddeutschen Zeitung“ ein Interview gegeben, in dem er deutliche Kritik äußert. Es erscheint am Tag des DFB-Pokalfinales, das die Leverkusener 0:1 gegen Werder Bremen verlieren. Anschließend reicht Labbadia seinen Rücktritt ein. Vermutlich wäre er sonst entlassen worden.
Bilanz: 34 Ligaspiele, 49 Punkte, 1,44 im Schnitt.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen:leute.tagesspiegel.de]
HAMBURGER SV, 2009 bis April 2010
Labbadias Ruf hat durch die Umstände seines Abschieds in Leverkusen nicht nachhaltig gelitten. Schon wenige Tage später tritt er beim HSV die Nachfolge von Martin Jol an. Und auch in Hamburg läuft es anfangs blendend. Vom vierten bis zum achten Spieltag ist Labbadia mit seinem Team Tabellenführer der Bundesliga. Erst am 11. Spieltag kassieren sie gegen Borussia Mönchengladbach die erste Saisonniederlage. Trotzdem geht das Engagement beim HSV für Labbadia mit seiner ersten Entlassung als Trainer zu Ende. Nach einer 1:5-Niederlage in Hoffenheim, im insgesamt 51. Pflichtspiel der Saison, muss er gehen – drei Tage vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Europa League gegen den FC Fulham.
Bilanz: 32 Ligaspiele, 48 Punkte, 1,5 Punkte im Schnitt.
VFB STUTTGART, Dezember 2010 bis August 2013
Beim VfB Stuttgart erlebt Labbadia sein Debüt als Feuerwehrmann. Erstmals tritt er einen Job mitten in der Saison an. Der VfB liegt kurz vor der Winterpause auf dem vorletzten Tabellenplatz, doch Labbadia führt ihn mit einem Schnitt von 1,66 Punkten noch auf Rang zwölf. Im zweiten Jahr qualifiziert sich die Mannschaft als Sechster für die Europa League, in der Saison darauf schafft sie es bis ins DFB-Pokalfinale (2:3 gegen Bayern) – obwohl der Klub wegen finanzieller Probleme zum Sparen gezwungen ist. Das bewahrt Labbadia allerdings nicht vor der schnellen Entlassung, als er wenige Wochen später mit drei Niederlagen in die neue Spielzeit gestartet ist.
Bilanz: 89 Ligaspiele, 126 Punkte, 1,41 Punkte im Schnitt.
HAMBURGER SV, April 2015 bis September 2016
Die Lage gilt als aussichtslos. Der HSV ist Tabellenletzter, der erste Abstieg der Vereinsgeschichte so gut wie sicher – doch dann kommt Labbadia. Mit zehn Punkten aus den letzten sechs Spielen rettet er die Mannschaft noch in die Relegation, in der sie sich schließlich mit viel Glück gegen den Karlsruher SC durchsetzt. Die folgende Saison mit Rang 10 ist eine der seltenen in der jüngeren Vereinsgeschichte des HSV ohne größere Abstiegssorgen. Trotzdem muss Labbadia zu Beginn im September 2016 nach nur einem Punkt aus fünf Spielen erneut gehen. Da hilft auch die Wahl zum Hamburger des Jahres 2015 nicht mehr.
Bilanz: 45 Spiele, 52 Punkte, 1,15 Punkte im Schnitt.
VFL WOLFSBURG, Februar 2018 bis Juni 2019
Besonders freundlich fällt der Empfang in Wolfsburg nicht aus. „Wir steigen ab. Wir kommen nie wieder. Wir haben Bruno Labbadia“, singen die Fans des VfL nach Labbadias erstem Heimspiel. Auf Platz 14 liegt die Mannschaft, als der neue Trainer anfängt, und wie schon in Hamburg rettet Labbadia das Team erst in der Relegation (gegen Kiel) vor dem Abstieg. Angesichts des holprigen Starts gilt es als mittleres Wunder, was in der folgenden Saison passiert. Erstmals seit 2015 qualifiziert sich der VfL wieder für den Europapokal. Doch Labbadia und Sportdirektor Jörg Schmadtke werden nie richtig warm miteinander. Schließlich ist es der Trainer, der erklärt, dass er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. Seine Amtszeit in Wolfsburg endet schließlich mit einem 8:1 gegen Augsburg, dem höchsten Bundesligasieg des VfL. Zum Abschied hängt am Trainingsgelände des VfL ein Transparent mit der Aufschrift: „Wir blieben drin. Wir kamen wieder. Wir danken Bruno Labbadia.“
Bilanz: 45 Ligaspiele, 64 Punkte, 1,42 Punkte im Schnitt.