Schwimmsport in Potsdam: Querverkehr am Brauhausberg
Weil die Schwimmhalle am Potsdamer Luftschiffhafen saniert wird, ist das städtische Bad blu mit den Leistungssportlern stark ausgelastet - und normale Badegäste bleiben aus. Doch es gibt eine gute Nachricht aus dem Rathaus.
Potsdam - Es ist schon fast der Wendepunkt erreicht. Seit vier Monaten muss Potsdams Schwimmgemeinde auf die Halle am Luftschiffhafen verzichten und in anderen Bädern eng zusammenrücken. Gute Nachricht aus dem Rathaus: Diese Phase soll annähernd zur Hälfte überstanden sein, denn die Sanierung am Luftschiffhafen liegt im Zeitplan und soll demnach in rund fünf Monaten abgeschlossen sein. Es gebe keine Komplikationen bei den Arbeiten, teilte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf PNN-Anfrage mit: „Nach derzeitigem Kenntnisstand kann die Schwimmhalle am Luftschiffhafen wie geplant ab April 2019 wieder genutzt werden.“
Sanierung der Luftschiffhafen-Schwimmhalle kostet 1,4 Millionen Euro
Seit den Sommerferien ist die Sportstätte bereits trockengelegt. Wegen einer undichten Überlaufrinne am Beckenrand war Wasser zwischen Pool und Hohlraum eingedrungen, sodass erhebliche Feuchtigkeitsschäden am Mauerwerk entstanden. Eine Sanierung wurde zwingend notwendig. Die Kosten belaufen sich laut Brunzlow voraussichtlich auf 1,4 Millionen Euro Anfang des Jahres wurde noch von etwa 300.000 Euro weniger ausgegangen.
Für die Zeit der Schließung musste ein Ersatzkonzept erarbeitet werden. Beziehungsweise wieder aus der Schublade geholt und angepasst werden. Von Dezember 2013 war das Luftschiffhafen-Bad schon einmal wegen schwerwiegender Dachmängel von heute auf morgen sechs Monate lang zur Sanierung geschlossen. In Abstimmung hatten Stadt, Bäderlandschaft Potsdam, Sportschule, Olympiastützpunkt, Universität, Schulen und Vereine kurzfristig Ausweichpläne entwickelt. „Auf diese Erfahrungen konnten wir diesmal aufbauen“, sagt Göran Böhm von den Stadtwerken, deren Tochtergesellschaft Bäderlandschaft Potsdam maßgeblich involviert ist. Das kommunale Schwimmbad blu am Brauhausberg ist derzeit die primäre Alternative. Darüber hinaus wird das Kiez-Bad Stern genutzt und die Bundeswehrschwimmhalle in Geltow. Auch schaffen vermehrte Trainingslager der leistungsorientierten Aktiven Abhilfe.
In den beiden Hallen der Bäderlandschaft Potsdam – blu und Stern – herrsche „Hochbetrieb“, erklärt Böhm. Allein im August und September erhielten dort fast 7300-mal Sportler Eintritt, die sonst im Luftschiffhafen ihre Bahnen ziehen. Um den zusätzlichen Bedarf gut aufzufangen, wurden für das blu-Sportbad die Öffnungszeiten sowohl morgens, als auch abends erweitert. Überwiegend sind die Leinen dabei quer auf 25-Meter-Bahn gespannt, wodurch sich die Belegung mit den Gruppen flexibler gestalten lasse, heißt es vonseiten der Stadt. An der Längsseite des Beckens sind nun temporär die Kurzbahnen von 0 bis 19 durchnummeriert.
Öffentliches Schwimmen ist eingeschränkt
Eingeschränkt ist folglich auch das öffentliche Schwimmen. Die Badgäste würden mehrheitlich Verständnis zeigen, berichtet Göran Böhm. Einzelne hätten ihre Jahres- oder Mehrfachkarten für den Zeitraum der Sonderbelegung ausgesetzt – „und natürlich kommen auch Beschwerden“. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die wenige Wasserfläche für die Öffentlichkeit und die nur seltene Möglichkeit zum 50-Meter-Schwimmen. Auf vielfachen Wunsch sei zumindest die Anzahl der geleinten Kurzbahnen im Freizeitbereich des Sportbades mittlerweile erhöht worden, um den Hobbyschwimmern bessere Gegebenheiten bieten zu können, so Böhm.
