Interview | Hasso Plattner: "Potsdam wird ein bedeutender Ort auf der Kunst-Weltkarte"
Hasso Plattner spricht erstmals über seine bislang geheime Gemäldesammlung, für die er in Potsdam das Museum Barberini baute, und darüber, warum seine Stiftung ein Monet-Gemälde für 111 Millionen Dollar kaufte.
Hasso Plattner, SAP-Mitgründer, Wissenschaftsförderer und Potsdam-Mäzen, macht erstmals einen Teil seiner umfangreichen privaten Gemäldesammlung öffentlich. Wenn am Freitagabend im Potsdamer Museum Barberini die Ausstellung „Monet. Orte“ eröffnet wird, werden dort bereits 34 Werke des wohl berühmtesten französischen Impressionisten aus dem Besitz Plattners zu sehen sein. Und sie werden nicht mehr abgehängt – denn Plattner wird ab dem 4. September 2020 in einer großen Dauerausstellung im Museum Barberini mehr als 100 Werke französischer Künstler aus seiner Privatsammlung zeigen.
Herr Plattner, am 4. September lüften Sie ein großes Geheimnis: Aus Ihrer bislang streng vertraulichen privaten Kunstsammlung werden mehr als 100 Werke von Weltklasse-Malern dauerhaft in Potsdam zu sehen sein. Sie könnten die Bilder im Privatbesitz belassen – doch Sie geben sie Ihrer Stiftung und stellen sie aus. Warum?
Weil ich glaube, dass meine Sammlung französischer Impressionisten und Post-Impressionisten eine Qualität hat, die man zeigen sollte. Mir geht es nicht darum, dass Vermögen verpflichtet oder so etwas. Die Bilder sind so überragend gut, dass andere sie auch sehen sollen. Ich möchte, dass sich alle daran erfreuen können. Und ich hatte sowieso geplant, dass sie am Ende in Potsdam verbleiben - sonst hätte ich das Museum Barberini ja nicht gebaut.
Sie möchten vor allem, dass Ihre Sammlung in Zukunft als solche erhalten bleibt?
Wissen Sie, wenn man auf Auktionen Bilder kauft, ist es meistens klar, von wem sie kommen. So war es auch, als Liz Taylor gestorben ist. Sie hatte Werke von Van Gogh, davon zwei sehr schöne. Da bin ich drumherum geschlichen und dachte mir: Das ist richtig traurig, da sammelt sie wirklich gute Bilder, und dann sagt die nächste Generation: Kasse! Manche müssen vielleicht verkaufen, aber manche müssen es nicht. Ich jedenfalls finde es furchtbar, wenn so eine Sammlung dann zerfleddert wird. Schon vor 25 Jahre habe ich das kommen sehen und mir gesagt: Meine Bilder sind mir ans Herz gewachsen. Die Sammlung Plattner soll zusammenbleiben.
Bei Ihrem Mäzenatentum für Potsdam werden die Superlative ohnehin knapp - und jetzt kommt die wohl größte Sammlung französischer Impressionisten und Spät-Impressionisten außerhalb Frankreichs in die Stadt. Was wird dies für Potsdam bedeuten?
Potsdam wird mit dieser Dauerausstellung ein bedeutender Ort auf der Kunst-Weltkarte. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Sammlung. In ganz Europa haben nur die Museen in Paris umfangreichere Sammlungen. Es werden also hoffentlich noch mehr Gäste nach Potsdam kommen. Die Ausstellungen im Barberini kann man mal verpassen - aber wenn man weiß, dass hier eine Dauerausstellung mit solchen Gemälden zu sehen ist, glaube ich schon, dass dies über Potsdam und Berlin hinaus eine Attraktivität hat.
Warum immer Potsdam - das fragen sich manche, die auch gern in Ihrer Gunst stünden. Sie sind schließlich gebürtiger Berliner und haben die SAP in Baden-Württemberg gegründet.
Ja, ich bin Berliner, aber ich habe mit dem Museum Barberini ein sehr schönes Gebäude an einem sensationell schönen Platz - ich weiß nicht, ob man ein ähnliches Ambiente in Berlin hätte erreichen können. Und da ich aus dem Grunewald komme, ist mir Potsdam eigentlich näher als Berlin. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden mit dem Standort, und in 20 Minuten mit der S-Bahn ist man auch aus Berlin da.
