Potsdamer Stadtverordnetenversammlung: Zwei verkaufsoffene Sonntage - ohne Stern-Center
Klinikum, Platz der Einheit, Nahverkehr: Sieben Stunden lang tagten am Mittwoch Potsdams Stadtverordnete. Die wichtigsten Debatten und Entschlüsse aus der Versammlung können Sie hier nachlesen.
Potsdam - Von 15 Uhr bis 22 Uhr tagten am Mittwoch die Potsdamer Stadtverordneten. Der mit Vertretern aller Fraktionen besetzte Ältestenrat hat das Programm für die Sitzung der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker ein wenig entzerrt, viele neue Anträge sind direkt in die Fachausschüsse überwiesen worden. Gleichwohl sollten von den ursprünglich mehr als 100 Tagesordnungspunkten noch rund 70 behandelt werden. Wie bereits absehbar wurden die Stadtverordneten nicht fertig mit dem Programm, das sie sich auferlegt haben - knapp 15 Anträge sollten noch eingebracht werden. Diese werden nun nach einem neuen System allesamt in Fachausschüsse überwiesen - das soll Nachholsitzungen wie in vergangenen Zeiten vermeiden.
Sitzungsort war - in Corona-Zeiten - ein großer Hörsaal auf dem Uni-Gelände am Campus Griebnitzsee. Hoch her ging es bei der Debatte um die möglichen Notfallhilfen der Stadt für das Bergmann-Klinikum - und beim Antrag der CDU, den Platz der Einheit in Platz der Deutschen Einheit umzubenennen. Gegenvorschläge gibt es auch: Die Fraktion Die Andere plädiert für Platz der Spaltung, die Satire-Partei "Die Partei" für Platz der Zweiheit. Die PNN berichteten kontinuierlich über die Sitzung. Lesen Sie hier noch einmal alle wichtigen Beschlüsse und Debatten nach.
Debatte um längere Fußgängerzone
Nun geht es um einen Antrag der Grünen in Richtung autofreie Innenstadt: So soll noch im November in der östlichen Brandenburger Straße, also zwischen der St.-Peter-und-Paul-Kirche und der Friedrich-Ebert-Straße, eine dauerhafte Fußgängerzone eingerichtet werden. Das fordern die Grünen und auch die Linken. Dies sei bereits im Innenstadtverkehrskonzept als Maßnahme enthalten - und solle nun vorgezogen werden, argumentieren die Antragsteller. Sie verweisen dabei auch auf die Corona-Abstandsregeln, die auf den schmalen Gehwegen dieses Teilstücks der Brandenburger Straße nicht eingehalten werden könnten. Ein Anwohner hält noch in der Sitzung dagegen: Seine Frau sei als Lehrerin auf das Auto angewiesen, es müssten andere Lösungen gefunden werden. Für sie komme die Verlängerung der Fußgängerzone schlicht zu schnell, so sein Argument. Fabian Twerdy von den Grünen sagt dagegen, mit dem Auto könne man keine Mobilität für alle Menschen erreichen. Das Leben sei auch ohne Auto machbar. Ziel sei eine autofreie Innenstadt. Der Antrag wird schließlich in den Bau- und Verkehrsausschuss überwiesen.
Platz der Einheit bleibt Platz der Einheit
Der Platz der Einheit kann der Platz der Einheit bleiben. Die Stadtverordneten haben einen Antrag der CDU mit deutlicher Mehrheit abgelehnt, das Areal zum Platz der Deutschen Einheit umzubenennen. Das sei ein Thema, über das man keine Witze machen dürfe, sagte Wieland Niekisch (CDU) bei der Vorstellung des Antrags. So sei der Platznamen eben auf die gewaltsame Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED bezogen.
Tendenziell satirisch gemeinte Gegenvorschläge gab es trotz Niekischs Worten auch: Die Fraktion Die Andere plädiert für Platz der Spaltung, die Satire-Partei "Die Partei" für Platz der Zweiheit - jeweils mit Verweis auf bestehende Ungleichheiten zwischen Ost und West, selbst 30 Jahre nach der Wiedervereinigung. Das hatte die CDU auch als Anlass für ihren Antrag genommen.
Luisa Preschel von Die Partei sagte, sie habe geglaubt, der Antrag der CDU sei ein Witz. Zugleich kritisierte sie das aktuelle Einheitsfest, bei dem man in der Innenstadt "vollgedeutscht" werde. Carsten Linke (Die Andere) sagte, der Platz vom "Aussehen einer aufgeplatzten Kartoffel" könne auch die Gefälle in der Stadt zeigen, die sozialen Unterschiede zwischen dem Potsdamer Süden und Norden. Daher sei Platz der Spaltung der richtige Name. Doch auch diese Vorschläge erhielten alle keine Mehrheit. Sarah Zalfen (SPD) sagte, diese ganze Debatte sei wenig hilfreich und auch schon geführt. Zudem sagte sie, ein Platzname könne sich auch von seiner Geschichte lösen - das sei hier der Fall. Saskia Hüneke (Grüne) sagte, der Name Platz der Einheit beflügele eben die Phantasie - er solle beibehalten werden.
Bemerkenswert: Ein ähnlicher Vorstoß für einen Platz der Deutschen Einheit, wiederum der CDU, war schon 2009 gescheitert. Die Argumente der Gegner schon damals: Man wolle die Vieldeutigkeit des Platznamens erhalten. Dann hatte die AfD bereits im November 2018 erneut die Umbenennung beantragt - um ein Zeichen gegen die frühere sozialistische Diktatur in der DDR zu setzen, wie es damals von den Rechtspopulisten hieß. Selbst einige CDU-Männer stimmten damals gegen die Umbenennung, die nun wieder aus der Union gefordert wurde. Helmar Wobeto von der AfD sagte, man wolle den Antrag der CDU gern unterstützen. Lautstark wurde es, als Sebastian Olbrich (AfD) an den von der SED ausgegebenen Schießbefehl in der DDR erinnerte und in Richtung der Linken von "ihren Freunden" sprach und dabei die Kommunisten meinte. Stadtpräsident Pete Heuer appellierte an den AfD-Mann sich zu mäßigen.
