Maximilian Nicu über die besondere Saison 2008/09: „Die Mischung bei Hertha BSC hat einfach genial gepasst“
Maximilian Nicu spricht im Interview über seinen Höhenflug mit Hertha BSC, seine Zeit als rumänischer Nationalspieler und den Kleiderschrank von Marko Pantelic.
Maximilian Nicu, 38, stand von 2008 bis 2010 bei Hertha BSC unter Vertrag. In seiner ersten Saison kämpfte er mit den Berlinern lange um die Meisterschaft, am Ende aber verpasste die Mannschaft von Trainer Lucien Favre nicht nur den Titel, sondern als Vierter auch die Qualifikation für die Champions League. Nach dem Abstieg 2010 wechselte Nicu, der als Sohn rumänischer Eltern in Prien (Bayern) geboren worden war, zum SC Freiburg. Nach weiteren Stationen unter anderem bei 1860 München, in Zypern und Rumänien beendete er 2018 bei der Spielvereinigung Unterhaching seine Karriere. Nicu lebt in München, trainiert seinen Heimatverein, den Kreisligisten TuS Prien, und arbeitet als Experte für Dazn.
Herr Nicu, wie intensiv verfolgen Sie Hertha BSC?
Schon noch sehr intensiv. Erst recht seitdem Arne Friedrich dort als Sportdirektor tätig ist. Ich habe auch noch Freunde in Berlin, durch die ich immer wieder mal Sachen mitbekomme, die nicht an der Oberfläche schwimmen.
Machen Sie sich Sorgen?
Natürlich könnte man sich Sorgen machen. Aber wenn man sich das Restprogramm anschaut, sollte es eigentlich reichen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hertha absteigt.
Mit Arne Friedrich haben Sie bei Hertha zusammengespielt, mit Pal Dardai, der jetzt wieder Trainer ist, ebenso. Wie haben Die die beiden erlebt, als Sie 2008 vom Zweitligisten Wehen Wiesbaden nach Berlin gekommen sind?
Das war schon eine andere Welt. Pal hat unglaublich professionell gearbeitet, war ehrgeizig ohne Ende. Das war schon beeindruckend. Bei Arne war es ähnlich. Ich erinnere mich noch an eines der ersten Male, die ich mit ihm gesprochen habe. Wir kamen aus der Kabine, und dann hat er mit der Fernbedienung bei seinem Sportwagen das Verdeck geöffnet. So was hatte ich in der Form noch nie gesehen. Okay, dachte ich, jetzt bist du im richtigen Profifußball angekommen.
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Wie waren sonst die ersten Eindrücke von Hertha?
Ich war schon sehr nervös, als ich nach Berlin gekommen bin. Im ersten Training bin ich nur über den Platz gestolpert und danach auch erst mal mit einer Verletzung ausgefallen. Heute glaube ich, die Verletzung hat es gar nicht gegeben. Die hat nur in meinem Kopf existiert und sich dann gewissermaßen auf meinen Körper übertragen. Hertha, Bundesliga, die Hauptstadt, das war einfach eine andere Welt. Auch medial war ich ein bisschen überfordert.
Wieso?
In Wiesbaden hatte ich einen ganz guten Draht zu der Journalistin der „Bild“-Zeitung. Als klar war, dass ich nach Berlin gehe, hat sie noch ein Interview mit mir geführt und mich gefragt, ob es irgendetwas gebe, was mir Sorge bereite. Weil ich bis dahin immer Adidas-Schuhe getragen hatte, habe ich sinngemäß gesagt, dass ich eigentlich nicht in Nike-Schuhen spielen wolle. Kaum war das Interview erschienen, habe ich einen Anruf von unserem Pressesprecher Hansi Felder bekommen. „Sag mal, spinnst du?“, hat er mich gefragt. „Bist du eigentlich auf dem Kopf gefallen? So was kannst du doch nicht sagen, wenn Nike unser Ausrüster ist.“
Wie ist Hertha überhaupt auf Sie gekommen?
Das kann ich Ihnen ganz genau sagen. Ein Bekannter von mir war mit einem Berater befreundet, der wiederum einen ganz guten Draht zu Rudi Wojtowicz hatte.
Dem Chefscout von Hertha.
