Kunstmuseum: In Potsdam soll ein riesiges Kunstmuseum entstehen - unter der Erde
An der Villa Francke in der Gregor-Mendel-Straße soll ein Kunstort der Extraklasse entstehen. Ein Berliner Immobilienunternehmer plant ein Museum für Kunst aus Privatsammlungen. Die denkmalgeschützte Gartenanlage wird wiederhergestellt.
Ein unterirdisches Ausstellungsgebäude, von außen praktisch unsichtbar – dazu die wiederhergestellte denkmalgeschützte Parkanlage der Villa Francke mit einem Teich mit Fontäne, Springbrunnen, einem historischen Tennisplatz und dem Obstgarten: Der Berliner Immobilienunternehmer Matthias Köppel und Architekt Wolfgang Keilholz wollen die Persius-Villa in der Gregor-Mendel-Straße unweit von der Bildergalerie im Park Sanssouci zu einem Kunstort der Extraklasse machen. Ihre Pläne stellten sie am Montag vor Ort gemeinsam mit Viola Holtkamp, der Leiterin des Bereich Verbindliche Bauleitplanung im Rathaus, der Presse vor.
Schon seit dem vergangenen Jahr haben Köppel und Keilholz die Villa immer wieder für Publikum geöffnet, zuletzt am vergangenen Wochenende. Auch das Remisenhaus wird bereits von Potsdamer Künstlern als Atelier genutzt. Mit dem geplanten Neubau unter der Erde soll dort ein Museum mit etwa 4500 Quadratmetern Ausstellungsfläche entstehen. Zum Vergleich: Das Museum Barberini ist halb so groß. Im neuen Museum sollen wechselnde Ausstellungen mit Werken von Privatsammlern zu sehen sein. Investiert werde ein zweistelliger Millionenbetrag, sagte Köppel.
Ein öffentlicher Ort für internationale und regionale Kunst soll entstehen
Erstmals vorgestellt hatten die Investoren das Projekt Anfang des Jahres im Bauausschuss (PNN berichteten). Die Stadtverordneten sollen nun bei ihrer Sitzung am 14. August über die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes beraten. Die Stadt begrüße das Vorhaben, machte Holtkamp deutlich: „Wir sehen darin die Chance für die Bereicherung der Potsdamer Kulturlandschaft bei einem gleichzeitig behutsamen Umgang mit dem Potsdamer Kulturgut.“
Die von Reinhold Persius entworfene Villa und das rund 15000 Quadratmeter große Grundstück haben Köppel und Keilholz im Frühjahr 2018 von Nachfahren der Familie Francke erworben. Die Holzhändlerfamilie hatte einst während des Baubooms in Berlin ein Vermögen gemacht und sich das prächtige Domizil in Potsdam 1873/74 zunächst als Sommer- und Gesellschaftshaus – ohne Heizung – gebaut, wie Köppel berichtete.
Erbaut einst für die Berliner Holzhändlerfamilie Francke
1909 bis 1912 wurde die Villa durch Architekt Peter Behrens ausgebaut und umgestaltet. Die Anlage wurde zudem erweitert – unter anderem um einen Tennisplatz und die Remise, errichtet als Fahrzeughaus. Die Franckes sollen eines der ersten Automobile Potsdams besessen haben, noch vor dem Kaiser. So jedenfalls erzähle man es sich bis heute in der Familie, berichtete Köppel. Die Familie sei auch während der DDR-Zeit nicht enteignet worden, weil der damalige Besitzer, der in Namibia wohnte, einen britischen Pass besaß. Das Haus sei von den Sowjettruppen als Laborgebäude benutzt worden.
Überbleibsel aus der Sowjetzeit wie die Fahrzeughallen hinter der Villa sollen bald abgerissen werden, sagte Architekt Wolfgang Keilholz. Die Idee für den unterirdischen Museumsbau haben Köppel und Keilholz, die mit Köppels Firma Chayros bereits mehrere gemeinsame Projekte realisiert haben, beim Besuch des Weinguts Antinori in der Toskana entwickelt: Die Weinkellerei ist dort in den Weinberg hineingebaut. Der spektakuläre Bau war 2012 eröffnet worden.
Der Park soll denkmalgerecht wiederhergestellt und öffentlich zugänglich werden
In Potsdam soll nun Kunst unter die Erde, genauer gesagt unter den ehemaligen Obstgarten des Francke-Anwesens. Von außen würden davon nur die Fenster in Form von in den Rasen eingelassenen Oberlichtern zu sehen sein, wie auf den Visualisierungen zu sehen ist. Der Park soll denkmalgerecht wiederhergestellt und öffentlich zugänglich werden.
Für die inhaltliche Beratung haben sich Köppel, selbst Kunsthistoriker, und Keilholz Ute Kiehn an die Seite geholt: Die frühere Assistentin des Berliner Sammlers und Mäzens Heinz Berggruen, die auch am Museum Berggruen arbeitete, ist in der Kunst- und Sammlerszene gut vernetzt. Für das Kuratorium des Potsdamer Hauses habe man bislang die Hamburger Kunstagentin Jenny Falckenberg und den Berliner Sammler Johann König gewinnen können, hieß es.
Baustart könnte frühestens Ende 2020 sein
Ein Museum ausschließlich für die Werke aus Privatsammlungen gebe es in dieser Form bislang weder in Deutschland noch international, betonte Matthias Köppel. Viele Kunstsammler hätten große Sammlungen eingelagert und wollten ihre Kunst aber gern zeigen. „Das wollen wir möglich machen.“ Kontakte habe man unter anderem zum 2016 gegründeten Kunstsammlerverein geknüpft, aber auch ins Ausland, etwa zur dänischen Galeristenfamilie Asbæk, die sich mit Projekten wie einem Zentrum für zeitgenössische Kunst auf Mallorca der Künstlerförderung widmet. Auch mit anderen Potsdamer Häusern wie der Villa Schöningen sei man im Gespräch.
Auf eine bestimmte Kunstrichtung sei man nicht festgelegt, sagte Köppel. Der 47-Jährige will in die erste Liga des Kunstbetriebs: „Die Latte liegt hoch mit dem Museum Barberini“, sagte er: „Genau an der Stelle möchten wir anknüpfen.“ Es sei ihm gleichzeitig wichtig, die Potsdamer Künstler weiter zu fördern.
Für Investor Köppel ist der Maßstab das Museum Barberini
Eröffnen könnte das Museum frühestens 2022/23. Sollte das Bauplanverfahren ohne Verzögerung verlaufen, könnte Ende 2020 Baustart sein, hieß es. Keilholz rechnet mit zwei Jahren Bauzeit. Auch während der Bauzeit soll die historische Villa – soweit möglich – zugänglich sein. Nächster Termin für eine Besichtigung ist der „Tag des offenen Denkmals“ am 8. September, kündigte Köppel an.
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