Neues Stadtentwicklungskonzept: Potsdams Fahrplan für den Einzelhandel
Aufwertung, Angebotserweiterung, Verdichtung: Das neue Stadtentwicklungskonzept Einzelhandel macht zahlreiche Vorschläge für 16 zentrale Einzelhandelsstandorte in Potsdam.
Potsdam - Die Potsdamer Innenstadt und das Zentrum Babelsbergs, das Waldstadt-Center und der Johan-Bouman-Platz sollen in Zukunft noch mehr als Einzelhandelsstandorte gestärkt werden. Das gehört zu den Leitlinien des neuen Stadtentwicklungskonzeptes Einzelhandel (Stek), mit dem die Potsdamer Stadtverwaltung das Konzept aus dem Jahr 2014 fortschreibt. Das 160 Seiten starke Papier gibt Handlungsempfehlungen, um den Anforderungen der wachsenden Landeshauptstadt gerecht zu werden, die 2035 laut Prognosen 220.000 Einwohner haben könnte, also etwa 40.000 mehr als jetzt.
→ KOMMENTAR: Ein Konzept ist kein Wunschkonzert
„Eine konzeptionelle Fokussierung auf die Zentren, die wir teilweise auch durch Sanierungsmaßnahmen und mit Mitteln der Städtebauförderung sehr aufwendig aufgewertet haben, war und ist erforderlich“, sagt Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) über das Konzept, das am 4. November als Entwurf in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht wurde.
Verkaufsfläche und Umsätze sind seit 2014 gestiegen
Das Konzept enthält eine umfassende Analyse des Einzelhandels in Potsdam. Die Ausgangslage ist erfreulich: Im Vergleich zu 2014 ist die Verkaufsfläche in der Stadt um zwölf Prozent gestiegen, von rund 272.000 auf circa 305.000 Quadratmeter. Im gleichen Zeitraum sind auch die Umsätze um 16 Prozent gestiegen, ein Indiz für die zunehmende Attraktivität Potsdams als Einzelhandelsstandort, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung.
Dazu passt die hohe Bindungsquote von 107 Prozent. Dieser Wert besagt, dass der Potsdamer Einzelhandel mehr Kaufkraft bindet als in der Stadt vorhanden ist, also dass viel Kaufkraft aus dem Umland nach Potsdam fließt. Leicht negativ entwickelt hat sich nur die Zahl der Betriebe: Sie sank im Vergleich zu 2014 um 0,5 Prozent, das entspricht fünf Betrieben. Stand August 2019 gibt es 1006 Einzelhandelsbetriebe in Potsdam.
Zu den Hauptzielen des Konzeptes gehört, die „polyzentralen Versorgungsstrukturen“ und die Identität in den lokalen Einzelhandelszentren zu erhalten und zu stärken, damit die Nahversorgung in allen Stadtteilen gesichert bleibt. Sprich: Auch wenn die Potsdamer Innenstadt künftig noch mehr als „Hauptzentrum“ des Einzelhandels etabliert werden soll, sollen die drei kleineren „Stadtteilzentren“ im Zentrum Babelsberg, am Waldstadt-Center und am Johan-Bouman-Platz ebenfalls gefestigt werden. Vor allem letzterer soll wegen des wachsenden Potsdamer Nordens noch stärker ausgebaut und angebunden werden als bisher.
Zu dieser „Zentrenhierarchie“ gehören weiterhin zwölf „Nahversorgungszentren“, die ebenfalls „erhalten und gestärkt“ werden sollen: Das Bornstedt Carré an der Potsdamer Straße, der Gewerbestandort an der Nedlitzer Straße rund um Rewe- und Aldi-Markt, der Ernst-Busch-Platz in Drewitz, der Johannes-Kepler-Platz, der Rewe-Markt in Golm, der Ortseingang von Groß Glienicke, der Platz an der Versöhnungskirche im Kirchsteigfeld, der Gewerbestandort rund um den Rewe-Markt in Zentrum-Ost, das Markt-Center, der Schilfhof am Schlaatz, die Kaufland-Filiale an der Zeppelinstraße und das geplante Ortszentrum Krampnitz.
Das Handelskonzept listet Stärken und Schwächen aller 16 Standorte auf und gibt für sie Handlungsempfehlungen. „Einzelhandelsbetriebe, die Sortimente führen, die für die Entwicklung der Zentren von besonderer Bedeutung sind, sollen grundsätzlich in den zentralen Versorgungsbereichen angesiedelt werden“, so die Stadtverwaltung. Ausnahmen gebe es für kleinere Betriebe.
Bahnhofspassagen und Stern-Center müssen nicht weiter gestärkt werden
Gesondert betrachtet werden die Potsdamer Bahnhofspassagen und das Stern-Center: Das Konzept würdigt deren Beitrag für die Attraktivität Potsdams, rät aber zu einem „zentrenverträglichen Umgang“. Das heißt: Die beiden „Sonderstandorte“ stehen in Konkurrenz zu den umliegenden Einzelhandelszentren und müssen nicht weiter gestärkt werden.