Die Berliner sind ja ganz gut darin, beliebte Orte im Umland quasi zu annektieren. Das Museum Barberini bei Berlin heißt es dann …
Ach, das dürfen sie auch. Solange sie mir nicht öffentlich vorwerfen, dass ich so viel Geld nach Potsdam getragen habe, obwohl es doch angeblich in Berlin eher gebraucht wird. Das kann ein Bürgermeister schon einmal sagen … hat er aber nicht. Warum denn immer Potsdam! Das hat der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel gesagt. Ungefähr so: Erst ist er reich geworden bei uns, und jetzt schleppt er das ganze Geld nach Potsdam!
Und Ihre Antwort?
Ich wollte etwas für die neuen Bundesländer tun – so kam es zum HPI. Potsdam ist ein besonderer, schöner Ort. Und jetzt ist richtig was los hier mit dem Potsdam-Museum, dem Museum Barberini, dann kommt demnächst das Minsk dazu, es gibt die Villa Schöningen von Mathias Döpfner, es soll bald noch ein Museum in der Villa Francke geben, und es gibt natürlich die Gemäldegalerie von Sanssouci. Die ehemalige Stadt der Husaren wird zur Kunststadt! Wer sich für Gemälde interessiert, kann gut mal einen Tag oder zwei in Potsdam verbringen.
Sie sammeln seit mehr als drei Jahrzehnten Kunst. Wie suchen Sie ein Bild aus, das Sie erwerben wollen?
Um zu wissen, ob es mir gefällt, brauche ich nur zehn Sekunden. Danach ist die Frage, ob es auch meiner Partnerin gefällt und wo wir es aufhängen können. Bilder mit nackten Frauen beispielsweise scheiden aus, die kann man in den USA nicht aufhängen, das geht einfach nicht. Eine Rolle spielt natürlich auch der Zustand.
Sie haben nie ein Bild wiederverkauft, richtig?
Das stimmt. Ich habe nie eins verkauft und ich habe es auch nicht vor.
Weil Sie so sehr daran hängen?
Ich werde immer mal wieder gefragt: Sollen wir nicht mal welche verkaufen? Aber ich sage immer nein. Es gibt in meiner ganzen Sammlung nur zwei oder drei, von denen ich sage, die würde ich nicht noch einmal kaufen.
Das sind zwei, drei Bilder aus …
… etwa 200. Ich habe das Kunstsammeln nie betrieben, um damit Geld zu verdienen. Aber weil die Bilder jetzt meine größte Wertanlage außerhalb der SAP-Aktien sind, sind sie nun Sicherheiten für die Stiftung. Das heißt, falls es der Stiftung einmal schlecht geht, weil es der SAP schlecht geht, muss vielleicht mal ein Bild verkauft werden. Der Erlös ginge dann an die Stiftung und würde auch den Betrieb des HPI sichern. Die Bilder werden sicher nicht so sehr abgewertet, es gibt ja nur 2400 Monets in der Welt. Da geht der Preis wahrscheinlich nicht so sehr herunter wie Kurse an der Börse fallen könnten.
Monet sammeln, das könne ja jeder, der genügend Geld hat, finden manche. Solche Anwürfe ärgern Sie sehr. Doch warum schätzen Sie den Impressionismus, was ist für Sie ausschlaggebend?
Erstens das Sujet. Zweitens die Farben. Farben sind für mich ganz wichtig. Das kann man wahrscheinlich im Computer herunterbrechen auf Blau und Rot mit ein bisschen Gelb dazwischen. Das nahezu hundertprozentige Treffen der Atmosphäre der Situation. Das ist am stärksten bei Monet, bei seinen guten Bildern. Ich war viel auf dem Wasser in meinem Leben, und ich sage: Ja, so sieht es aus. Und die Komposition. Die Souveränität, mit der sie die Szene präsentieren.
Impressionismus ist einfach schön?
Ich lasse jeden in der Welt malen wie er will, aber provozierende Malerei interessiert mich persönlich nicht. Gerhard Richter dagegen interessiert mich. Weil er mich anspricht, jenseits des Impressionismus. Obwohl man auch sagen kann, das ist Manierismus, was Richter da mit seinem Spachtel tut und es ist der Zufall, der das Bild macht. Aber es gibt andere, die es auch so machen - und deren Bilder sehen nicht so aus. Doch schon wenn mich vor 30 Jahren jemand gefragt hätte, wer ist denn Dein Lieblingsmaler, dann hätte ich Monet gesagt.