Gespräche zwischen Schubert und der Deutschen Wohnen
Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) soll mit der börsennotierten Deutschen Wohnen Gespräche aufnehmen mit dem Ziel, dass die Gesellschaft in Krampnitz „einen deutlichen Beitrag zur Schaffung preiswerter Wohnungen leistet“. Diesen Antrag von SPD und Linken hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Wie berichtet plant die Deutsche Wohnen AG zunächst die Sanierung und Vermarktung der Altbauten in Krampnitz. Die Verwaltung hatte zuletzt im Juni erläutert, dort seien Sozialwohnungen ökonomisch nicht tragfähig. In ihrer Begründung argumentieren SPD und Linke aber, ursprünglich seien der Deutschen Wohnen Mieten in Höhe von 8,50 Euro pro Quadratmeter in Aussicht gestellt worden. Daran solle Schubert anknüpfen. „Das kann nicht erzwungen werden“, sagte Hans-Jürgen Scharffenberg (Linke), das wisse er, aber die Gespräche sollten geführt werden. Das sei ein klares politisches Signal. Das Unternehmen entwickelt demnach 1800 Wohnungen in Krampnitz.
Carsten Linke (Die Andere) sagte, die Linke habe sich die Verhandlungsposition selbst verbaut, indem sie dem Grundsatzbeschluss zugestimmt habe, der in seiner Beschlussfassung nicht die von seiner Fraktion geforderten Anzahl der Sozialwohnungen festgesetzt hat. Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) sagte auf Nachfrage von Lars Eichert (CDU), zwar führe die Stadt bereits Gespräche mit der Deutschen Wohnen, aber nicht mit dem Hauptfokus auf die Preise.
AfD-Antrag vertagt
Nun soll es um einen AfD-Antrag für mehr Sicherheit am Schlaatz gehen. Allerdings hat die Fraktion ihren ursprünglichen Antrag als neue Fassung extrem verändert. Daher beantragen die Linken, der Antrag erst gar nicht behandelt wird. Inhalt und Überschrift hätten nur noch wenig miteinander zu tun, so Sigrid Müller (Linke). Die Beratung des Antrags wird vertagt.
Längere Kitaanspruch während der Elternzeit?
Die Verwaltung soll prüfen, ob bei einer weiteren Elternzeit der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung für Geschwisterkinder von sechs auf acht Stunden erhöht werden kann. Das haben die Stadtverordneten beschlossen, auf Antrag der Linken. Ferner sollen dafür die Kosten geprüft werden. Die jetzige Praxis mit nur sechs Stunden Betreuungszeit sei "weder im Interesse des Babys, das in einen starren Rhythmus gepresst wird, noch im Interesse älterer Geschwister, denen Bildungsangebote verwehrt werden“, sagte Tina Lange (Linke) bei der Einbringung des dann gleich beschlossenen Antrags. Lange war selbst mit Baby in der Stadtverordnetenversammlung, die dreifache Mutter kennt die Situation also auch aus eigener Erfahrung.
Keine Haushaltssperre in Potsdam
Die AfD ist mit einem Antrag auf eine Haushaltssperre gescheitert. Diese hatte sie wegen der wegbrechenden Steuereinnahmen gefordert. „Manana manana und Hoffen sind keine Haushaltsprinzipien“, argumentierte Helmar Wobeto (AfD). Jens Dörschel (Grüne) warnte vor einer zyklischen Politik, das sei kontraproduktiv. Auch Kämmerer Burkhard Exner (SPD) sagte, man wolle eine Haushaltssperre dringend vermeiden. Dem folgte eine klare Mehrheit der Stadtverordneten.
Treffpunkt wird gefördert
Die Förderung des Treffpunkt Freizeit aus dem Bundesförderprogramm Mehrgenerationenhaus soll fortgesetzt werden. Diesem Vorschlag des Rathauses sind die Stadtverordneten gefolgt. Bereits seit 2006 wird die Einrichtung am Neuen Garten zum Teil aus dem Programm des Bundesfamilienministeriums finanziert, ein weiterer Teil der Mittel kommt von der Landeshauptstadt. Die Förderung soll laut dem Beschluss bis 2028 fortgesetzt werden.
Stadtpolitik will Klinikum aus dem Haushalt stützen
Das finanziell angeschlagene kommunale Klinikum "Ernst von Bergmann" soll mit Geld aus dem städtischen Haushalt stabilisiert werden. Das haben die Stadtverordneten beschlossen. Anlass war ein Dringlichkeitsantrags der rot-grün-roten Rathauskooperation und der Fraktion Die Andere. Die Entscheidung kam mit großer Mehrheit zustande, es gab nur wenige Nein-Stimmen.
Unter anderem heißt es in dem Beschluss, sollte sich durch die beschlossene Rückkehr der Klinikgruppe zum Tarif des öffentlichen Diensts (TVöD) ein negatives Jahresergebnis abzeichnen, "werden aus dem städtischen Haushalt Mittel aufgebracht, die dieses, soweit rechtlich zulässig und wirtschaftlich erforderlich, abwenden". Dabei soll ein Wirtschaftsprüfer die jährlich notwendige Zuschusshöhe feststellen. Kämmerer Burkhard Exner (SPD) sagte, es gehe dabei nicht um dauerhafte Beihilfen. Die Höhe der Zuschüsse ließ er auf FDP-Nachfrage offen.
Die Debatte verlief munter. Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg sagte, der Beschluss sei kein Freibrief für das Klinikum. Sein SPD-Kollege Daniel Keller ergänzte einmal mehr, eigentlich müsse das System der Krankenhausfinanzierung in Deutschland reformiert werden - damit Kommunen nicht solche Zwischenfinanzierungen beschließen müssten. Allerdings hätten Bund und Land zuletzt deutlich mehr Mittel zugesagt, so Keller. Auch Grünen-Mann Gerd Zöller sprach von einer "Brückenfinanzierung". Man wolle das Klinikum nicht im Regen stehen lassen.
