Friedhelm Funkel im Interview: "Favre ist großartig"
Der frühere Hertha-Trainer und jetzige Coach des VfL Bochum, Friedhelm Funkel, spricht über sein Verhältnis zu Gladbachs Trainer, die Chancen in der Relegation und den Abstieg mit Hertha BSC.
Herr Funkel, in der Relegation treffen Sie mit dem VfL Bochum auf Borussia Mönchengladbach und Lucien Favre. Wissen Sie eigentlich, dass Sie in dessen Trainerbiografie eine wichtige Rolle spielen?
Wer, ich?
Ja, Sie waren der erste Trainer, gegen den Favre in Deutschland gespielt hat.
Mit Eintracht Frankfurt? Wir haben verloren, oder?
Sie haben 1:0 gewonnen.
Stimmt, im Jahr danach haben wir verloren. Aber nein, das wusste ich nicht mehr.
Sie könnten jetzt auch am vorläufigen Ende von Favres Bundesligazeit stehen.
Das wäre dann wohl so, aber so denken wir Trainer nicht. Mir geht es darum, mit dem VfL Bochum einer guten Saison das I-Tüpfelchen aufzusetzen. Ob uns das gelingt, weiß ich nicht. Mönchengladbach hat eine starke Mannschaft mit einer überragenden Offensive. Wenn wir die in den Griff kriegen, haben wir eine Chance.
Sie haben Favre im Herbst 2009 als Trainer bei Hertha BSC abgelöst. Haben Sie mal persönlichen Kontakt gehabt?
Ja, natürlich. Unmittelbar nachdem ich in Berlin angefangen habe, haben wir telefoniert. Wir haben uns allgemein über die Situation ausgetauscht. Da gab es keinen Neid, keine Missgunst, das war ein sehr angenehmes Gespräch. Mir war auch klar, dass Favre irgendwann wieder in der Bundesliga auftaucht. Lucien ist ein großartiger Trainer. Das hat er jetzt wieder unter Beweis gestellt.
Macht Ihnen das Sorgen?
Es ist doch ganz normal, dass Lucien mit seiner Mannschaft als Bundesligist Favorit ist. Das ist so, weil Borussia Mönchengladbach in der stärkeren Liga gespielt hat. Wir gehen trotzdem guten Mutes in diese Spiele.
Wie zuversichtlich sind Sie?
Wir sind ganz sicher nicht chancenlos. Von den letzten 21 Spielen haben wir nur zwei verloren. Egal in welcher Liga man spielt - das ist eine außergewöhnlich gute Leistung.
Wie muss Ihre Mannschaft diese beiden Relegationsspiele angehen?
Sie muss das Selbstbewusstsein mitnehmen, das uns in den letzten Monaten ausgezeichnet hat. Und wir müssen versuchen, ein Auswärtstor zu erzielen.
Ist es ein Vorteil, dass Sie in Berlin eine Mannschaft übernommen haben, die Favre zusammengestellt hat? Dass Sie ihn und seine Idee vom Fußball vielleicht ein bisschen besser kennen?
Nein, das ist kein Vorteil. Die Gladbacher haben vom System her auch unter Michael Frontzeck schon so gespielt, wie sie jetzt spielen.
Sie sind fünfmal in die Bundesliga aufgestiegen. Welchen Platz aber nimmt in Ihrer Biografie der Abstieg mit Hertha BSC ein?
Es ist immer bitter, wenn man absteigt. Bei Hertha kommt hinzu, dass es aufgrund der guten Rückrunde einfach nicht notwendig war. Wir haben in allen 17 Begegnungen gut gespielt, wir waren in keinem Spiel unterlegen und hätten jedes im Grunde auch gewinnen können. Wir sind daran gescheitert, dass wir nicht genügend Tore gemacht haben, obwohl wir gute Chancen hatten. Deshalb ist das eine bittere Erfahrung gewesen.
Hat Sie der Abstieg in irgendeiner Form belastet?
Warum soll der mich belasten? Wir haben gut gearbeitet, wir haben alles versucht. Natürlich ist es ärgerlich, dass das nicht geklappt hat. Auf der anderen Seite haben wir eine völlig intakte Mannschaft hinterlassen. Die Leistungsträger, die geblieben sind, waren hauptverantwortlich dafür, dass Hertha sofort wieder aufgestiegen ist, ob das Ramos war, Raffael, Hubnik oder Lustenberger. Hertha hatte eine erstklassige Mannschaft, die zu Recht aufgestiegen ist.
Hertha hat den Betriebsunfall Abstieg mit aller Macht reparieren wollen. Geht es Ihnen ähnlich? Wenn Sie mit Bochum aufsteigen, hätten Sie es allen nochmal bewiesen.
Ich muss weder mir noch anderen Leuten etwas beweisen. Ich habe über tausend Spiele in der Ersten und Zweiten Liga absolviert, ich habe viele Erfolge vorzuweisen. Was andere Leute über mich denken, ob sie kritisch sind oder nicht, das ist mir so was von egal.