Wann haben Sie Ihren ersten Monet gekauft?
Das war nach 1993. Es ist ein Heuhaufen, bei Sonne im Schnee.
Jüngst haben Sie mit der Hasso-Plattner-Stiftung Monets vier Heuhaufen bei Sonnenuntergang erworben - es war mit knapp 111 Millionen Dollar das teuerste bei einer Auktion jemals verkaufte Werk des Malers. Kann ein Bild so viel wert sein?
Nun, wenn viele ein Bild unbedingt haben wollen, dann wird es teuer. Man muss wissen: Es gibt zwei Monets mit einem Sonnenuntergang hinter einem Heuhaufen. Einer ist im Museum in Boston, und der andere gehörte Paul Allen …
… der gemeinsam mit Bill Gates Microsoft gegründet hat.
Dieses Bild wollte ich immer haben, seit ich es vor langer Zeit im Museum in Chicago gesehen hatte. Damals habe ich nicht im Traum daran gedacht, solche Bilder überhaupt jemals zu kaufen. Aber ich wusste: Das ist ein besonderes Bild. Allen hatte es in einer Auktion gekauft, bei der ich ausgestiegen bin, weil der Preis sehr hoch gegangen ist. Und jetzt kamen vergangenes Jahr diese vier Heuhaufen auf den Markt. Die Gebote waren alle sehr hoch. Gerüchten zufolge waren es Chinesen, die das Bild haben wollten - die haben ja Geld wie Heu! Aber da hat die Stiftung gesagt: Jetzt ist Schluss, das muss der europäischen Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Ich stimme dem zu, das Bild gehört nach Europa. Und die Hasso-Plattner-Stiftung kann es sich leisten, dann kauft sie eben in der Zukunft ein paar Bilder weniger aber hat wichtigere.
Sie haben es also nicht bereut?
Unglücklicherweise hat mein Freund Klaus Fußmann, der Maler, als ich ihn jüngst traf gesagt: ,Das Bild ist ja nicht halb so schön wie Ihr Heuhaufen!' (lacht) Naja, ich habe das Bild nicht verteidigt … Tatsächlich ist mein Heuhaufen bei Schnee vielleicht wirklich einer der intellektuell besten, weil er nicht auf einen Effekt aus ist. Die vier Heuhaufen mit dem Sonnenuntergang von der Seite, die sind ein bisschen sehr effektvoll, so wie die Brücken in London im Nebel … da kann man diskutieren, ob Monet da zu sehr mit der Farbe der Natur spielt, was er sonst nicht macht. Jetzt sind die vier Heuhaufen jedenfalls da - und wahrscheinlich hat meine Barberini-Direktorin Ortrud Westheider gedacht: Mein Gott, was hätte die Stiftung viele schöne ,Beckmänner‘ dafür kaufen können! Sie ist ein Max-Beckmann-Fan.
Sie mögen nicht, wenn Kunst Sie provoziert?
Nein. Über manches lache ich einfach - über die Banane, die an die Wand geklebt ist, und dann isst sie einer, oder über das Bild, das sich selbst zerstört. Wenn jemand zum Beispiel das Leid des Zweiten Weltkriegs ausdrücken und malen will, dann muss ich mir das nicht in die Wohnung hängen. Solch ein Werk für ein Museum zu sammeln, das ist etwas anderes, da bin ich offener.
Bei Ihren Impressionisten dominiert das Thema Wasser.
Das stimmt. Aber ich habe das selbst erst später entdeckt und gedacht: Menschenskind, warum kaufst Du nur Bilder mit Wasser? Aber vor den Impressionisten ist Wasser eben nicht viel gemalt worden. Sie waren es, die plötzlich anfingen, an der Seine zu sitzen oder an der Nordsee. Das Bild "Le Pont D'Argenteuil et la Seine" von Gustave Caillebotte finde ich so überragend, weil er Schichten verschiedenen Wassers gemalt hat: Vor der Brücke, im Schatten der Brücke, in der Tiefe verschiedene Wasserfarben - so sieht Wasser wirklich aus.
Wann haben Sie Gemälde das erste Mal bewusst wahrgenommen?
