Schlammschlacht bei Hertha BSC: Die seltsame Show des Jürgen Klinsmann
Jürgen Klinsmann versucht, die Deutungshoheit über Hertha BSC zu behalten. Die Art und Weise geht gar nicht - und lässt tief blicken. Ein Kommentar.
Nein, es ist noch nicht vorbei. Ganz und gar nicht. Wer glaubte, dass nach der unmöglichen Flucht von Jürgen Klinsmann endlich einmal Ruhe einkehrt bei Hertha BSC, der hat sich aber sowas von getäuscht. Der muss nun den nächsten Teil der Schmierenkomödie ertragen. Oder soll man besser Schlammschlacht sagen?
Hatte sich Herthas Trainer vor zwei Wochen in seiner wütenden Rücktrittserklärung auf Facebook noch vermeintlich wohlwollend mit „HaHoHe, Euer Jürgen“ verabschiedet, tritt er nun mit einem seitenlangen Protokoll seiner Amtszeit nach, das als „geheimes Tagebuch“ rein zufällig über die „Sport Bild“ an die Öffentlichkeit gelangt ist. Die Notizen des Jürgen Klinsmann. Detaillierte Tagesabläufe, Spitzfindigkeiten und natürlich Vorwürfe. Hertha: der Verein mit „Lügenkultur“, der nichts auf die Kette bekommt, selbst mit Millionen von Euro nicht.
Jürgen Klinsmann geht es nur um Jürgen Klinsmann
Nun steckt in Klinsmanns Kakofonie einiges drin, was Beobachter schon länger an Hertha kritisieren – Dinge, mit denen sich der Klub dringend auseinandersetzen muss. Seine Darstellung nach außen zum Beispiel, das oft verkniffene Auftreten der Verantwortlichen, die lange gehegten und gepflegten Vereinsstrukturen. Doch Klinsmann hat hoffentlich nicht ernsthaft angenommen, dass er seinem früheren Arbeitgeber so hilft. Vielmehr hat der Ex wohl das Gegenteil von dem erreicht, was er womöglich erreichen wollte – und lässt Hertha relativ leicht davonkommen.
Denn so berechtigt seine Kritik in Teilen auch sein mag, die Art und Weise, in der er sie rausbläst, die geht gar nicht. Und wenn es stimmt, dass er seine Probleme zuvor nicht intern mit Manager Michael Preetz und Präsident Werner Gegenbauer aufgearbeitet hat, stellen sich noch ganz andere Fragen: Warum wählt Jürgen Klinsmann den Alleingang? Wieso versucht Jürgen Klinsmann nicht, es im Sinne des Vereins mit den Betroffenen zu klären, anstatt gegen sie zu schießen? Was bezweckt Jürgen Klinsmann? Geht es ihm hier wirklich um „seine Hertha“ - oder nur um Jürgen Klinsmann? Letzteres scheint in Anbetracht seiner abstrusen Aktionen naheliegender zu sein.
Was als ganz nette Idee begann mit einem Sportexperten im Aufsichtsrat eines Fußball-Bundeligisten aus Berlin und dann als Trainer in der Not weiterging, ist so zu einer One-Man-Show verkommen, die der Abtrünnige von außerhalb steuert. Einer, der offenbar wie ein bockiges Kind um die Deutungshoheit kämpft - obwohl er längst verloren hat.
Denn dass Jürgen Klinsmann nach einer solchen Egotour noch einmal irgendwo in Deutschland eine Beschäftigung findet, ist sicherlich ausgeschlossen. Jürgen Klinsmann hat seinen Job bei Hertha BSC in schönster Kriegsrhetorik als „Himmelfahrtskommando“ bezeichnet. In Wahrheit hat er sich selbst abgeschossen.