Internationaler Frauentag: Berlins Teams sind auf dem Sprung
Berlin ist bei den Frauen im Teamsport oft nur zweitklassig – ein Rundgang durch die Sportarten von Fußball bis Volleyball.
- Johannes Nedo
- Sebastian Schlichting
- Claus Vetter
Fußball, Eishockey, Basketball, Handball, Volleyball – das sind die professionell betriebenen Teamsportarten, bei denen die Berliner am liebsten zuschauen. Woche für Woche ziehen sie zusammen bis zu 100 000 Besucher in die Arenen – bei den Männern. Bei den Frauen sieht es anders aus. Als Team stehen sie nicht so im Fokus wie Einzelsportlerinnen. In vier der fünf populärsten Teamsportarten ist Berlin bei den Frauen nur zweitklassig. Eine Rundschau zum Internationalen Frauentag.
FUSSBALL
Berlin dominiert die Liga. Viktoria 89 führt vor dem 1. FC Union, fünf von zwölf Mannschaften kommen aus Berlin. Allerdings handelt es sich nur um die Regionalliga Nordost, dritthöchste Spielklasse. Weiter oben ist Berlin nicht vertreten, in der Bundesliga schon seit fast zehn Jahren nicht mehr. Der 1. FC Lübars hatte 2015 den Aufstieg sportlich geschafft, verzichtete aber. Auch, weil Hertha BSC schon vorher angekündigt hatte, die Kooperation mit dem Verein auslaufen zu lassen. Heute gibt es in Lübars kein Frauenteam mehr. „Oberhalb der Regionalliga wird es schwierig, weil wir so viele Standorte haben“, sagt Nadine Fröhnel, sie ist im Präsidium des Berliner Fußballverbandes für den Frauen- und Mädchenbereich zuständig. Es existiert nicht der eine Spitzenklub, bei dem alle Talente spielen oder auf den sich Sponsoren konzentrieren. Wobei es letztere ohnehin kaum gibt. Talente dagegen schon. So wie die 21 Jahre alten Zwillinge Katja und Dina Orschmann. Sie sind Nachwuchs-Nationalspielerinnen, waren früher erst bei Stern 1900, dann bei Union. Aktuell spielen beide in der Zweiten Liga bei Turbine Potsdam II. Zumindest in dieser Liga könnte kommende Saison auch Berlin wieder zu finden sein. Große Bundesliga-Träume verbieten sich aber. „Erst einmal müsste sich ein Verein in der Zweiten Liga dauerhaft etablieren“, sagt Nadine Fröhnel. ses
EISHOCKEY
Im Eishockey funktionieren alte Bilder noch mehr als in vielen anderen Sportarten. Es gilt als harter Sport, der Weltverband hat es aber noch nicht geschafft, die Frauen gleichberechtigt zu behandeln. Die Spielerinnen müssen anders als die Männer Vollvisier tragen, die Regeln sind modifiziert, was das Checken betrifft. Alles kein Grund dafür, dass die Frauen der Eisbären nicht mehr Aufmerksamkeit erfahren. Vor eineinhalb Jahren trat die Frauenabteilung des OSC Berlin zum größtem Eishockeyklub Berlins über. Wurde der OSC früher einige Male Meister, so dümpeln die Eisbären-Frauen im Mittelfeld der Liga herum. Offiziell gehören sie zur Nachwuchsabteilung, in der Mädchen bis zum Alter von 13 Jahren bei den Jungs spielen. Die Eisbärinnen sind Berlins einziger Frauen-Erstligist in den großen Mannschaftssportarten, aber bei den Spielen im Sportforum sind die Ränge leer. Sven Felski, Präsident der Eisbären Juniors, ist „ratlos“, wie er sagt: „Wir werben viel und hätten mehr Zuschauer verdient. Die Mannschaft ist jung und hat Potenzial.“ cv
BASKETBALL