Das war bei mir wie bei Frau Merkel, wir haben uns bei der Barberini-Eröffnung darüber unterhalten: Ich habe als Schüler, mit 16, 17, 18 Jahren, kurz nach Weihnachten, wenn sie billig waren, Kunstkalender gekauft und dann die Bilder sauber ausgeschnitten und in eine Mappe sortiert. Ich habe angefangen mit Renaissance, dann kamen Barockbilder, dann die Holländer, die Impressionisten und dann Moderne. Frau Merkel hat genau das Gleiche gemacht. Aber meine Mappe ist zwischenzeitlich leider verloren gegangen.
Kunst sammeln - das scheint wenig typisch für einen 17-Jährigen aus Berlin.
Nun, ich habe auch selber gemalt. Nicht mit Öl, aber mit Ölkreide und Bleistift.
Was haben Sie gemalt?
Häuser und Blumen. Gartenszenen. So ein bisschen wie Emil Nolde. Sehr farbig.
Gibt es die Bilder noch?
Nein, die gibt es nicht mehr. Bei irgendeinem Umzug sind sie verloren gegangen. Oder sie liegen in irgendeinem Keller. Aber dann sind sie jetzt vermutlich verschimmelt.
Malen Sie heute noch?
Nein. Nur beim Telefonieren. Das richtige Malen, das muss man üben, das ist viel Technik.
Welches war das erste Bild, das Sie gekauft haben?
Eines der ersten war ein abstraktes Bild des Mannheimer Malers Peter Schnatz. Fast ganz schwarz, und in der Mitte etwas in verschiedenen Rottönen, das so aussieht wie ein Elefant, aber keiner ist. Das Bild hat mir unheimlich gefallen, es hat ganz lange im Wohnzimmer gehangen. Gekauft habe ich es vielleicht im Jahr 1972, 1973, da fing es mit der SAP an.
Mehr Geld konnten Sie nach dem Börsengang von SAP 1988 ausgeben.
Ich saß damals auf einem Haufen Geld, weil ich leider Aktien verkaufen musste. Da habe ich es mir dann geleistet, Bilder zu kaufen. In Berlin hatte ich nichts gefunden, was mich begeistert hätte. Etwas später war ich das erste Mal mit etwas mehr Geld in New York. Der Händler dort hat mich dann zu Wildenstein gebracht …
… der mehr als 100 Jahre alten, wohl größten und mächtigsten Kunsthandelsdynastie aus Paris.
Dort habe ich meinen Heuhaufen gekauft. Meinen ersten Monet. Das Bild ist so überragend gemalt, da konnte ich nicht Nein sagen. Dazu kam ein Sisley, die Fliederbüsche im Hinterhof. Ein auch ganz herausragendes Bild. Und damit trudelten dann schon die Kataloge von Sotheby's ein … Das sprach sich auch in New York sofort herum: Wir haben da einen, der hat Geld. (lacht)
Sie haben jedes Bild selbst ausgesucht?
Ja, immer. Meistens über das Internet, weil jetzt die Auflösung so gut ist. Ich habe eigentlich - das hört sich jetzt arrogant an, ist aber nicht so gemeint - einen ziemlich sicheren Geschmack. Das ist die Frage, die ich mir immer stelle: Can you live without it, kannst Du ohne das Bild leben?
Welche Bilder sind es, ohne die Sie nicht leben können?
Mein Heuhaufen. Die Brücke von Caillebotte. Drei Bilder von Edvard Munch. Ein Sisley, am Fluss, die Sonne scheint durch den Busch - das finde ich überragend gemalt. Es heißt "Environs de Moret-sur-Loing".
Wie ist es, wenn man diese Bilder stets im Original um sich hat? Ändert sich die Wahrnehmung?
Ob sie schlechter werden? Nein, das werden sie nicht. Man sieht sich auch nicht satt an ihnen - also ich nicht.
Bislang hängen alle Bilder Ihrer privaten Sammlungen an Ihren verschiedenen Wohnsitzen.
Ja, und ich werde sie vermissen, wenn sie nicht mehr da sind. Aber ich habe zum Glück Kopien von denen, die jetzt nach Potsdam kommen. Die sind aus anderthalb Metern Entfernung nicht von den Originalen zu unterscheiden. Ob ich die Kopien irgendwann mit anderen Bildern ersetze, weiß ich noch nicht. Vielleicht erlaubt die Hasso-Plattner-Stiftung mir eines Tages auch, mal ein paar Bilder auszuleihen. (lacht)
Mit wem sprechen Sie über Kunst, mit wem fachsimpeln Sie?