Genau. Als es für mich in Wiesbaden ganz gut lief, hat mein Bekannter gesagt, er würde mal versuchen, den Kontakt herzustellen. Ich weiß auch noch, dass ich selbst ein Video mit meinen Highlights aus der Zweiten Liga zusammengeschnitten habe. Nach heutigen Maßstäben schon ziemlich witzig.
Mit welchen Ambitionen sind Sie nach Berlin gekommen?
Ich hatte bei Hertha einen Dreijahresvertrag unterschreiben und wollte einfach mal schauen, ob ich mich in der Bundesliga etablieren kann. Mit dem Wissen von heute hätte ich meine Ziele viel höher angesetzt. Damals habe ich noch viel gelesen, was über mich geschrieben und gesagt wurde. Und da habe ich gemerkt: Mich hat keiner auf der Rechnung. Ich lief eher nebenher. Da bin ich wirklich sauer geworden. Das hat mich so motiviert, dass ich gesagt habe: Okay, dann zeig ich es euch jetzt mal!
Was ja auch ganz gut funktioniert hat. Ab dem fünften Spieltag standen sie eigentlich immer in der Startelf.
Ohne mir zu sehr auf die Schulter zu klopfen: Ich habe einfach versucht, das umzusetzen, was unser Trainer Lucien Favre von mir wollte. Als ich am ersten Spieltag in Frankfurt für die letzten Minuten aufs Feld gekommen bin, hat er zu mir gesagt: „Max, Ball sichern, Ball laufen lassen und Frankfurt nicht mehr vors Tor kommen lassen.“ Das habe ich dann halt gemacht. Gegen St. Patrick’s Athletic in der Europa League hat Favre mich in der Halbzeit eingewechselt und mir gesagt: „Sie schießen jetzt ein Tor.“ Ich habe dann tatsächlich ein Tor erzielt, ein sehr schönes sogar. Da ist, glaube ich, bei Favre ein Schalter umgelegt worden. Er hatte gesehen: Auf den kannst du zählen. Der macht keine Faxen.
Welche Rolle hat Favre für Sie gespielt?
Für mich war Favre der Höhepunkt meiner Karriere. Hätte er mir nicht vertraut, wäre ich wahrscheinlich ein Jahr später wieder in die Zweite Liga zurückgegangen. Ich bin ihm unglaublich dankbar. Von ihm habe ich auch am meisten gelernt. Seine Schwäche war ein bisschen das Menschliche. Bei einer Weihnachtsfeier stand ich mal mit zwei, drei anderen Spielern zusammen. Er ist zu uns gekommen, hat uns gefragt, was wir im Urlaub machen und uns die Malediven empfohlen, weil es dort so unglaublich schön sei. Das war, glaube ich, das Persönlichste, was ich in der ganzen Zeit mit ihm gesprochen habe. Trotzdem lief es lange richtig gut, bis Favre angefangen hat, Fehler zu machen. Die hätte er nicht machen müssen. Doch da hat auch sein Stolz eine Rolle gespielt. Aber bei allem, was Fußball angeht, da ist er einfach gut.
Favre war schon ein bisschen ein Nerd, oder?
Absolut! Noch bis kurz vor dem Anpfiff ist er mit der Magnettafel rumgelaufen und hat dich hierhin oder dahin geschoben. Taktisch war er schon fanatisch. Aber das uns als Team auch sehr geholfen.
Im Frühjahr 2009 stand Hertha an der Tabellenspitze, und Berlin träumte von der Meisterschaft. Können Sie das erklären?
Manchmal ergibt sich das einfach. Ich würde dafür auch nicht immer nur den Trainer verantwortlich machen. Die Mischung hat einfach genial gepasst. Aktuell zum Beispiel passt es bei Hertha nicht. Wir hatten einen Andrej Woronin, der uns Spiele gewonnen hat; wir hatten in der Abwehr Joe Simunic oder Arne Friedrich, bei denen du wusstest: Normalerweise passiert da nichts. Und dann hattest du Leute wie Marc Stein, den auch keiner auf dem Zettel hatte und der genau wie ich unglaublich viele Spiele gemacht hat. Das kann man nicht planen. Bestes Beispiel ist Andrej Woronin. Der hat eigentlich gemacht, was er wollte. Manchmal kam er mit offenen Schuhen auf den Trainingsplatz und hat die ganze Einheit mit offenen Schuhen trainiert. Aber keiner hat was gesagt. Nicht mal Favre. Alle haben gedacht: Lass den einfach, am Wochenende holt der uns wieder den Dreier. Und genau so war es dann auch. Es war auch niemand eifersüchtig oder neidisch, mit Abstrichen vielleicht Marko Pantelic, weil das Spotlight etwas von ihm weggegangen ist. Aber das haben wir aufgefangen.