Kritik kam von der Opposition: Die FDP kritisierte, hier werde ein ungedeckter Blankoscheck ausgestellt, wie deren Fraktionsvorsitzender Björn Teuteberg sagte. Die Höhe der städtischen Zuschüsse sei völlig unklar. Zugleich fragte er, warum zum Beispiel nun Reinigungskräfte im Klinikum nach TVöD bezahlt werden müssten - was ihm viel Kritik aus der Rathauskooperation einbrachte. Anna Lüdcke von der CDU sagte, der Antrag zeige das handwerkliche Ungeschick der Kooperation bei ihrem "übereilten Beschluss" zum TVöD aus dem Mai. Nun seien hunderte Arbeitsplätze gefährdet. Der AfD-Kommunalpolitiker Chaled-Uwe Said wiederum ätzte, selbst die CDU habe im Mai fast vollständig zugestimmt. Lars Eichert (CDU) gab zurück, damals habe Kämmerer Exner den Eindruck erweckt, dass Klinikum schaffe das schon.
Wollenberg von den Linken sagte dagegen, man habe sich bei dem Beschluss auch an dem Bürgerbegehren orientiert, für das sich tausende Potsdamer stark gemacht hatten. Das sei der neue, eben linkere Wind der Rathauskooperation, fügte Keller hinzu. Carsten Linke von Die Andere schlug vor, dass Klinikum könne seine Villa "Bergmann" am Tiefen See für mehr Geld verkaufen. Mit dem TVöD werde auch die Kaufkraft in Potsdam gestärkt. Wieland Niekisch (CDU) warnte, mit so einer Politik könne am Ende sogar der Verkauf des Klinikums stehen. FDP-Mann Teuteberg sagte, das Klinikum drohe dauerhaft vom städtischen Haushalt abhängig zu werden - er hatte selbst lange Jahre in dem Konzern gearbeitet. Auch der Verkauf einer Villa bringe nur einmalig Geld, zudem würden dann Mieteinnahmen fehlen. Für Heiterkeit bei der SPD sorgte in der Abstimmung, dass trotz der Kritik dennoch alle CDU-Abgeordnete für den Kernsatz des Antrags stimmten.
Wie berichtet hatte sich die TVöD-Rückkehr zuletzt gerade für die Tochterunternehmen des Klinikums schwierig gestaltet - die Unternehmenschefs hatten vor erheblichen finanziellen Risiken gewarnt, zum Beispiel für die Bergmann-Service GmbH, die nicht-medizinische Dienstleistungen wie Reinigungstätigkeiten auch auf dem freien Markt anbietet und mit dem TVöD unwirtschaftlich arbeiten würde. Daher hatte die Klinikleitung auch mit möglichem Stellenabbau gedroht. Wie berichtet hat das Klinikum nicht nur mit der Tarifrückkehr zu kämpfen, sondern auch mit den finanziellen Folgen der Coronakrise. Auch das könnte allein in diesem Jahr eine zweistelliges Millionen-Minus bedeuten, hatte die Geschäftsführung des Hauses schon mehrfach gewarnt. Noch am Abend begrüße das Klinikum den Beschluss ausdrücklich: "Damit ist nun die Möglichkeit geschaffen, die Entscheidung der StVV zur Einführung des TVöD in der Klinikgruppe Ernst von Bergmann auch dauerhaft wirtschaftlich abgesichert umsetzen zu können."
Tempo 30 in Paaren?
Das Rathaus soll prüfen, ob in dem Ortsteil Paaren für die Landesstraße 204 eine Tempo-30-Zone möglich ist. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der rot-grün-roten Rathauskooperation ohne weitere Diskussion beschlossen. Vor allem der Schwerlastverkehr habe in Paaren zugenommen, hieß es in der Beschlussbegründung.
Mehr Transparenz für Potsdam
Die Stadt Potsdam soll im Internet mehr transparente Daten anbieten. Einen Verfahrensvorschlag dafür soll die Stadtverwaltung bis Frühsommer 2021 vorlegen. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der Grünen und der Linken beschlossen. Ziel sei eine Veröffentlichung möglichst aller Verwaltungsdaten, sofern dem nicht ein höheres Schutzinteresse entgegensteht. Im Open-Data-Portal der Stadt sind aktuell viele Angaben veraltet. Marie Schäffer von den Grünen sagte, unter anderem gehe es um transparente Umweltinformationen für Bürger.
Prüfung temporärer Spielstraßen
Längst haben sich die Grünen der Forderung des Potsdamer Ablegers des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) angeschlossen, an bestimmten Tagen temporäre Spielstraßen in der Landeshauptstadt einzurichten. Die Begründung: Unter Einhaltung der Corona-Abstandsregeln reiche der Platz auf Spielplätzen nur für einen Bruchteil der Kinder, die dort gerne spielen würden. Die Einrichtung temporärer Spielstraßen sei eine Entlastung für Familien, die in diesem Jahr gezwungenermaßen mehr Zeit zu Hause verbringen müssten, so die Grünen. Das Vorhaben könnte klappen. Denn in der Stadtverordnetenversammlung wurde jetzt dem Vorhaben in Form eines Prüfauftrags zugestimmt.
So soll die Stadtverwaltung nun analysieren, ob es an einem Tag der Woche für eine bestimmte Zeit temporäre Spielstraßen einzurichten. Das könnte zum Beispiel die Fulton- und die Pasteurstraße in Babelsberg, die Eisenhartstraße in der Innenstadt und die Feuerbachstraße in Potsdam-West betreffen. Ferner schlug die Fraktion Die Andere die Straßen Sperberhorst, Milanhorst und Schilfhof im Schlaatz vor. Bis Ende des Jahres wird nun geprüft. Gegen den Antrag sprach sich unter anderem die CDU aus. Wieland Niekisch sagte, es nütze den Kindern nichts, wenn die Autofahrer dann im Stau stünden. Bislang gibt es noch keine temporären Spielstraßen in Potsdam. Das Konzept ist relativ neu und stammt aus Berlin: Dort wurden aufgrund des Lockdowns ab Anfang Mai Straßen in mehreren Bezirken am Sonntagnachmittag für den Autoverkehr gesperrt.
