Serie Materialschlacht, Teil 8: Basketballschuhe sind mehr als nur Equipment
Die Sneaker der Profi-Basketballer sind Prestige- und Marketingobjekte. Sie können mit ihnen viel Geld verdienen. Das hat aber auch seine Tücken.
Im Sport kommt es nicht immer nur auf den Athleten an. In unserer Serie „Materialschlacht“ beschreiben wir, wie viel durch Technik und Material in verschiedenen Sportarten bestimmt wird.
Martin Hermannsson kann gar nicht aufzählen, wie viele verschiedene Paare Basketballschuhe er in seinem Leben bereits getragen hat. Der Aufbauspieler von Alba Berlin ist ausgewiesener Liebhaber der Sneaker, wie die Spieler und Fans die Schuhe nennen. „Mein Vater hat in Island für Nike gearbeitet. Deswegen hat er oft auch limitierte Modelle bekommen. Meine Sneaker-Sammlung ist also schon seit meiner Geburt ziemlich gut bestückt“, sagt Hermannsson. Sein erster Schuh sei ein Paar der Herstellermarke Jordan gewesen. Er habe es immer noch, mittlerweile benutze es sein Sohn.
Die Schuhkultur und der Basketball sind untrennbar. Auch weil die Sneaker den Athleten ein zweites Geschäftsmodell bieten. Anders als in vielen weiteren Sportarten können Basketballspieler diesen Teil ihres Equipments zur Erstellung der eigenen Marke und letztendlich auch zur Erwirtschaftung eines achtbaren Nebenverdienstes vermarkten. Michael Jordan, Kobe Bryant, LeBron James: Mehr als 30 ehemalige und aktive NBA-Spieler haben bereits ihre eigenen Schuhkollektionen auf den Markt gebracht.
LeBron James hat Vertrag auf Lebenszeit
LeBron James unterschrieb im Alter von 18 Jahren einen Vertrag über sieben Jahre mit Nike, der ihm 93 Millionen Dollar einbrachte. James war zu der Zeit wohlgemerkt noch auf der Highschool. Zwischen Februar 2014 und Januar 2015 verkaufte die Firma Schuhe von James im Wert von 340 Millionen Dollar. Mittlerweile einigten sich Spieler und Firma auf einen Vertrag auf Lebenszeit. Summen wie diese sind keine Seltenheit mehr. James Harden von den Houston Rockets unterschrieb 2015 einen Vertrag über 13 Jahre bei Adidas. Dafür erhält er 200 Millionen Dollar.
Martin Hermannsson spielt in den Schuhen von James Harden. Ihm ist es vom Verein vorgeschrieben, in Schuhen des Herstellers zu spielen. Das sei eine Umstellung für ihn gewesen, Hermannsson hat eigentlich einen Vertrag bei einem anderen großen Ausstatter, in dessen Schuhen er sein Leben lang spielte. „Ich habe zu Saisonbeginn ein paar Trainingseinheiten gebraucht, bis ich das optimale Paar für mich gefunden habe“, sagt Hermannsson.
Bei seinen Schuhen achte er vor allem auf den Komfort: „Ich mag die Schuhe an der Sohle ein wenig weicher.“ Außerdem könne er nur in sogenannten Low-Tops spielen. Also in Schuhen, die nicht bis über den Knöchel reichen. Low-Tops oder High-Tops, darüber können Basketballer stundenlang diskutieren. Und: „Die Schuhe müssen gut aussehen“, sagt Hermannsson. Denn anders als viele andere Sportgeräte werden Basketballschuhe natürlich auch, aber eben nicht ausschließlich für die optimale Nutzung hergestellt. Es geht auch um Stil, um Prestige, um das Selbstbewusstsein, das ein Schuh dem Spieler verleihen kann. „Man geht mit einem guten Gefühl ins Spiel, wenn man ein neues, frisches Paar Sneaker an den Füßen hat. Das kann einem als Spieler auf jeden Fall helfen“, sagt Hermannsson. Denn wenn man gut aussehe, spiele man auch automatisch besser.
Technische Innovationen gab und gibt es aber auch bei Basketballschuhen. Reebok arbeitete bereits ab 1989 mit dem Pump-System. In der Schuhlasche verarbeitete der Hersteller kleine Polster, die man durch das Drücken eines kleinen basketballartigen Balles am oberen Ende der Lasche mit Luft füllen konnte, um den Druck auf den Fuß anzupassen.
Selbstschnürende Schuhe für 350 Euro
30 Jahre später, im Februar 2019, brachte Nike den ersten selbstschnürenden Basketballschuh auf den Markt. Die Schuhe sollen, ganz wie im Film „Zurück in die Zukunft II“, das Fußprofil erkennen und sich mit der Hilfe von integrierten Motoren automatisch an den Fuß anpassen. Mit einer App lässt sich die Enge beider Schuhe zusätzlich individuell bestimmen. Dabei muss man die Sneaker, die so schon zu einem Gadget werden, immer wieder aufladen. Mehrere NBA-Spieler tragen das Modell bereits, den Fan oder Hobby-Basketballer kostet es 350 Euro.
Dass im Fall der Sneaker aber oftmals der Träger den Wert des Materials ausmacht, zeigt der Fall von Zion Williamson. Der 18-Jährige spielt derzeit noch College-Basketball für die Duke Blue Devils, gilt aber bereits als der nächste große Spieler der NBA. Beim im ganzen Land übertragenen Spiel gegen North Carolina verletzte sich Williamson, nachdem sein linker Nike- Schuh bei einer Abstoppbewegung an der linken Seite aufriss und sich die Sohle fast vom Rest des Schuhs löste. In der Folge fiel die Aktie des weltweit führenden Sportartikelanbieters um bis zu 1,7 Prozent.
Bisher erschienen: „Kufen beim Rodeln“, „Alpine Ski“, „Das Gewehr beim Biathlon“, „Schoner und Schlittschuhe beim Eishockeytorwart“, „Passgenaue Bobs“, „Die Anzüge der Skispringer“ und „Das Motorrad beim Eisspeedway".
Louis Richter