Was hat der Erfolg mit Ihnen gemacht?
Im ersten Schritt eigentlich nur Gutes. Ich bin ganz anders aufgetreten und war natürlich auch ein bisschen stolz. Und wenn du auf einmal viel mehr Geld verdienst als vorher, dann kaufst du dir vielleicht auch mal eine Dolce-und-Gabbana-Jeans. Marko Pantelic hat mir mal erzählt, dass bei ihm Klamotten für eine Million Euro im Schrank hängen, und ich hab‘ mich schon schlecht gefühlt, als ich mir für 300 Euro eine Dolce-und-Gabbana-Jeans gekauft habe. Erst im zweiten Schritt, in der Saison darauf, habe ich dann definitiv einen Fehler gemacht.
So steil, wie es für Hertha nach oben gegangen war, ging es auch wieder nach unten. Favre musste nach sechs Niederlagen hintereinander gehen. Für ihn kam Friedhelm Funkel.
Ich kannte Funkel aus meiner Zeit bei Wehen Wiesbaden. Da war er Trainer in Frankfurt, und wir hatten oft Testspiele gegen die Eintracht bestritten. Ich glaube, Funkel hat mich immer als Zweitligaspieler gesehen. Und wenn ein Trainer nicht auf dich steht, kannst du machen, was du willst. Aber ich habe auch einen entscheidenden Fehler gemacht. Ich habe gedacht: „Du hast gezeigt, dass du in der Bundesliga bestehen kannst, und egal ob Funkel dich spielen lässt oder nicht: Es wird schon weitergehen.“ Ich habe die Dinge ein bisschen laufen lassen, mich nicht so engagiert, wie ich es hätte machen sollen. Ich sag mal so: Ich bin ein bisschen zu bequem geworden.
Die ganze Saison lief für Hertha geradezu erbarmungswürdig und endete fast zwangsläufig mit dem Abstieg.
Es war sehr, sehr erschreckend, das muss man wirklich sagen. Die Einzigen, die das noch unterbieten, sind gerade die Schalker. Aber dafür gab es Gründe.
Welche?
Für mich war es eine katastrophale Fehlentscheidung, Funkel zu holen. Der hat einfach nicht nach Berlin gepasst. Favre hat auch Fehler gemacht. Und dann muss man einfach sagen, dass die Mannschaft nicht gut war. Wenn du Leute verlierst wie Woronin oder Simunic, musst du die nicht unbedingt eins zu eins ersetzen, aber wir haben – ohne Namen zu nennen – Leute bekommen, die einfach nicht die Qualität für die Bundesliga hatten. Ich glaube, dass Michael Preetz …
… der gerade neuer Manager geworden war …
… mit der Situation einfach überfordert war. Nach dem Abstieg hat er zu mir gesagt: In jeder anderen Stadt hätte er mit Funkel weitergemacht, aber in Berlin ginge das nicht, da würde er gelyncht werden. Ich habe ihn nur angeschaut und ihn gefragt: „Du willst mit dem Trainer weitermachen, der mit der Mannschaft abgestiegen ist, der nichts geleistet, kaum Punkte geholt und in allen Belangen merkwürdig gehandelt hat?“
Noch einmal zurück in Ihre erste Saison bei Hertha: Für Sie hatte der Höhenflug zur Folge, dass Sie in die rumänische Nationalmannschaft berufen worden sind.
Als wir damals oben mitspielten und ich Stammspieler bei Hertha war, kam die Frage auf, was eigentlich mit der Nationalmannschaft sei. Irgendwo hatte ich sogar die Aussage von Oliver Bierhoff gelesen, dass man mich im Blick habe. Keine Ahnung, ob das wirklich stimmte. Auf jeden Fall hat das auch in Rumänien die Runde gemacht, und kurz darauf bekam ich das Angebot: Wir bürgern dich ein.