Sicherheitsprüfung in Bornim
Mehr Sicherheit in Bornim: Die Stadtverwaltung soll prüfen, ob und wie die unübersichtliche Lageim Kreuzungsbereich Hügelweg/Hermann-Struve-Straße und Hügelweg/Gutsstraße aufgelöst werden kann. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der rot-grün-roten Rathauskooperation beschlossen. Auch die Möglichkeiten des Aufstellens eines Verkehrsspiegels oder einer einmaligen Vorfahrtsregelung wie im Kreuzungsbereich Pannenberg-/ Florastraße sollen demnach in die Prüfung mit einbezogen werden.
FDP-Niederlage II: Gutenberg-Poller bleiben
Und noch eine Niederlage für die kleine FDP-Fraktion: Ihr Antrag, die Diagonalsperre für Autoverkehr in der Gutenbergstraße wieder abzubauen, hat am Mittwoch keine Mehrheit gefunden und scheiterte gerade an der rot-grün-roten Rathauskooperation und der Fraktion Die Andere. Die Liberalen hatten sich von dem Abbau weniger Stau auf dem Innenstadtring erhofft. Die Stadtverwaltung hatte den einstigen Schleichweg erst im Frühjahr geschlossen. Dagegen sagte Wieland Niekisch (CDU), dieser Feldversuch sei gescheitert. Grünen-Fraktionschef Gerd Zöller sagte, die Poller seien ein Ergebnis jahrelanger Planungen mitsamt Bürgerbeteiligung.
FDP scheitert mit Biosphären-Vorstoß
Die Potsdamer FDP ist mit ihrem Vorstoß für ein Kiezbad in der Biosphäre gescheitert. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte am Mittwoch mit großer Mehrheit gegen die Idee. Bekanntlich hatten die Stadtverordneten nach einem Workshop schon mehrheitlich entschieden, die defizitäre Tropenhalle zu modernisieren und zu einem Freizeit- und Wissenschafts-Center mit Schwerpunkt Klimawandel umzubauen, samt Wellnesszentrum und Tagungshotel. Das Projekt würde rund 17 Millionen Euro kosten. Dazu wird gerade eine Machbarkeitsstudie erstellt, die Stadt hofft auf Fertigstellung noch in diesem Jahr.
Die FDP-Fraktion zweifelt an den Plänen, sie hatte mit dem Antrag einen neuen Anlauf wagen wollen. So müssten laut den bisherigen Überlegungen die Besucherzahlen der Biosphäre im Bornstedter Feld deutlich gesteigert werden - bei gleichzeitig steigenden Eintrittspreisen und immer noch städtischen Zuschüssen in mindestens sechsstelliger Höhe. Gleichzeitig werde im Norden der Stadt immer noch ein Schwimmbad benötigt. Dies könnte in Krampnitz entstehen, die Kosten dafür liegen im zweistelligen Millionenbereich. So hatte die FDP erneut die Badvariante ins Spiel gebracht - die sich nun als chancenlos erwies.
Ordnungsamt nimmt keine Fotobeweise entgegen
Jan Kuppert von der Potsdamer Ortsgruppe des ökologischen Verkehrsclubs VCD will wissen, warum das Ordnungsamt keine Fotobeweise annimmt, wenn es um die Ahndung von Falschparkern auf Radwegen geht. Ordnungsdezernentin Brigitte Meier (SPD) sagte, das sei eben nicht möglich - das Ordnungsamt müsse das vor Ort selbst klären, "per Augenscheinnahme". Zugleich stellte sie eine mögliche personelle Aufstockung des Amts in Aussicht. Kuppert widersprach: Andere Städten würden solche Fotobeweise von Bürgern durchaus zulassen.
Einwohnerfragestunde - zu wildem Parken
Über wildes Parken von Eltern vor der Karl-Förster-Schule in Bornstedt beschwert sich eine Bürgerin, Katrin Jackel-Neusser, in der Einwohnerfragestunde. Das führe gerade für jüngere Schüler immer wieder zu gefährlichen Situationen, sagte sie. Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) sagt zu, dass man das noch einmal prüfen werde - die Schulwegesicherheit sei schließlich wichtig, dazu habe man auch ein Konzept. Die Potsdamerin wirkt danach allerdings nicht so recht überzeugt, ob sich nun etwas ändert.
Eine weitere Bürgerfrage betrifft den kommunalen Klimaschutz - hier stellte Rubelt die aus seiner Sicht vielfältigen Bemühungen der Stadt wortreich dar. Doch das sei aus seiner Sicht nicht genug, meint der Fragesteller.
Gesundheitskompass beschlossen
Eine Auswertung zur gesundheitlichen Situation der Potsdamer soll die Stadtverwaltung anfertigen. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der CDU beschlossen. Ziel sei ein datenbasierter Gesamtüberblick zum aktuellen Gesundheits- und Krankheitsstatus der Potsdamer.
Wasserwege zur Verkehrsentlastung
Die Stadtverwaltung muss untersuchen, ob die Nutzung ausgewählter Wasserwege zur Entlastung anderer Verkehrsarten möglich ist. Denn ein entsprechender Antrag der CDU ist am Mittwoch im Stadtparlament angenommen worden. Unter anderem hat die CDU den Einsatz von Schnellfähren von Krampnitz zum Hauptbahnhof vorgeschlagen - was zuletzt auch Linke-Urgestein Hans-Jürgen Scharfenberg als Variante ins Spiel brachte. Auch er sprach sich daher für den CDU-Vorschlag aus. Im Plenum war das mehrheitsfähig.
Bessere Beschattung von Spielplätzen
Mehr Hitzeschutz im Sommer: Die Stadtverwaltung soll bis Ende 2021 auf allen bisher 31 unbeschatteten kommunalen Spielplätzen für einen kurzfristigen Teilsonnenschutz mittels Sonnensegel sowie einen langfristigen Sonnenschutz durch geeignete Bepflanzung sorgen. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der Linken beschlossen.