Die Bäderlandschaft verzeichnet nun ein verändertes Nutzungsverhalten der öffentlichen Gäste wegen der Sonderregelungen. Es komme zu „Wanderungsbewegungen“ zwischen den einzelnen Tagen. Viele weichen von wochentags auf Samstag und Sonntag aus, wenn weniger Trainingsbetrieb ist – oder sie nutzen lieber das Kiezbad als das blu. Grundsätzlich sei jedoch ein Rückgang bei den öffentlichen Nutzern zu erkennen, teilten die Stadtwerke mit. Konkret auswertbar seien die Zahlen aber erst nach dem Ende der Ausnahmesituation.
Umsatzeinbußen werden wohl der Bäderlandschaft Potsdam entstehen. Und wegen der vielen Luftschiffhafen-Athleten in ihren Hallen zugleich Mehrkosten – für Energie, Wasser, Abwasser, Chemikalien, Reinigung, Verbrauchsmaterialien sowie Personal. Es laufen derzeit Gespräche, wie die finanzielle Belastung von der Stadt kompensiert werden kann, bestätigen beide Seiten. Bei der Hallenschließung 2013/14 sei auch eine entsprechende Vergütung getätigt worden – in welcher Höhe wurde auf Nachfrage nicht mitgeteilt.
Zufriedenheit beim Potsdamer SV und der Sportschule
Auch betroffene Vereine erhielten damals mehrere Tausend Euro als Ausgleich. Der Potsdamer SV im OSC litt beispielsweise unter einem starken Mitgliederschwund – von knapp 1000 ging es unter 700. „Das war eine absolute Katastrophe“, erinnert sich PSV-Präsident Michael Prenz. „Die Trainingsmöglichkeiten waren so ad hoc und umfangreich weggefallen, dass viele sagten: ,Wofür soll ich dann hier meinen Beitrag zahlen?‘“. Der Verein hat sich inzwischen wieder von der Misere erholt und erlebt die derzeitige Hallenschließung am Luftschiffhafen deutlich entspannter. „Wir haben keine Abgänge. Alle akzeptieren die eine oder andere Einschränkung“, erzählt Prenz. „Der große Vorteil jetzt ist gewesen, dass viel Zeit im Vorfeld war, um alles gut durchzuplanen und rechtzeitig zu kommunizieren.“
Davon profitiert auch die Sportschule. „Wir sind sehr zufrieden mit dem erstellten Konzept. Es klappt gut“, sagt Peter Pollack, Sportkoordinator der Eliteeinrichtung. Für das Pendeln zwischen Luftschiffhafen und Brauhausberg stellt die Stadt den betroffenen Schülern Monatskarten des Tarifbereichs Potsdam AB. 85 Stück seien dies, so Brunzlow. Viele Athleten kennen die Umstände bereits von 2013/14, als sie vor allem das alte Bad nahe des Hauptbahnhofs nutzten. „Im Vergleich zu damals haben wir jetzt eine weitaus schönere Halle mit viel besseren Bedingungen“, findet Brustschwimmer Melvin Imoudu.
6 Uhr: Früher Trainingsbeginn im blu
Hart sei die Umstellung trotzdem. War sonst um 7.30 Uhr Trainingsbeginn, muss nun schon teilweise um 6 Uhr ins blu-Becken eingetaucht werden. „Da sitzt man dann später schon etwas müde in der Schule“, gesteht Imoudu. Jammern wollen die Sportschüler aber nicht. „Wir wissen von anderen Schwimmern aus Deutschland, dass für sie so frühes Training und recht weite Fahrten der Standard sind“, betont Eric Friese. Das Schmetterling-Talent fügt hinzu: „Es ist jetzt eine Notlage – die halten wir durch und freuen uns dann wieder auf unsere einzigartigen Bedingungen mit den kurzen Wegen.“ Im April soll es soweit sein. Dann hat auch die Öffentlichkeit wieder mehr Platz im blu und Kiez-Bad am Stern.
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