Haben Sie lange überlegt?
Mir war schon klar, dass der Weg in die deutsche Nationalmannschaft wahrscheinlich ein bisschen weiter und schwieriger ist. Und ob ich das wirklich geschafft hätte? Aber die Entscheidung war nicht rational, sondern emotional, aus dem Herzen heraus. Ein bisschen habe ich das auch für meine Eltern getan, die 1977 aus dem kommunistischen Rumänien nach Deutschland ausgewandert waren, weil sie frei leben wollten. Ich wollte etwas tun, damit meine Eltern auch ein bisschen stolz sein können. Die Entscheidung habe ich nicht bereut.
Sie brauchten aber erst noch die rumänische Staatsangehörigkeit.
Ja, die Rumänen haben gesagt: Das geht ganz schnell und unbürokratisch. Ich musste nur in Berlin zur Botschaft, nach zehn Minuten, wenn überhaupt, war alles erledigt. Ich war der erste ausländische Spieler, der die rumänische Staatsbürgerschaft bekommen hat, damit er für die Nationalmannschaft spielen kann. Das war so was Besonderes, dass meine Einbürgerung sogar live im rumänischen Fernsehen übertragen werden sollte. Irgendwie war mir das nicht so recht. Ich spreche zwar Rumänisch, aber alles andere als perfekt. Zum Glück hat das dann nicht geklappt, weil der Satellit besetzt war.
Haben Sie zu Hause Rumänisch oder Deutsch gesprochen?
Inzwischen reden wir in der Familie mehr Rumänisch, aber als mein Bruder und ich noch kleiner waren, da haben wir hauptsächlich Deutsch gesprochen. Rumänisch habe ich vor allem durch meine Großeltern gelernt, die kein Deutsch konnten. Das lernt man als Kind ja relativ schnell, ohne es zu merken.
Wie rumänisch waren Ihre Kindheit und Jugend?
Wir sind schon stark nach den deutschen Werten aufgewachsen und erzogen worden. Darauf haben meine Eltern sehr viel Wert gelegt. Deswegen haben sie sowohl meinem Bruder als auch mir einen deutschen Vornamen gegeben. Das war dann auch das, was mir in Rumänien ein bisschen zum Verhängnis geworden ist bei der Nationalmannschaft.
Inwiefern?
Ich wurde dort immer der Deutsche genannt. Vielleicht war ich das auch. Wenn es heißt, um 18 Uhr ist Abendessen, dann sitze ich spätestens um fünf vor sechs am Tisch. Bei der Nationalmannschaft saß ich teilweise alleine da. Alle anderen kamen erst um zehn nach sechs, Viertel nach sechs. Einer kam rein, hat gesagt: „Nee, das Essen mag ich nicht“ und hat sich beim Koch Speck und Spiegeleier bestellt. Nach dem Training hatten alle ein Bierchen in der Hand, und am Abend vor dem Spiel gab es Rotwein oder auch drei, vier Bier. Ich fand’s irgendwie cool, und trotzdem habe ich mich am Ende nicht ganz so wohl gefühlt. Adrian Mutu, der große Star damals, hat mich als erstes gefragt: „Was machst du hier? Alle wollen raus aus dem Land, und du kommst hierher.“ Ein anderer ist aufgestanden, hat mit den Fingern ein Hitlerbärtchen imitiert und Witze gemacht. Die wussten eben nicht, dass das für uns ein Tabu ist.
Was war das für eine Mannschaft, in die Sie damals gekommen sind?
Eine sehr coole Mannschaft. Ein paar Spinner hast du überall, aber die meisten waren sehr nett zu mir. Und von der Qualität hätte es eigentlich auch für ein großes Turnier reichen müssen. Aber es gab zu viel Unruhe, auch von außen, und zu viele Nebenkriegsschauplätze.
Wie meinen Sie das?