Ferner soll nun geprüft werden, inwieweit auf allen 145 vorhandenen kommunalen Spielplätzen mindestens eine Beschattung von 50 Prozent erreicht werden kann. Von 145 städtischen Spielplätzen sind laut Stadtverwaltung bisher nur 51 – und damit 35 Prozent – zu einem Großteil beschattet. Gut jeder fünfte Spielplatz hat nach Angaben der Linken gar keinen Schatten – hier sei akuter Handlungsbedarf gefragt, hatte der Linken-Stadtverordneten Sascha Krämer schon mehrfach gefordert.
Grundsatzbeschluss für Krampnitz
Einen erneuten Grundsatzbeschluss für das geplante Viertel Krampnitz haben die Stadtverordneten am Mittwoch gefasst. Damit bekennen sie sich einmal mehr zum Ziel von 10 000 Anwohnern. Gestellt hatte den Antrag die Fraktion Die Andere, mit den Stimmen der rot-grün-roten Rathauskooperation wurde er in den Fachausschüssen aber in wesentlichen Punkten verändert. So hatte die Fraktion Die Andere genau 2500 kommunale Wohnungen vor Ort gefordert. Die SPD hatte dagegen 1000 vorgeschlagen - und sich damit auch durchgesetzt. Nur so könne man vor Ort unterschiedliche Modelle wie genossenschaftliches Wohnen ermöglichen, so die SPD-Sicht.
Zu den Bedenken eines Dauerstaus im Potsdamer Norden beschlossen die Stadtverordneten auch folgenden Satz: „Für die verkehrliche Erschließung des neuen Stadtteils in Krampnitz ist die Anbindung an die Innenstadt durch eine Straßenbahnverbindung und einen Radschnellweg zu gewährleisten, die Anbindung des Potsdamer Nordens an die Regionalbahn am Bahnhof Marquardt oder Satzkorn sicherzustellen sowie eine Busverbindung zwischen den nördlichen Stadt- und Ortsteilen zu realisieren.“ Ein Disput entwickelte sich, weil die Fraktion Die Andere ihren Antrag eigentlich wieder zurückziehen wollte - weil er eben zu sehr verändert worden sei. Das sei aber laut der Geschäftsordnung nicht möglich, sagte zum Beispiel Stadtpräsident Pete Heuer (SPD).
Mieterschutz am RAW
Für den Mieterschutz rund um das geplante RAW-Digitalzentrum in der Friedrich-Engels-Straße haben die Stadtverordneten eine Soziale Erhaltungssatzung beschlossen. Der Beschluss kam auf Antrag der Linken zustande. Das sei eine Voraussetzung für den dort geplanten Milieuschutz. Die Mieter im Umfeld des RAW fürchten wie berichtet Verdrängungsprozesse durch steigende Mieten.
Ein Friedhof in oder bei Krampnitz
Die Stadtverwaltung soll in den Planungen für das Entwicklungsgebiet Krampnitz auch ausreichend große Flächen für einen Friedhof vorsehen. Diese soll in Krampnitz selbst oder "im weiteren Umfeld" gefunden werden, so war der Antrag geändert worden. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der Linken und der Grünen beschlossen.
Kostenlos Bus und Bahn für Schüler?
Potsdam erhält vielleicht ein kostenloses Schüler-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Einen entsprechenden Prüfauftrag haben die Stadtverordneten beschlossen, den Ursprungsantrag hatte die CDU-Fraktion bereits im Mai gestellt - damals waren auch Azubis noch mit im Boot, wie CDU-Fraktionschefin Anna Lüdcke kritisierte. Bis Frühsommer 2021 hat die Stadtverwaltung nun Zeit zu rechnen, was das kosten könnte und wie man das umsetzen würde. Auch der CDU-Antrag, dass die Stadt Potsdam Ticketkosten für Dauerkartenbesitzer von Potsdamer Sportvereinen bezuschussen soll, fand keine Mehrheit.
Votum zum Angergrund
Die Potsdamer Stadtverordneten folgen im Konflikt um die gesperrte Ex-Kleingartensparte Angergrund weiter der harten Linie der Stadtverwaltung. In der Sitzung am Mittwoch gab es weder größere Nachfragen der Kommunalpolitiker noch Stimmen gegen den eingeschlagenen Kurs einer dauerhaften planungsrechtlichen Sicherung für Kleingärten am Angergrund – dieses Areal in Babelsberg gehört allerdings seit einigen Jahren dem Investor Tamax, der dort mehr als 600 Wohnungen bauen möchte.
Im Oktober soll nun der Bebauungsplan für die Flächen am Angergrund öffentlich ausgelegt werden, dann können alle Beteiligten und interessierte Bürger dazu Stellungnahmen abgeben. Der Streit beschäftigt längst auch die Justiz. So muss das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg über die von der Bauverwaltung und den Stadtverordneten verhängte Veränderungssperre für das Areal entscheiden, dagegen hat die Tamax geklagt – und will deswegen auch Schadensersatzansprüche geltend machen.
Zwei verkaufsoffene Sonntage im Advent
Die Stadt Potsdam setzt in der Adventszeit auf zwei verkaufsoffene Sonntage - und zwar am 6. und am 20. Dezember. Das haben die Stadtverordneten beschlossen. Dabei soll zu den Weihnachtsmärkten fast in der gesamten Stadt die Sonntagsöffnung für Läden möglich sein – jedoch kann laut der Vorlage das Stern-Center einmal mehr nicht öffnen, weil es nicht im Einzugsgebiet von Märkten wie in der Brandenburger Straße liegt. Ein Änderungsantrag der Linken, dass auch die Einkaufsmeile im Potsdamer Süden öffnen kann, wurde abgelehnt. In der Debatte sagte Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke), das Stern-Center und die südlichen Stadtteile dürften nicht benachteiligt werden. David Kolesnyk von der SPD sagte dagegen, aus rechtlichen Gründen sei das nicht möglich - würde das so beschlossen, sei die gesamte Verordnung juristisch angreifbar. Das bestätigte auch Ordnungsdezernentin Brigitte Meier - im Stern-Center fehle ein Anlass für so einen verkaufsoffenen Sonntag.
