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Bauskandal am Luftschiffhafen: Unkalkulierbares Risiko

Aufgrund neuer Gutachten zur Statik der Leichtathletik- und Schwimmhalle am Luftschiffhafen sind beide Sportstätten ab sofort geschlossen. Die Vereine suchen für Sportler alternative Trainingsorte

Sportler stehen ab heute am Luftschiffhafen vor verschlossenen Türen: Das Risiko für die Standsicherheit der Schwimm- und Leichtathletikhalle wird als unkalkulierbar betrachtet, sodass beide Hallen ab heute gesperrt sind. Das teilte die Stadt am Dienstagabend mit. Sportstätten und Trainerbüros können nicht genutzt werden. Diese Maßnahme zeigt, dass der Zustand der Hallen problematischer ist als angenommen.

Bislang hatte es geheißen, dass die Traglast der Dächer bei geringem Schneefall gefährdet sei und die Hallen dann geschlossen werden müssen. Inzwischen liegen der Stadt aber weitere Erkenntnisse vor. „Neubewertungen der Ergebnisse in den vergangenen Tagen, weitere Gespräche mit Statikern und Prüfgesellschaften sowie noch nicht abgeschlossene Untersuchungen haben nun zu dem Ergebnis geführt, dass ein nicht einschätzbares Restrisiko bei der Standsicherheit der beiden Hallendächer besteht“, teilte das städtische Presseamt gestern mit. Daher sollen vor einer möglichen Freigabe der Hallen die Ergebnisse weiterer Untersuchungen zur Schadensqualität abgewartet werden. Die Stadt hat angekündigt, heute über die gutachterlichen Arbeiten zu informieren. Zudem hat der Olympiastützpunkt die Cheftrainer der in den beiden Hallen trainierenden Vereine zu einer Informationsrunde eingeladen.

Die Vereine waren gestern Nachmittag per Mail über die Sperrung informiert worden. Auch die Universität Potsdam nutzt die Leichtathletikhalle für Praxisseminare der Sportstudenten. „Natürlich steht die Sicherheit der Sportler im Vordergrund“, betont Katje Schmidt, Geschäftsführerin des Potsdamer Laufclubs, der an mehreren Tagen mit verschiedenen Altersgruppen die Leichtathletikhalle nutzt. „Aber das Timing geht gar nicht“, beklagt sie sich. Der marode Zustand der Dächer und die damit verbundenen Risiken für die Hallenstatik seien schon seit Langem bekannt. „Das war schon vor einem Jahr Thema“, sagt Schmidt und meint: „Es gab ausreichend Zeit, die Mängel zu beseitigen.“

Während die PLC-Laufgruppen ihr Training ins Freie auf die Bahn verlegen, bastelt Kai-Uwe Meyer als Cheftrainer des SC Potsdam bereits seit Bekanntwerden der Risiken und angedrohten Sperrungen an Alternativen für seine Kaderathleten. „Wir haben bereits vorgeschlagen, andere Kapazitäten wie die Ballsporthalle zu nutzen“, sagte Meyer gestern auf PNN-Anfrage. Vorstellbar sei auch, für einzelne Trainingseinheiten nach Cottbus oder Senftenberg zu fahren und die Rudolf-Harbig-Halle in Berlin-Charlottenburg zu nutzen. Auch an Trainingslager in Kienbaum sei gedacht – in der Sportschule des Landes Brandenburg gibt es sowohl eine überdachte Laufbahn als auch eine Schwimmhalle sowie Kraft- und Athletikräume. „Aber das kostet alles zusätzlich Geld“, macht Meyer klar. Mehr als fraglich sind zudem die Berlin-Brandenburgischen Leichtathletik-Meisterschaften, die im Januar in Potsdam stattfinden sollen.

Als Olympia- und Bundesstützpunkt dient das Gelände am Lufschiffhafen mit seinen Sportstätten unter anderen Kaderathleten zur Vorbereitung auf nationale und internationale Meisterschaften. In der Halle trainieren rund 300 Leistungssportler, etwa für die Leichtathletik-Europameisterschaften und die U20-Weltmeisterschaften 2014. Bis zu den nächsten Olympischen Spielen – in Rio de Janeiro – sind zwar noch zwei Jahre Zeit, doch für einen periodischen Trainingsaufbau braucht es diesen zeitlichen Vorlauf – und professionelle Bedingungen. Sollten die Hallen für längere Zeit gesperrt bleiben, hätte das durchaus Folgen auf den Trainingszyklus der Leichtathleten, Schwimmer und Triathleten. „Man muss sehen, welche Auswirkungen das auf unseren Trainingsbetrieb hat“, grübelte Potsdams Chef-Schwimmtrainer Jörg Hoffmann bereits vor einigen Wochen, als zunächst über eine Schließung der Halle bei Schneefall gesprochen wurde.

Die beiden Hallen mit den auffälligen Stützen an den Längsseiten wurden in den 1970er-Jahren gebaut. 2000 wurde die Schwimmhalle für zehn Millionen Euro saniert, 2003 die Leichtathletikhalle für 11,2 Millionen Euro. Ob die nun festgestellten Probleme mit der Traglast die Folge eines Pfuschs sind, ist noch unklar. Seit der Sanierung wurden lediglich Sichtkontrollen durchgeführt, eine eingehende Überprüfung fand erst jetzt statt.

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