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Beschwingt in die entscheidende Saisonphase: Die Potsdamerinnen um Nia Grant (Nummer 7) und Kapitänin Anne Hölzig (links) haben eine starke Hauptrunde gespielt.
© Tom Block/imago

SC Potsdam: Auf dem Weg zur vollen Entfaltung

Die Potsdamer Volleyballerinnen wollen in ihrer zehnten Erstligasaison nun endlich einmal das Halbfinale der Play-offs erreichen.

Eugen Benzel log. Ohne mit der Wimper zu zucken. Als die Volleyballerinnen des SC Potsdam am vergangenen Samstag ihr letztes Bundesliga-Hauptrundenspiel dieser Saison beim Tabellenführer MTV Stuttgart bestritten und in den entscheidenden fünften Satz gingen, erkundigten sie sich vorab bei ihrem Teammanager, wie es bei den Partien der Konkurrenz stand. Würde bereits der eine Punkt reichen, um Platz vier zu sichern? Oder musste zwingend ein Sieg her? Musste nicht. Die anderen Teams spielten zugunsten der Potsdamerinnen. „Aber das brauchten unsere Mädels ja nicht zu wissen“, erzählt Benzel und grinst schelmisch. „Ich habe sie glauben lassen, dass wir den Erfolg benötigen.“ Er wollte sie herausfordern. Und die Mannschaft nahm die Aufgabe unter falschen Tatsachen glänzend an, indem sie 3:2 beim Hauptrundenmeister triumphierte.

Darauf hatte der Teammanager spekuliert. „Das war perfekt“, sagt Benzel. „Mit einem besseren Erlebnis, so einem Happy End, kannst du doch gar nicht in die Play-offs gehen.“ Diese starten für den SC Potsdam an diesem Samstag mit dem Heimspiel in der MBS-Arena gegen die fünftplatzierten Roten Raben Vilsbiburg (16.10 Uhr/Sport1).

In seiner zehnten Erstligasaison unternimmt der ambitionierte Brandenburger Verein nunmehr einen weiteren Anlauf, um erstmalig das Halbfinale der Play-offs zu erreichen. „Das ist der nächste Schritt, den wir eigentlich schon lange gehen wollten“, sagt Sportdirektor Toni Rieger. Sukzessive hatte sich der SCP weiterentwickelt, zunehmend professionalisiert. Nach drei Jahren im unteren Tabellenbereich zogen die Potsdamerinnen 2013 zum ersten Mal in die Play-offs ein. Dort sind sie seitdem Stammgast. Aber nur in der ersten Runde. Stets war bisher das Viertelfinale Endstation.

„Wir sind überzeugt, dass wir es jetzt endlich schaffen. Wir sind reif“, betont Kapitänin Anne Hölzig nach der zweitbesten Hauptrunde der Vereinsgeschichte. Vor zwei Jahren, als der SCP auch schon einmal Vierter geworden war, holte das Team im Schnitt 1,91 Punkte pro Partie. Diesmal waren es 1,77. Toni Rieger weiß, dass deutlich mehr Zähler möglich waren. „Unsere Mannschaft hat großes Potenzial. Sie konnte es aber nicht immer abrufen.“ Auch habe sie sich oftmals für Kämpferqualitäten nicht belohnt. Der „Killerinstinkt“ fehlte mehrfach, sagt die US-amerikanische Mittelblockerin Nia Grant. Inklusive nationalem Pokal, bei dem der SCP wie 2016 im Halbfinale ausschied, mussten die Potsdamerinnen diese Saison achtmal einen Tie-Break absolvieren. So oft wie keine andere Mannschaft. Aber nur zwei 3:2-Siege sprangen am Ende heraus.

Marta Drpa – die Ausnahmespielerin des SCP

Einer davon zuletzt in Stuttgart. Bei diesem erstmaligen Potsdamer Auswärtssieg gegen das schwäbische Top-Team zeigte der SCP genau die Leistung, wie sie Rieger vorschwebt. „Wir müssen variabel punkten“, fordert er. In Stuttgart erzielten gleich vier Spielerinnen zweistellige Punktwerte. An der Spitze mit 30 Zählern stand jedoch wieder Marta Drpa – die Ausnahmespielerin des SCP. Und eine der gesamten Liga.

Seit 2016 spielt die Serbin in Potsdam, wurde zunächst drittbeste, dann zweitbeste und nun beste Scorerin der Hauptrunde. 433 Punkte hat sie in dieser Saison dank ihrer beachtlichen Mixtur aus Aufschlagswucht, gefühlvoller Angriffsraffinesse und Blockstärke erzielt. Das ist über ein Drittel mehr als die Zweitplatzierte der Rangliste, Schwerins Kimberly Drewniok. „Marta ist wichtig für uns, brutal wichtig. Sie ist eine, die die schwierigen Bälle nimmt und Verantwortung zeigt“, sagt Rieger. „Aber der Punkt ist: Wir sollten uns nicht immer alle zu sehr auf Marta verlassen.“ Hinter der fast 30 Jahre alten Diagonalangreiferin verstecke sich das Team zu oft. „Doch erst, wenn die anderen ihr die notwendige Entlastung geben, kann sie sich richtig entfalten.“

Umbruch mit Temperament

Wie in Stuttgart. Beim dortigen Sieg blühte auch Guillermo Hernandez voller Glückseligkeit auf. Der Spanier war von 2013 bis 2017 Trainer des MTV, gewann zweimal den Pokal und wurde zweimal Vizemeister, ehe die Wege nicht unbedingt im Guten auseinander gingen. Seit vorigem Dezember ist er nun als Cheftrainer für den SCP tätig, nachdem der Verein die Zusammenarbeit mit Davide Carli beendet hatte. Das verlief verwirrend. Erst wurde dementiert, dann doch bestätigt, um abschließend nur nebulös zu sagen, die Trennung sei aus persönlichen Gründen erfolgt. Beide Seiten dankten einander für zweieinhalb gemeinsame Jahre, zeigten sich darüber hinaus aber schmallippig. Das Thema sei abgehakt, betont Rieger, während Teammanager Benzel mit Blick auf die Mannschaft sagt: „Das war alles nicht einfach für die Mädels.“

Letztlich haben sie den Umbruch mit dem temperamentvollen Hernandez gemeistert. Allerdings ist in dieser Saison bislang eines nicht gelungen: Erfolgreich gegen Play-off-Gegner Rote Raben Vilsbiburg zu sein. Auswärts kassierte der SC Potsdam eine 0:3-Niederlage, daheim hatte das Team mit 2:3 das Nachsehen. „Das wird sich jetzt ändern“, tönt Benzel vor den maximal drei Partien der Viertelfinalserie. Nur wenn dabei zwei Siege geholt werden, hätte Potsdams Jubiläumssaison ein richtiges Happy End.

Tobias Gutsche

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