Mit der Nationalmannschaft stehst du ganz anders im Fokus als mit deinem Klub. Und in Rumänien ist das noch mal extremer als bei uns. Wie die Journalisten mich da zerlegt haben und auch mein Privatleben durchleuchtet haben, das war nicht mehr normal. Einmal kamen meine Eltern zu Besuch zu uns ins Mannschaftshotel. Da sind acht Kamerateams auf der Straße hinter meiner Mutter hergelaufen, so dass sie beinahe gestolpert wäre. Dass sie nicht interviewt werden wollte, das hat die gar nicht interessiert. Aber nicht nur die Journalisten haben auf die Leute draufgehauen. George Becali, dem Besitzer von Steaua Bukarest, hat es überhaupt nicht gefallen, dass ich für die Nationalmannschaft gespielt habe. „Der hat hier nichts verloren“, hat er gesagt. Der wollte lieber seine eigenen Spieler in der Nationalmannschaft sehen.
Dreimal sind Sie für Rumänien zum Einsatz gekommen. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Spiele?
Eigentlich sehr gute. Am meisten ist mir natürlich das Spiel gegen Frankreich in Paris hängen geblieben. Da haben wir, als kompletter Außenseiter, 1:1 gespielt. Das war einfach nur Gänsehautfeeling, sehr, sehr geil. Aber es sind auch einige kuriose Sachen passiert.
Zum Beispiel?
Victor Piturca, unter dem ich debütiert habe, war schon ein bisschen eigenartig. Ich glaube, der hat mich nur eingeladen, weil die Presse Druck auf ihn ausgeübt hat. Der hatte gar keine Lust auf mich und wollte mich auch ein bisschen schikanieren. Vor meinem Debüt in Österreich wurde ich gefragt, welche Rückennummer ich haben wolle. Mir war das egal. Die Sieben war noch frei, also habe ich die Sieben genommen. Eigentlich hatten alle erwartet, dass ich in der Startelf stehe, aber Piturca hat mich genau sieben Minuten spielen lassen. Und ich glaube, dass er das mit Absicht gemacht hat. Nach dem Motto: Ach, du willst die Sieben. Dann kriegst du die Sieben.
Wieso ist es bei drei Einsätzen geblieben?
Zum einen, weil ich sehr viel Gegenwind bekommen und mich nicht so wohl gefühlt habe. Ich habe mich dadurch schwergetan, wirklich Fuß zu fassen, obwohl Piturcas Nachfolger Razvan Lucescu mir sehr viel Vertrauen entgegengebracht hat und ich mich mit ihm auch sehr gut verstanden habe. Aber das Ende war dann auch kurios.
Wieso?
Als wir Weihnachten in München in der Kirche waren, bekam ich einen Anruf von Lucescu. Wenn der Nationaltrainer anruft, gehst du ja normalerweise ans Telefon. Ich hätte rausgehen und mit ihm sprechen können. Aber ich habe das Telefon angeschaut und dachte: Nee, jetzt nicht. Ich bin nicht rangegangen und habe auch nicht zurückgerufen. Das war’s. Danach hatten wir keinen Kontakt mehr. Ich hatte einfach keine Lust mehr.
Verfolgen Sie den rumänischen Fußball noch?
Gelegentlich. Über Facebook bekomme ich ein bisschen mit.
An diesem Sonntag spielt die deutsche Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation in Bukarest. Wie sehen Sie das rumänische Team?
Immer noch kritisch. Die haben in den vergangenen Jahren nichts auf die Reihe bekommen, das muss man einfach so sagen. Bei uns in Deutschland gibt es 80 Millionen Bundestrainer, in Rumänien ist es noch viel schlimmer. Da sind es weniger die Fans, sondern ehemalige Profis, Leute, die irgendwas mit dem Fußball zu tun haben oder hatten und unbedingt mitreden wollen. Dadurch gibt es einfach keine Kontinuität. Die rumänischen Fußballer verfügen schon über eine gewisse Qualität, aber sie sind eben nicht Weltklasse. Und das verstehen die Rumänen nicht. Die Fans, die Verantwortlichen, egal wer: Sie alle sehen ihre Nationalmannschaft auf einer Stufe mit den ganz Großen, mit Frankreich, Deutschland, England, Italien. Aber das stimmt einfach nicht. Man muss sich ja auch fragen: Warum setzt sich eigentlich kein Rumäne in Deutschland in der Bundesliga richtig durch? An der fußballerischen Qualität liegt es nicht. Das ist eine Frage der Mentalität. Wenn du dich nicht anpassen kannst, kriegst du eben über kurz oder lang Probleme.