Ohnehin ist der Beschluss noch nicht das letzte Wort. Wie berichtet hatte die Gewerkschaft Verdi der Stadt Potsdam auch in diesem Jahr mit Klage gedroht, sollten diese verkaufsoffenen Sonntage so beschlossen werden - unter anderem mit Verweis auf die Corona-Pandemie und die noch unklaren Folgen für die Adventszeit mit womöglich deutlich weniger Besucher. Und sollten nun die verkaufsoffenen Besucher dazu genutzt werden, extra viele Gäste nach Potsdam zu locken, gehe das an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorbei, so das Argument der Gewerkschaft. Demnach dürften Sonntagsöffnungen nur ein Anhang zu Festen sein, hatte Verdi erklärt. Das ist auch der Grund, warum die Stadt das Stern-Center von den Öffnungen ausnimmt.
Nahverkehrsplan 2019 bis 2023 beschlossen
Der Nahverkehrsplan für die kommenden Jahre ist beschlossenen. Nach monatelangen Beratungen in verschiedenen Ausschüssen und Ortsbeiräten haben die Stadtverordneten das Planwerk mit deutlicher Mehrheit gebilligt. Der Plan, der bis 2023 gilt und in dieser Zeit nach und nach umgesetzt werden soll, soll den öffentlichen Nahverkehr in Potsdam attraktiver gestalten. Unter anderem sieht das umfassende Papier eine Taktverdichtung bestimmter Tram- und Buslinien vor. So soll die Tramlinie 96 am Wochenende die Nacht durchfahren, die Buslinie 693 von Babelsberg nach Rehbrücke häufiger verkehren und auch die Fähre nach Hermannswerder länger in Betrieb sein.
Zudem sieht der Plan den besseren Anschluss des Babelsberger Süden und von Bornstedt an das Nahverkehrsnetz vor. Der Treffpunkt Freizeit soll direkt von einer Buslinie angefahren werden. Auch soll die Machbarkeit einer Straßenbahnstrecke nach Golm und Bornim sowie zwischen Babelsberg und Am Stern geprüft werden. Bei der Bewertung bestimmter Maßnahmen müssen Kriterien wie der Umwelt- und Klimaschutz stets berücksichtigt werden.
Zudem soll die Stadt, diese Änderung hatte der Mobilitätsausschuss beschlossen, beim Land darauf hinwirken, dass bei der Regionalbahnlinie RE1 zusätzliche Halte an den Bahnhöfen Park Sanssouci und Charlottenhof eingeführt werden. Für Fahrgäste aus dem Norden Potsdams ist eine verbesserte Erreichbarkeit des Bahnhofs Berlin-Spandau vom Bahnhof Marquardt mit der Regionalbahnlinie 21 ab Dezember 2022 geplant. Ralf Jäkel (Linke) ermutigte diejenigen Stadtverordneten, die auch im Landtag sitzen, hier die Interessen Potsdams einzubringen. „Wir können uns jetzt nicht darauf zurücklehnen“, so Jäkel über den Beschluss.
Alle fünf Jahre wird mit dem Nahverkehrsplan ein neuer Rahmen für den öffentlichen Nahverkehr erarbeitet. Der nun beschlossene Plan schreibt den vorherigen, bis 2018 gültigen Plan fort. Der Prozess für die Fortschreibung hat 2019 begonnen.
Integration in Coronazeiten
Potsdams Migrationsbeauftragte Magdolna Grasnick hat das Coronavirus als "lehrreiche Erfahrung“ gegen die „nicht-wohnungsähnliche Unterbringung“ bezeichnet. Damit spielte sie auf die zahlreichen Coronafälle in Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge an. Teilweise hatten sich eine ganze Reihe von Bewohnern der Unterkünfte mit dem Virus angesteckt, ganze Unterkünfte mussten in Quarantäne. "Ich begrüße es sehr, dass Sie den Beschluss für eine Unterbringung in wohnungsähnlichen Unterkünften gefasst haben", so Grasnik. Sie lobte noch einmal, dass Potsdam „eine Haltung hat“ und in der Flüchtlingsfrage Humanität zeige, sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria engagiere. Die Ausländerbehörde sei derzeit personell stabilisiert, sie sei innerhalb von fünf Jahren von neun auf 25 Mitarbeiter gewachsen.
Auch das Thema Alltagsrassismus sprach die Integrationsbeauftragte an. "Es nimmt kein Ende, dass Menschen in Potsdam Rassismus ausgesetzt sind", so Grasnik. "Es kann nicht sein, dass Personen lieber mit einem deutschen Namen eine Ebay-Anzeige aufgeben, als mit einem nicht-deutschen."
Kritik an "30 Jahren SVV"
Linke-Urgestein Hans-Jürgen Scharfenberg kritisiert die Jubiläumsveranstaltung zu "30 Jahren Stadtverordnetenversammlung". Diese habe das Wirken der Stadtverordneten in Potsdam nur als Fußnote behandelt. So hätten die Stadtverordneten in vielfacher Hinsicht die Entwicklung der Stadt geprägt, auch mehrfach gegen den Willen des Rathauses. Zudem kritisierte Scharfenberg, dass Stadtpräsident Pete Heuer (SPD) das Konzept der Veranstaltung vom Dienstagabend geheim gehalten habe. Carsten Linke (Die Andere) sagte, das Podium sei zu unausgewogen besetzt gewesen - und thematisch sei es die Veranstaltung zu sehr auf 1989, 1990 begrenzt gewesen. Dagegen sagte Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke, aus ihrer Sicht sei die Veranstaltung gelungen gewesen. Auch Wieland Niekisch von der CDU erklärte, es habe sich um eine "engagierte Lehrstunde" gehandelt.