Mit meiner Partnerin. Sie ist sehr geschmackssicher. Zwei Dinge sammeln wir: Bilder und Teppiche.
Wie intensiv setzen Sie sich mit dem Leben der Künstler auseinander – Stichwort Emil Nolde, über den bekannt wurde, dass er Antisemit und Nationalsozialist war?
Mich hat die "Deutschstunde" von Siegfried Lenz immer fasziniert, die Verfilmung von 1971 für das Fernsehen fand ich überragend. Und Noldes Kunst mochte ich schon vorher.
Auch Kanzlerin Merkel hatte geäußert, wie sehr sie Werke von Nolde schätzt. Doch nachdem seine Gesinnung bekannt geworden war, verschwanden zwei seiner Werke aus ihrem Büro.
Das kann ich kaum nachvollziehen, dass Frau Merkel ihre Nolde, die sie so liebte, abhängen muss …
Kunst sollte nur als Kunst gesehen werden?
Ja. Bei den DDR-Malern zum Beispiel stört es mich nicht, wenn da einer Parteimitglied war. Ich finde es sowieso unverschämt, die Leute, die politisch engagiert waren in der DDR, aber nichts falsch gemacht haben, zu diskriminieren, während in der Bundesrepublik Kanzler, Ministerpräsidenten und andere Größen eine Vergangenheit hatten.
Sie sagen, es macht einen Unterschied, ob man Kunst im Original anschaut oder als Nachdruck.
Der Unterschied ist wie eine Sinfonie in der Philharmonie zu hören. Das emotionale Erlebnis ist ein anderes, auch wenn eine Kunsthalle meist voll von Menschen ist und die Luft schlecht. Im Barberini ist sie allerdings recht gut dank der guten Klimaanlage.
Verstehen Sie die Auseinandersetzung mit den Impressionisten auch als Auseinandersetzung mit der europäischen Vergangenheit?
Nicht wirklich. Vergangenheit hängt für mich mehr an Gebäuden und ihrer Historie; zum Beispiel an jenen, die zerstört und möglicherweise nicht wiederaufgebaut wurden. Kunst läuft da parallel. Ich sehe in der Kunst auch nicht so sehr den Zeitgeist, selbst wenn die Künstler immer in einer bestimmten Ära malten. Die Zeiten ändern sich - wie man es bei den Franzosen sieht, als sie ausbrechen aus dem Monet'schen Impressionismus. Aus dieser Zeit gibt es ein ganz tolles Bild, auch eines meiner Lieblingsbilder: "Bords de la Seine à Bougival" von Maurice de Vlaminck, gemalt 1906.
Sie wollen mit dem Barberini auch Menschen aus der Region den Zugang zur Kunst ermöglichen, die vielleicht niemals nach Paris reisen könnten, um solche Bilder zu sehen. Funktioniert das?
Ja. Wenn ich in Potsdam unterwegs bin, auf dem Alten Markt stehe, kommen sehr oft meist ältere Leute auf mich zu und sagen: Menschenskinder, was Sie hier gemacht haben! Viele haben ja nun nicht so viel, ein Spaziergang, das Fernsehen - und jetzt können sie auch in solch ein Museum gehen.
Wenn Kritik geäußert wird …
… Kritik, ja, die geht mir unter die Haut, besonders wenn sie nicht zutrifft. Wie in der FAZ, wo es über das Barberini hieß, es sehe "neu und abwaschbar" aus, es gebe Gründe, das "Gipserne und Glatte des neu errichteten Palazzo Barberini geschmackswidrig und fake zu finden". Doch nur die innerste Wand des Barberini ist aus Beton gegossen, die äußere ist so gemauert wie sie es einst war, mit roten Klinkern. Und die sind dann verputzt worden. Und alle Elemente sind in Sachsen aus Sandstein gemeißelt worden. Ich würde mich gerne mit diesen Leuten streiten - aber ich überzeuge mich dann selber, dass es keinen Sinn hat. Sie haben einen Brief von den Architekten bekommen, der alles klargestellt hat.
Kritisiert wird, was die Potsdamer Mitte angeht, oft das Prinzip Rekonstruktion.
