Potsdam und der Deutsche Schwimm-Verband: Schwimmtraining mit neuer Hierarchie
Im Leistungssportbereich des Deutschen Schwimm-Verbandes gab es Umstrukturierungen. Dadurch ist nun auch an Potsdams Stützpunkt Kreativität gefordert.
Potsdam - Es war noch mal eine willkommene Abwechslung. Bei der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft genossen die Top-Schwimmer des Potsdamer SV im OSC den Wettstreit als Team und auf der Kurzbahn. Platz vier der Männer sowie neun der Damen inklusive einiger starker Zeiten stimmten zufrieden. Doch nun widmen sich Potsdams Kachelzähler wieder ihrem Kerngeschäft: Als Individualsportler um Spitzenleistungen im für Olympia wichtigen 50-Meter-Pool kämpfen.
An ihrem Niveau arbeiten die Athleten aus der Trainingsgruppe von Jörg Hoffmann ab Mittwoch in Nairobi auf rund 1600 Metern Höhe. „Wir waren schon vergangenes Jahr dort“, sagt der Potsdamer Bundesstützpunktcoach. Mit seinen Schützlingen weilt er dank der Hilfe von Bekannten in einer deutschen Schule von Nairobi, „Unterkunft und Trainingsstätten liegen sehr nah beieinander, das sind wirklich gute Bedingungen“, meint Hoffmann.
Nominierungskriterien für die Weltmeisterschaft verändert
Die zweieinhalb Wochen in Kenias Hauptstadt sind ein wichtiges Puzzleteil auf dem Weg Richtung Saisonhöhepunkt, der Weltmeisterschaft Ende Juli in Südkorea. Vor allem Christian Diener gilt als Potsdamer Anwärter für ein WM-Ticket. Auch die Youngster Eric Friese und Melvin Imoudu liebäugeln mit einer Nominierung. Der Qualifikationszeitraum läuft bereits. „Wir werden uns auf die Wettkämpfe in Bergen und Stockholm Mitte April konzentrieren“, erklärt Jörg Hoffmann den Plan zum Erbringen der geforderten Leistungen. Anders als in den Vorjahren wurden die bisher äußerst harten Normzeiten für die Eliteklasse etwas abgemildert, die zusätzlichen U23-Werte aber abgeschafft, wobei jungen Akteuren bei guter persönlicher Entwicklung dennoch weiterhin Startmöglichkeiten eingeräumt werden sollen.
Die veränderten Nominierungskriterien sind ein Ausdruck der Neuordnung im Leistungssportbereich des Deutschen-Schwimm-Verbands (DSV). Nachdem der oft in die Kritik geratene Chef-Bundestrainer Henning Lambertz aus familiären Gründen, aber auch wegen interner Unstimmigkeiten sein Amt Ende 2018 aufgegeben hatte, strukturierte der DSV um. Sportdirektor Thomas Kurschilgen verzichtet fortan auf eine Chef-Bundestrainerstelle wie sie Lambertz hatte. Stattdessen werden die Aufgaben auf mehrere Personen verteilt. In erster Linie sind dies Teamchef Bernd Berkhahn (Magdeburg), Teamcoach Hannes Vitense (Neckarsulm/Heidelberg) und Teammanager Christian Hirschmann (Neckarsulm).
"Wir müssen wieder eine vertrauensvolle Kultur in den DSV bekommen"
Das Mannschaftliche wird nicht nur in den Bezeichnungen betont. Von Trainingsmethodik bis Organisation deckt das Trio ein großes Arbeitsspektrum ab, aber: Sie geben kein Dogma vor, wollen vielmehr beratend zur Seite stehen, einen regen Austausch mit den jeweiligen Trainern etablieren. Eine solche Struktur sei notwendig, „damit wir wieder eine vertrauensvolle Kultur in den DSV bekommen“, sagte Berkhahn in einem „Welt“-Interview. „Dafür müssen wir weg von dieser Hierarchie, dass es einen Bestimmer gibt, der sagt, wo es langgeht. Die Leute müssen und sollen wieder selbstständig und kreativ arbeiten können – mit unserer Unterstützung.“ Henning Lambertz hatte zuvor polarisiert, als er die Umsetzung von Trainingskonzepten und die Konzentration von Sportlern auf weniger Stützpunkte einforderte.
Jörg Hoffmann pflegte stets ein gutes Verhältnis zu Lambertz. Der Ex-Bundestrainer hatte auch mit Nachdruck darauf bestanden, dass Hoffmann am Potsdamer Stützpunkt die Federführung erhält, was einigen missfiel. Es regte sich Widerstand, Querelen sorgten für Aufsehen. Letztlich bekam der einstige Weltklasse-Langstreckenspezialist aber den Posten. Und nun arbeitet er also mit Verbindung zu einer neuen DSV-Führung. „Was sie in der Theorie vorgestellt haben, was auf dem Papier steht, klingt erst einmal gut“, sagt Hoffmann nach einem Treffen der wichtigsten deutschen Schwimmtrainer vorige Woche in Frankfurt am Main. „Wie sich das alles dann in der Praxis darstellt, werden wir sehen.“
Ex-Potsdamer Norbert Warnatzsch coacht nun in Magdeburg
Die zugesicherte „Eigenständigkeit“ und „Kreativität“ bei der Betreuung der Athleten möchte er gerne umsetzen. Nachdem der 49-Jährige in seiner Anfangszeit als Coach laut eigenen Angaben „altes Zeug“ trainieren ließ und dann „das Verstaubte aus meinem Kopf bekommen“ musste, steht er inzwischen für moderne, innovative Trainingslehre. „Wir müssen einfach immer wieder neue Reize ausprobieren, um in die Weltspitze vorzustoßen“, sagt der Potsdamer, der diesen Prozess vor allem mit Christian Diener weit vorangebracht hat. Der Rückenschwimmer holte bei Europameisterschaften Einzelsilber und Staffelbronze, wurde 2016 über die 200 Meter Olympia-Siebter. Bei den Sommerspielen 2020 in Tokio soll noch mehr herausspringen.
Dafür will sich Jörg Hoffmann ins neue „Team“-Gefühl des DSV einbringen. Besonders von dem Magdeburger Bernd Berkhahn, der Europameister Florian Wellbrock und Vizeweltmeisterin Franziska Hentke trainiert, hält er als Impulsgeber viel. „Das ist ein nachgewiesener Fachmann.“ Seit wenigen Wochen hat Berkhahn in der Elbestadt einen neuen Assistenten, der auch in Potsdam bestens bekannt ist. Norbert Warnatzsch, unter anderem ehemals Trainer von Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen, ist nun dort tätig. Von 2013 bis 2017 coachte er am Luftschiffhafen. Warnatzsch gehörte als damaliger Vizepräsident des Brandenburger Landesschwimmverbandes zu der Gruppe, die sich gegen Jörg Hoffmann gestellt hatte. Jetzt steht der 72-Jährige also an der Seite des DSV-Teamchefs, mit dem Hoffmann eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entstehen lassen soll.
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