Erste Stadtverordnetenversammlungen besser dokumentieren
Die Dokumentation zu den ersten Sitzungen der Stadtverordneten ist noch nicht optimal. Das sagte Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke in der Aussprache zum OB-Bericht, in dem auch das 30. Jubiläum der Stadtverordnetenversammlung zur Sprache kam. Das müsse besser aufgearbeitet werden - schon mit Blick auf die Stadthistorie. Das habe sie bei Recherchen im Stadtarchiv gemerkt, sagte sie. Bürgermeister Exner sagte, er werde dieses Anliegen mitnehmen. Ohnehin sei ein neues Stadtarchiv geplant, ergänzte er.
Exner für Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria
Einmal mehr hat Potsdams Stadtspitze ihre Bereitschaft bekräftigt, Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager Moria auf Lesbos in der Stadt aufzunehmen. „Es ist Zeit für die Regierungen zu akzeptieren, dass ein breites Bündnis aus Städten, Kirchen und Vereinen nicht länger bereit ist, das Sterben an den EU-Außengrenzen und das Elend in den Lagern hinzunehmen“, sagte Bürgermeister Burkhard Exner. Er vertrat den erkrankten Oberbürgermeister Mike Schubert (beide SPD) beim Bericht des (Ober)Bürgermeisters. „Als aufgeklärte Europäer sind wir verpflichtet, die Werte, auf denen unsere Union beruht, überall zu leben. In Brüssel, aber vor allem vor Ort. Deshalb sind die Bürgermeister Europas, die Kommunen und Regionen als demokratische Instanzen vor Ort wichtiger denn je!“
Exner betonte noch einmal, dass Potsdam sich bereits seit mehr als einem Jahr im Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ engagiert, dem sich mittlerweile 68 Städte angeschlossen haben. Dieses Bündnis entwickle sich zunehmend zu einer europäischen Städteallianz. Mehrfach habe das Bündnis das Bundesinnenministerium aufgefordert, endlich tätig zu werden und „nicht mehr länger auf die große europäische Gemeinschaftsaktion zu warten, die vielleicht nie kommen wird und deren mantraartiger Vortrag immer mehr als Hinhaltetaktik erscheint“. Es müsse endlich eine moralisch, ethisch vertretbare und pragmatisch aber vor allem schnell durchführbare Entscheidung getroffen werden. Vergangene Woche habe Potsdam gemeinsam mit neun anderen deutschen Städten einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin und den Bundesinnenminister gerichtet und sich erneut bereit erklärt haben, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen.
Von Linken und SPD kam ausdrücklich noch einmal Dank und Lob für das Engagement zur Aufnahme von Flüchtlingen. Stefan Wollenberg (Linke) sagte jedoch auch: „Die Zeit des Briefeschreibens ist vorbei.“ Er wollte von Exner wissen: „Was können wir gemeinsam tun, um diese Situation so schnell wie möglich zu beenden?“ Exner erwiderte dem, dass zum einen die Zahl der „Städte Sicherer Häfen“ wachse, auch in Brandenburg hoffe er noch auf mehr Beteiligung. „Aber wir sind gewissermaßen Vorreiter“, so Exner. Man müsse den Druck aufrechterhalten. Auch Sarah Zalfen (SPD) lobte die Position der Stadt für die freiwillige Aufnahme von Geflüchteten aus Moria. „Ich bin froh, dass der Druck aus den Kommunen hilft und wir damit als Stadt als leuchtendes Vorbild vorangehen“, so Zalfen. Carsten Linke (Die Andere) sicherte auch dagegen die Unterstützung seiner Fraktion für die Flüchtlingspolitik der Stadt und Schuberts Linie zu.
Kritik kam von der AfD. Chaled-Uwe Said (AfD) nannte Exners Rede eine „Sonntagsrede“. Er habe die Begriffe Aufklärung und Toleranz missbraucht, so Said. Der AfD-Fraktionsvorsitzende forderte das Schaffen einer Festung Europa, es dürfe nicht nach „flexiblen moralischen Grundsätzen“ über die Migrationspolitik entschieden werden.
Mehr Austausch mit Perugia
Potsdam will stärker mit seiner italienischen Partnerstadt Perugia zusammenarbeiten. "Angestrebt wird zukünftig ein intensiverer kommunaler Austausch", sagte Bürgermeister Burkhard Exner vor den Stadtverordneten im OB-Bericht. "Im Fokus sollen dabei Themen stehen, die beide Städte betreffen wie beispielsweise nachhaltige und umweltgerechte Mobilität in historischen Städten, Prozesse und Strukturen in Krankenhäusern besonders nach Corona, Tourismus, Wohnen und Quartiersentwicklung." Bildungsdezernentin Noosha Aubel werde in diesem Zusammenhang am morgigen Donnerstag auf Einladung des Bundespräsidenten und in Vertretung des Oberbürgermeisters eine Delegation deutscher Partnerstädte nach Mailand begleiten.
"Geplant ist ein Austausch deutscher und italienischer Partnerstädte, an dem auch der Bürgermeister von Perugia, Herr Andrea Romizi, teilnehmen wird", so Exner. Ziel des Austausches sei es, die städtepartnerschaftliche Zusammenarbeit noch intensiver als Instrument zu nutzen, um Europa stärker und solidarischer zu gestalten. Zugleich sollen sich die Stärken und Schwächen der jeweiligen Gemeinden und Kommunen gezielter ergänzen, hieß es.
Viele Anfragen ohne Antwort
Die Stadtverwaltung hat aktuell 18 Kleine Anfragen der Stadtverordneten nicht fristgemäß beantwortet. Das sei ein ärgerlich hoher Stand, sagte Stadtpräsident Pete Heuer (SPD).
Hof Fruth nicht mehr auf der Tagesordnung
Die beiden Dringlichkeitsanträge der CDU und der Fraktion Die Andere zum von Abrissverfügungen bedrohten Hof Fruth am Eichengrund werden am Mittwoch nicht behandelt. Das haben die Stadtverordneten mit Mehrheit so abgestimmt. Die Dringlichkeit sei nicht mehr gegeben, weil eben das Verfahren gegen den Hof ausgesetzt sei, hieß es etwa von Seiten der SPD. Anfang der Woche hatte die Bauverwaltung den Vollzug der Nutzungsuntersagungen für den ungenehmigt errichteten Hof in Groß Glienicke außer Kraft gesetzt. Das teilte die Stadtverwaltung am Montagnachmittag mitgeteilt. Man habe sich zu diesem Schritt „in der Gesamtabwägung“ und nach „nach weiterer interner Abstimmung und Bewertung der Sachlage“ entschieden, so das Rathaus. So wolle man nun warten, bis sich das Landesverfassungsgericht mit den Beschwerden des Inhabers befasst hat. Die Anträge selbst werden nun im November regulär behandelt. In den Anträgen geht es darum, dass die Stadt auf Vollstreckungsmaßnahmen vorerst verzichten soll.