Wer auf der Internetseite des Basketball-Platzhirschen Alba das Frauenteam sucht, wird nicht direkt fündig. Sie wird in der Rubrik „Jugend“ geführt. Tatsächlich befindet sich die Frauen-Abteilung bei Alba noch im Aufbau. In dieser Saison spielt der Verein erstmals in der Nordhälfte der zweigeteilten Zweiten Bundesliga. Und ein weiterer Aufstieg ist auch vorerst nicht in Sicht. Im Gegenteil: Als Tabellenvorletzte kämpfen die Berlinerinnen gegen den Abstieg. Der drohende Abstieg wäre zwar ein Rückschlag, aber kein Grund, die Richtung zu ändern: „Mädchen- und Frauen-Basketball sollen in Zukunft bei Alba eine noch größere Rolle spielen“, heißt es von Klubseite in einem Statement. „Gleichzeitig sind wir aber überzeugt, dass wir das organisch wachsen lassen und die nötigen Strukturen nachhaltig aufbauen wollen.“ Einige Talente in Albas großer Mädchenabteilung dürfen also auf eine Zukunft über den Jugendbereich hinaus hoffen. cat
HANDBALL
Im März vor drei Jahren hatte sich das Schicksal gegen die Frauen der Füchse gewendet: Obwohl es sportlich gut lief für die Mannschaft, beschloss der Verein den Rückzug aus der Bundesliga. Man könne das finanzielle Risiko nicht tragen, erklärte Geschäftsführer Bob Hanning damals: Sponsoren waren weggebrochen, dazu musste das Team Abgänge und das Karriereende von gleich sieben Spielerinnen verkraften. Und: So richtig populär waren die Auftritte in der Stadt nicht. Kaum 500 Zuschauer kamen im Durchschnitt in die Halle. Der Neustart in der Dritten Liga schien aber gut zu tun: Man setzte nun voll auf die Jugend. „Das war genau das richtige Rezept“, sagt Managerin Britta Lorenz heute. Der Altersdurchschnitt liegt bei 22 Jahren und das Team hat sich wieder in die zweite Bundesliga gespielt, wo es derzeit nach ordentlichem Saisonverlauf im Mittelfeld liegt. „Es sind einige Schätze im Team und die müssen sich bewähren“, sagt Lorenz, in brenzligen Situationen kommt es auch auf Erfahrung an. Aber wenn sich alles so gut entwickelt wie bisher, würden die Spreefüxxe auch gerne wieder Bundesliga spielen. In Sachen Sponsoren versucht man, die Finanzierung auf mehrere Schultern zu verteilen. „Das gelingt uns ganz gut“, sagt Lorenz, aber auch: „Daran müssen wir weiter fleißig arbeiten.“ aley
VOLLEYBALL
Nachdem sich der Köpenicker SC vor zwei Jahren aus finanziellen Gründen aus der Bundesliga zurückgezogen hat, gibt es in Berlin zwei Klubs in der Zweiten Liga: Rotation Prenzlauer Berg und den Berlin-Brandenburger SC aus Köpenick. Auf den Aufstieg haben beide Vereine in dieser Saison keine Chance, langfristig haben sie jedoch die Bundesliga im Blick. „In vier oder fünf Jahren wäre das möglich. Das ist aber ein großer Sprung“, sagt Annette Klatt, stellvertretende Vorsitzende des BBSC. Und Jelmen Guhlke, Manager des RPB-Zweitliga-Teams, betont: „Wir wollen in zwei bis vier Jahren in die Erste Liga. In Berlin ist man in der Zweiten Liga nur im Schatten.“ Auch mit dem Ansatz, wie sie weiter nach oben kommen wollen, ähneln sich beide Vereine – mit eigenen Talenten. „Wir bauen gerade eine nachhaltige Struktur dafür auf“, sagt Klatt. Das sei für den BBSC derzeit die größte Herausforderung. „Das Schwierigste ist, die Kinder länger für Sport und Volleyball zu begeistern. Aber wir erzielen mit unseren Ehrenamtlichen und der Jugendwartin Romy Haake sehr gute Fortschritte.“ Bei RPB liegt der Fokus auch klar auf der Jugendarbeit. „Wir gehen dafür ganz gezielt auch in die Schulen“, sagt Guhlke. „Die Finanzen sind die größten Hürden.“ Während man in der Zweiten Liga mit einem Etat von weniger als 100 000 Euro mitspielen kann, wird in der Bundesliga ein mittlerer sechsstelliger Betrag fällig. Deshalb haben die BR Volleys noch kein Frauen-Team aufgebaut. „Dafür zusätzlich finanzielle Mittel zu akquirieren, ist für uns zu schwierig“, sagt Manager Kaweh Niroomand. jne
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