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Eine Saison des Grauens. Mit Hertha BSC stieg Friedhelm Funkel (vorne) 2010 aus der Bundesliga ab.
© imago sportfotodienst

Friedhelm Funkel und seine Mission beim 1. FC Köln: Aufsteigen kann Funkel – aber kann er auch drinbleiben?

Der 1. FC Köln präsentiert Friedhelm Funkel als neuen Trainer. Mit seiner Ruhe und Gelassenheit soll er den Abstieg des FC verhindern.

Mit 67 Jahren hat Friedhelm Funkel das offizielle Rentenalter längst erreicht. Er hat im Fußball vieles, wenn nicht fast alles erlebt, und kommt als Spieler und Trainer auf mehr Einsätze in der Bundesliga als jeder andere. Und natürlich hält er auch einen beeindruckenden Rekord. Sechs Aufstiege mit Vereinen aus der Zweiten Liga stehen in seinem Lebenslauf. Das kann kein anderer Trainer in Deutschland vorweisen

Dass der 1. FC Köln im Sommer mal wieder einen ausgewiesenen Aufstiegsexperten benötigt, das ist noch nicht gesagt. Aber nach dem 2:3 gegen Mainz 05 am Sonntagabend ist es zumindest ein Stück wahrscheinlicher geworden. Nur wenige Stunden nach der frustrierenden Heimniederlage und dem Sturz auf den vorletzten Tabellenplatz trennte sich der Klub von seinem Trainer Markus Gisdol.

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Für die letzten sechs Spiele bis zum Saisonende springt nun Friedhelm Funkel ein, der seine Karriere nach der Entlassung bei Fortuna Düsseldorf im Januar 2020 eigentlich schon für beendet erklärt hatte. Friedhelm Funkel soll also gewissermaßen verhindern, dass der 1. FC Köln im Sommer jemanden wie Friedhelm Funkel braucht.

„Friedhelm hat nicht nur große Erfahrung, sondern ist auch mit solchen Situationen absolut vertraut“, hat Horst Heldt, der Sportchef der Kölner, über die Entscheidung in der Trainerfrage gesagt. „Er hat die Souveränität, die es jetzt braucht, um in dieser Phase einen neuen Impuls zu geben, die notwendige Ruhe zu bewahren und unser Team auf die wichtigen verbleibenden sechs Spiele einzustellen.“

Wer aufsteigen kann, der kann schließlich auch nicht absteigen. Oder etwa nicht? Funkels epische Trainerkarriere hat 1991 nicht etwa mit einem Aufstieg angefangen, sondern mit einem Abstieg. Wobei er dafür nur schwer in Haftung zu nehmen ist. Als er am vorletzten Spieltag der Saison bei seinem Heimatverein Bayer 05 Uerdingen für Timo Konietzka einsprang, war die Rettung allenfalls noch eine theoretische Möglichkeit.

Funkels Karriere begann mit einem Abstieg

Selbst bei zwei Siegen aus den beiden noch verbleibenden Begegnungen hätte es nicht zum Klassenverbleib gereicht. Funkel holte einen Punkt, aber den immerhin durch ein 2:2 am letzten Spieltag bei den Bayern. Sein Debüt als Cheftrainer hatte allerdings maximal ernüchternd geendet. Im eigenen Stadion unterlag Bayer 05 dem abgeschlagenen Letzten Hertha BSC mit 1:2, nicht zuletzt weil seine Mannschaft gleich zwei Elfmeter verschoss.

Es war der erste von drei Abstiegen mit den Krefeldern, bei denen Funkel immerhin fünf Jahre Trainer blieb. Weitere zweidreiviertel Abstiege kamen später noch dazu, jeweils nachdem er als potenzieller Retter engagiert worden war. Nur bei Hansa Rostock war Funkel bei der Mission Klassenerhalt erfolgreich; in Düsseldorf stoppte er nach zuvor vier Niederlagen hintereinander immerhin den Absturz. Bei seinem Einstieg war die Fortuna allerdings als Zehnter mit acht Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone nicht in akuter Gefahr.

Zu wenig Leidenschaft wurde Funkel (r.) in seiner Zeit bei Hertha BSC vorgeworfen. Bei seinem Vorgesetzten Michael Preetz (3. v. r.) war das ganz sicher nicht der Fall.
Zu wenig Leidenschaft wurde Funkel (r.) in seiner Zeit bei Hertha BSC vorgeworfen. Bei seinem Vorgesetzten Michael Preetz (3. v. r.) war das ganz sicher nicht der Fall.
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Anders, nämlich deutlich dramatischer, sah es 2002 bei Funkels erstem Engagement in Köln aus. Nach 23 Spieltagen lag der FC mit lediglich 14 Punkten auf dem letzten Platz, und trotz einer guten Performance unter dem neuen Trainer mit mehr als doppelt so viel Punkten (15) aus halb so vielen Spielen (11) langte es nicht zum Klassenerhalt. Funkel durfte trotzdem bleiben und schaffte mit den Kölnern immerhin umgehend den Wiederaufstieg.

Es waren vor allem Funkels Engagements bei Hertha BSC (2009/10) und beim Zweitligisten Alemannia Aachen (2011/12), die seinen Ruf als Retter in Frage stellen. In Aachen übernahm er den Trainerposten nur fünf Tage nach seiner Entlassung beim VfL Bochum. Als er 20 Spieltage später nach einer Serie von fünf Niederlagen wieder gehen musste, stand die Alemannia wieder genau da, wo er sie übernommen hatte: auf dem vorletzten Tabellenplatz. Am Ende stieg die Mannschaft in die Dritte Liga ab.

„Er hat einfach nicht nach Berlin gepasst“

Die Vorwürfe, die in Aachen gegen ihn erhoben wurden, gab es auch schon in Berlin: dass er den Job vergleichsweise leidenschaftslos abgewickelt habe, die nötige Identifikation mit dem Klub und der Stadt habe vermissen lassen und kein Feuer in der Mannschaft habe entfachen können. „Für mich war es eine katastrophale Fehlentscheidung, Funkel zu holen. Der hat einfach nicht nach Berlin gepasst“, hat Maximilian Nicu, damals Mittelfeldspieler bei Hertha, vor kurzem in einem Interview gesagt. Er fand den Trainer und seine Arbeit „in allen Belangen merkwürdig“.

Funkel wurde 2009 am Tag der Deutschen Einheit als Nachfolger von Lucien Favre bei Hertha BSC vorgestellt. Die Situation war nach sechs Niederlagen hintereinander und nur drei Punkten aus den ersten sieben Spielen ernst, aber noch keineswegs aussichtslos. Doch bis zur Winterpause schaffte Funkel mit der Mannschaft keinen einzigen Sieg, und auch in der Rückrunde mit den Neuzugängen Theofanis Gekas, Roman Hubnik und Lewan Kobiaschwili kam Hertha nie in einen Jetzt-erst-recht-Modus, der nötig gewesen wäre, um das Unmögliche noch möglich zu machen.

Natürlich lag das auch an der suboptimalen Kaderplanung des damals blutjungen Managers Michael Preetz. Aber in Berlin ist vor allem Funkel in letzter Instanz für den Abstieg verantwortlich gemacht worden. Geblieben ist aus seiner Zeit bei Hertha vor allem sein Satz: „Man muss nicht jedes Spiel gewinnen.“ Dafür, dass Funkel ihn wirklich so gesagt hat, lässt sich heute kein Beleg mehr finden. Aber dass Friedhelm Funkel diesen Satz so gesagt haben könnte, daran zweifelt niemand, der ihn in der Saison 2009/10 bei Hertha BSC erlebt hat.

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