Potsdams Mitte ist nun mal weggebombt und weggesprengt worden. Wie in Dresden. Was dort wiederaufgebaut worden ist, hat die Seele der Stadt wiederhergestellt. Und ähnlich ist es mit Potsdam: Die Havel war noch da, Sanssouci, aber nicht die Mitte. Und wie sieht es jetzt hier aus mit dem Schloss! Jeder fährt drumherum, und wer nicht vor hier ist, weiß gar nicht, dass es kein Originalschloss ist.
Werden Sie weiter dazu beitragen, dass Potsdam Zerstörtes wiedererhält? Das neueste Projekt von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) ist die Wiederherstellung des Stadtkanals.
Ich fände es schön, wenn der Stadtkanal wieder da wäre. Und ich bin auch dafür, das Kirchenschiff der Garnisonkirche äußerlich originalgetreu wiederaufzubauen. Die Kirche kann nichts dafür, was Hindenburg und Hitler mit ihr gemacht haben. Innen muss das Kirchenschiff natürlich modern werden, damit es möglichst gut genutzt werden kann als Veranstaltungshalle.
Werden Sie für die Garnisonkirche spenden?
Das ist eine Sache der Potsdamer.
So wie das Hotel Mercure?
Ich habe mich damals beim Hotel Mercure von Jann Jakobs verleiten lassen …
… dem einstigen Potsdamer Oberbürgermeister, der Ihnen vorgeschlagen hatte, das Mercure abzureißen, um dort eine Kunsthalle zu bauen.
Mir war das von vornherein klar, dass das nicht funktioniert mit dem Mercure. So einen Stoß handgeschriebener Briefe habe ich bekommen: Wir haben dort Hochzeit gefeiert, wir haben dort Kommunion gefeiert, es ist unser größtes Gebäude, es ist nicht das schönste, aber lassen Sie es doch bitte stehen … Heute sehe ich das Mercure überhaupt nicht mehr. Ich fahre über die Lange Brücke, und ich sehe das Schloss. Es wäre phantastisch gewesen, an der Stelle des Mercure eine Gemäldegalerie zu bauen, eine Kunsthalle, das wäre der Platz gewesen in Deutschland. Deswegen war ich dafür. Aber ich streite mich doch nicht mit den Potsdamern!
Die Wiederherstellung des Stadtkanals immerhin ist bislang politisch weniger umstritten.
Die Stadt hat viel besser ausgesehen mit dem Stadtkanal. Das kleine Stück, das gemacht worden ist, hat die ganze Straße aufgewertet.
Das heißt, Sie würden den Oberbürgermeister bei der Wiedergewinnung des Kanals unterstützen?
Ja, ich würde ihn unterstützen. Kanäle in einer Stadt sind hervorragend. Schauen Sie auf das Stadtbild von Amsterdam, von Kopenhagen, von Berlin mit der Spree oder auch von Kiel, da haben sie es toll gemacht.
Als nächstes bringen Sie jedoch das ehemalige DDR-Terrassenrestaurant Minsk auf dem Brauhausberg zurück ins Leben – als Museum. Wie gehen die Arbeiten voran?
Aus dem Gebäude ist alles ausgeräumt, alle Küchen sind weg. Jetzt sind es zwei große Säle, der Asbest wird beseitigt. Es gibt nicht viel Beton zu reparieren, er ist in Ordnung, der Stahl sowieso. Und bald geht es nach vorne: Die Technik wird eingebaut, der Fußboden, die Fenster.
Der Zeitplan ist ehrgeizig, im Herbst 2021 soll das Museum eröffnen.
Mir dauert es zu lang, ich habe gedacht, dass es schneller geht. Doch es bleiben im Prinzip nur das Gerüst stehen und die Decke. Dort hinein kommt die Klimatechnik, der Boden muss neu gemacht werden, dann kommt Holzboden rein. Die Außenfassade wird neu gemacht, mit Klinkern. Die Architektur des Minsk ist gut, sie ist so gut wie die Eiermann-Bauten in Westdeutschland.
Sie wollen auch das Umfeld wieder so gestalten, wie es zur DDR-Zeit war.
Ja, wir wollen die Brunnen vor dem Minsk wieder bauen. Die Stadt spricht derzeit mit uns darüber, dass wir nicht nur einen oder zwei, sondern vielleicht sogar alle drei Brunnen wiederherstellen. An den Kosten würde sich die Hasso-Plattner-Stiftung beteiligen, es war ein sehr gutes Ensemble. Dafür muss allerdings der hässliche Parkplatz vor dem Schwimmbad blu weg und eine Straße ausgebaut werden. Und mit den Brunnen sieht hoffentlich auch das blu nicht mehr so schlimm aus.