"Zielkonflikt" zwischen Rad- und Lieferverkehr
In vielen Straßen Potsdams sieht Potsdams Ordnungsbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) einen "Zielkonflikt" zwischen Radverkehr und Lieferverkehr. "Die Straßen sind einfach zu eng", so Meier. Deshalb sei es oft nicht vermeidbar, dass Radfahrer um Lieferanten oder Fahrzeuge der Step herumfahren müssen.
"Es werden Bußgelder ausgestellt", so Meier - aber abschleppen könne man Lieferwagen oder Müllwagen eben nicht. "Wo soll denn der Lieferverkehr oder die Step hin?" Gefragt hatte wiederum Sascha Krämer von den Linken. So habe der Bundesrat im Februar beschlossen, dass auf Schutzstreifen für den Radverkehr ein generelles Halteverbot gilt. Nun wollte er wissen, wie das Ordnungsamt das durchsetzt.
Finanzlage 2020: "Halbes blaues Auge"
Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD) rechnet damit, dass Potsdam finanziell im Jahr 2020 "mit einem halben blauen Auge" davonkommt. Das sagte er auf eine Frage von Andreas Menzel (Freie Wähler) nach den Einnahmen und Ausgaben der Stadt in den ersten beiden Quartalen. Exner rechnete vor, dass zum einen die staatlichen Zuweisungen wie vorhergesagt kommen würden, das habe das Finanzministerium gestern bestätigt. "Trotz aller steuerlichen Mindereinnahmen werden diese nicht angefasst", so Exner. Zudem erwarte man 2,5 Millionen Corona-Einmalhilfe. Bei den Steuermindereinnahmen gehe er von einem Minus von 25 Prozent aus, so rechnete Exner vor, bei anderen Steuern rund 15 Prozent. Es gehe damit um 35 Millionen Euro, die fehlen würden - aber eben auch teils ausgeglichen werden. Damit wäre man am Ende bei einem Minus von rund elf Millionen Euro.
Allerdings sei auch mit Einbrüchen in anderen Bereichen zu rechnen, etwa bei der Parkraumbewirschaftung, Verkehrs- und Bußgeldeinnahmen oder der Bettensteuer. Im nächsten Finanzausschuss wolle er weitere Details nennen, sagte Exner. Menzel kritisierte, seine Anfrage sei damit nicht ordentlich beantwortet und griff den Kämmerer direkt an, woraufhin er zur Ordnung gerufen wurde. In der Folge sieht Menzel erneut seine Rechte beschnitten, weil seine weiteren Fragen nicht beantwortet würden. Gleichwohl bietet ihm Exner auch einen Einzeltermin an - um gemeinsam den Haushalt anzusehen.
Disput mit Menzel
Ein erster Disput. Stadtpräsident Pete Heuer hat die Vorwürfe des Stadtverordneten Andreas Menzel (Freie Wähler) zurückgewiesen, dieser würde ungerecht behandelt. Menzel dagegen sagte, er werde massiv benachteiligt. Er begründet das unter anderem damit, weil ihm zum Beispiel in der August-Sitzung ein persönliche Erklärung in der Sitzung verwehrt wurde. Deswegen hat er gleich vier Anfragen eingereicht, um einige grundsätzliche Fragen zu klären. Beispiel: "Ist es richtig, dass die Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung in der Landeshauptstadt Potsdam, für gewählte Stadtverordnete gleichartig angewendet wird?" Heuer sagt dazu: "Selbstverständlich." Der Disput bleibt grundsätzlich ungelöst, Menzel ist unzufrieden.
Machbarkeitsstudie für neuen Verwaltungscampus
Die Stadtverwaltung hat jetzt eine Machbarkeitsstudie zu einem möglichen neuen Verwaltungscampus der Stadtverwaltung vergeben. Coronabedingt sei das erst jetzt passiert, sagte Hauptamtschef Dieter Jetschmanegg. Man wolle die Studie dann im Frühjahr vorstellen. Gefragt hatte der Linken-Stadtverordnete Sascha Krämer - und zwar zum Stand der Neubaubemühungen der Stadtverwaltung. Bis 2026 will Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) einen neuen Campus für die Potsdamer Stadtverwaltung errichten lassen. Die Machbarkeitsstudie hatte eigentlich bereits im Winter 2020 vorliegen sollen.
Das Projekt ist aus Sicht von Schubert dringend notwendig. Es gibt zahlreiche Defizite des aktuellen Standorts an der Hegelallee: Sanierungsbedürftige Bauten, teils noch aus DDR-Zeiten und zu wenig Platz trotz steigender Mitarbeiterzahlen. Das macht es schon jetzt erfolderlich, dass die Stadtverwaltung umfangreich auf externe Räume ausweichen und diese anmieten muss. Diese Kosten sollen durch den Neubau dauerhaft obsolet werden, auch die Wege zwischen den Fachbereichen würden verkürzt.
Viergeschosser statt Gaststätte "Keiler"
Anstelle der 2018 geschlossene Gaststätte „Zum Keiler“ in der Friedrich-Wolf-Straße, Ecke Johannes-Becher-Straße soll ein viergeschossiges Mehrfamilienhaus gebaut werden. Das erläuterte Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos). Das Haus steht inzwischen seit geraumer Zeit wegen Geschäftsaufgabe leer. Gefragt hatte der Stadtverordnete Stefan Wollenberg (Linke), was mit dem früheren Etablissement passieren soll. Ein Bauantrag sei aber bislang nicht gestellt worden, so Rubelt.
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