„Sowohl zur Zielerreichung des Stek als auch im Hinblick auf die landesplanerischen Vorgaben wird empfohlen, das Angebot des nahversorgungs- und zentrenrelevanten Einzelhandels nicht auszubauen“, heißt es im Konzept. Die - bereits erheblich gelockerte - Sortimentsbeschränkung in den Bahnhofpassagen bleibt also bestehen.
Gastronomie statt Parkplätzen zur Belebung der Innenstadt
Im Hauptfokus des Handelskonzeptes steht die Förderung und Angebotserweiterung in der Innenstadt zwischen Luisenplatz und Holländischem Viertel. Zu den Empfehlungen gehört unter anderem die Bereitstellung mittlerer und größerer Ladeneinheiten durch Zusammenlegung von Ladenlokalen, da viele Geschäftsräume sehr klein seien. Empfohlen wird auch eine Vereinheitlichung der Öffnungszeiten und mehr Betriebe, die eine „abendliche Belebung“ unterstützen. Vorgelagerte Parkplätze könnten vermehrt für die Außengastronomie genutzt werden (zum Beispiel in der Gutenbergstraße).
Der Bassinplatz sollte dauerhaft belebt werden, um das Holländische Viertel zu unterstützen, auch der Wochenmarkt sollte in Angebot und Erscheinungsbild aufgewertet werden. Insgesamt sollte es in der gesamten Innenstadt „mehr Ruhebänke, Spiel- und Freizeitbereiche“ geben, so das Konzept. Die Wilhemgalerie sollte umstrukturiert werden: Sie erscheine nach außen und vom Namen her wie ein kleines Einkaufszentrum, werde dem aber nicht gerecht. „Der Standort bietet sich prioritär für eine Verdichtung von Einzelhandelsnutzungen an“, heißt es im Konzept.
Babelsberger Weberpark beleben, soziale Einrichtungen ins Waldstadt-Center
Für das Gebiet in Babelsberg zwischen dem Weberpark und dem Thalia-Kino empfiehlt das Konzept die Aktivierung von Flächen für mittlere und größere Einzelhandelsbetriebe und bessere Überquerungsmöglichkeiten auf der Karl-Liebknecht-Straße. Zudem sollten die Edeka-Supermärkte besser nach außen sichtbar werden. Insbesondere der Weberpark müsse mehr belebt werden: Der Standort habe keine gute Anbindung und wenig Aufenthaltsqualität, Leerstände müssten behoben und ein neues Nutzungskonzept erstellt werden.
Leerstände werden auch im Waldstadt-Center bemängelt: Diese könnten durch Zusammenlegung von Ladenlokalen beseitigt werden. Allerdings sollten dort nicht nur neue Geschäfte einziehen. Das Konzept schlägt vor, auch soziale Träger oder Stadtteileinrichtungen anzusiedeln, damit das Waldstadt-Center auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten belebt wird. Um die Aufenthaltsqualität zu steigern, sollte das Center modernisiert, das Umfeld neu gestaltet und der großräumige Parkplatz neu geordnet werden.
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Am Johannes-Kepler-Platz sollte geprüft werden, ob der Rewe-Markt und vor allem der Penny-Markt vergrößert werden könnten, außerdem sollte der Zugang vom Parkplatz attraktiver gestaltet werden. Eine Aufwertung des öffentlichen Raums und mehr Querungsmöglichkeiten für Fußgänger werden für den Bereich zwischen Kaufland, Lidl-Markt und Getränke Hoffmann an der Zeppelinstraße vorgeschlagen.
Zwischen dem Rewe-Markt und dem Aldi-Markt an der Nedlitzer Straße im Norden sollten bessere Wegebeziehungen hergestellt werden, zudem sei eine zusätzliche Ansiedlung von Dienstleistungsunternehmen „zwingend erforderlich, um die Funktion eines zentralen Versorgungsbereichs zu erfüllen“.
Das Papier wurde vor der Corona-Krise erarbeitet
Malte Gräve, Referent Handel und Stadtentwicklung der Industrie- und Handelskammer Potsdam, lobte den Konzeptentwurf vor allem mit Blick auf die Entwicklung der Innenstadt als „sehr gut“. Dennoch stehen alle Empfehlungen unter einem Vorbehalt: Da das Stadtentwicklungskonzept Handel noch vor Beginn der Corona-Pandemie erarbeitet wurde, sind die aktuellen Einschränkungen und die möglichen Folgen nicht berücksichtigt. Die Stadtverwaltung hält das Papier aber für ein „konsistentes Gesamtkonzept“, das für die nächsten Jahre genutzt werden könne - auch wenn die wirtschaftliche Erholung nicht so schnell eintrete wie erhofft.
Zudem wolle man die Betrachtung der Innenstadt noch weiter vertiefen, weshalb eine weitere Untersuchung zur künftigen Funktionalität und Entwicklungsszenarien des „Hauptzentrums“ ausgeschrieben werden soll. „Neben einigen Geschäftsaufgaben in der Innenstadt durch namhafte Filialisten waren auch die Gespräche im Vorfeld der drohenden Schließung der Karstadt-Filiale maßgeblicher Treiber zur Entscheidung für die Vergabe einer gesonderten Studie“, sagt Bernd Rubelt.
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