Haben Sie für das Museum Minsk schon inhaltlich weitergedacht?
Das Projekt Minsk liegt in den Händen meiner Tochter Stefanie. Im Museum soll unsere Sammlung der DDR-Bilder ihre Heimatstätte haben. Aber die Bilder müssen nicht permanent hängen. Im Minsk sollen auch wechselnde Ausstellungen gemacht werden, thematisch völlig frei, aber natürlich nicht in Konkurrenz zum Potsdam Museum.
Moderne Kunst?
Moderne Sachen, vielleicht auch anderes. Dort muss man experimentieren können, da darf auch mal eine Ausstellung nicht so gelingen. Zum Museum gehört ein Mini-Café, Kaffee und Kuchen wird es da geben, vielleicht auch Bockwurst und Bohnensuppe, die Küche ist ganz winzig klein. Und wir werden die Terrassen nutzen. Wenn die Außenfassade wiederhergestellt ist, wird man auch wieder besser sehen, wie schön die Treppen sind. Ich habe den Architekten nicht erlaubt, sie zu ändern.
Waren Sie selbst schon im Gespräch mit dem Architekten des ursprünglichen Terrassenrestaurants Minsk, Karl-Heinz Birkholz?
Nein, war ich noch nicht. Möchte ich aber, wir haben es bislang nur nicht geschafft. Meine Tochter hat ihn aber schon getroffen. Soweit ich weiß, ist er jedoch sehr zufrieden - besonders wegen der Brunnen.
Zufrieden mit dem Minsk ist auch die Linke in Potsdam, besonders der ehemalige Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg.
Ja! Ich kriege von den Linken den „großen Vaterländischen Verdienstorden“, wenn ich das Minsk schaffe, hat Scharfenberg gesagt. Ein paar haben sie noch übrig von damals (lacht).
Gebaut wird auch am HPI-Standort am Bahnhof Griebnitzsee. Wie läuft die Erweiterung?
Gerade erst habe ich fünf neue Professoren begrüßt, drei Männer, zwei Damen - die ersten Frauen. Wir können nicht mithalten mit dem KIT in Karlsruhe - dem Karlsruher Institut für Technologie - und der TUM in München …
… der Technischen Universität München …
… aber in deren Windschatten machen wir es sehr gut. Das HPI ist ein richtiges Prachtkind geworden. Die Erweiterung läuft, aber ich ärgere mich schon, wenn die Leute jammern, dass für die neuen Bauten Bäume gefällt werden müssen.
Das kennt sogar Tesla: Die Fällarbeiten für die Gigafabrik in Grünheide mussten jüngst wegen Klagen gegen die Baumfällungen eingestellt werden.
Das ist ein richtiger Fertigungsbetrieb, der ist wichtig für Brandenburg! Es kann sich offenbar einfach kaum einer vorstellen, dass Elon Musk da tatsächlich in anderthalb Jahren die Fabrik hinbaut.
Sie fahren Tesla, richtig?
Ja, überall. Und immer. Der Tesla sieht am besten aus von allen amerikanischen Autos, er fährt schneller als ein Porsche, auch um die Kurve, wegen des niedrigen Schwerpunkts. Bei uns in den USA im Orange County südlich von Los Angeles, da wimmelt es von Teslas. Da ist Tesla jetzt auf gleichem Niveau wie BMW, klar vor Audi.
Sie sind engagiert im Umweltschutz?
Ich habe jüngst für den Schutz der Meere gespendet. Wer genug hat, kann ja helfen. Aber viel hilft es nicht, denn das Problem ist so groß, dass es wirklich staatlich organisiert werden muss.
Unterstützen Sie die Fridays-for-Future-Bewegung?
Ich habe Verständnis dafür, dass die Jungen sagen, jetzt ist Schluss, schaut doch, was ihr mit unserem Leben macht. Entweder ihr löst das, oder unsere Generation wählt euch ab. Obwohl davon in den USA noch nichts zu sehen ist. Was Trump macht bezüglich der Umwelt, ist absoluter Wahnsinn. Trotzdem sagen Leute, Bekannte, mit denen ich jahrelang Golf gespielt habe: Ja, der ist ein Macher …
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