Nach der Absage an die Mitte: Kunsthalle: Potsdam bedauert Plattners Rückzug
Stadt hadert mit „selbstzerstörerischen Debatten“. Linke wegen Nein zum Hotelabriss in der Kritik.
Potsdam - Katerstimmung in Potsdam nach der Absage von Hasso Plattner für den Bau der Kunsthalle in der Stadtmitte: Stadtpolitik und Prominenz bedauerten am Donnerstag den Rückzug des Mäzens. „Dieses Trauerspiel samt der verheerenden Außenwirkung wird die Stadt noch lange verfolgen“, sagte TV-Journalist und Potsdamer Günther Jauch. Die CDU-Kreischefin und Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche sprach von einem „schwarzen Tag“ für die Landeshauptstadt. Potsdams SPD-Chef Mike Schubert sagte: „Man fragt sich, wo diese selbstzerstörerischen Debatten Potsdam noch hinführen sollen.“ Modeschöpfer Wolfgang Joop, gebürtiger Potsdamer, beklagte: „Diese Stadt kennt statt Demut und Dankbarkeit nur Neid und Missgunst.“ Der brandenburgische Linke-Bundestagsabgeordnete und einstige Richter am Bundesgerichtshof, Wolfgang Nescovic, nannte die Entscheidung „zu tiefst bedauerlich“. Die Kritik am Standort sei „nicht immer nachvollziehbar“. Gleichzeitig begann die Suche nach Verantwortlichen für die Niederlage, die Potsdams Ruf als schwieriges Pflaster für Mäzene und Investoren verstärkt.
MEHR ZUM THEMA, STIMMEN UND EIN AUSFÜHRLICHES INTERVIEW: IN DER FREITAGSAUSGABE DER POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN Der 68-jährige SAP-Mitgründer und Milliardär Plattner hatte am Mittwoch in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und die PNN mitgeteilt, dass er seine Kunsthalle nicht im Lustgarten, sondern auf seinem Grundstück am Ufer des Jungfernsees im Norden der Stadt errichten wird. Für die Halle sollte das ehemalige Interhotel – heute Hotel Mercure – abgerissen werden. Der Eigentümer, der US-Hedgefonds Blackstone, will das Grundstück samt Gebäude verkaufen; der Mieter und Hotelbetreiber Accor hatte 2011 den Mietvertrag nicht verlängert. 14 Millionen Euro sollte das Grundstück neben dem im Bau befindlichen Stadtschloss, in das Brandenburgs Parlament einziehen wird, Plattner kosten.
Doch der mögliche Hotelabriss provozierte Konflikte in der Stadt. Die Linke lehnt den Abriss ab. Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg fordert, „das Hotel noch ein paar Jahre stehen zu lassen“. Was dann geschehen soll, sagt Scharfenberg nicht. Schuld an Plattners Absage will er nicht sein: „Wir haben nicht zum Kampf für den Erhalt des Mercure aufgerufen.“ Er kritisierte, Jakobs habe „Plattners Kunsthalle zum Mittel zum Zweck, das Mercure loszuwerden, degradiert“. Das habe Plattner gespürt und sei „diesen Weg nicht mitgegangen“. Jakobs wies die Vorwürfe zurück. Er habe gemeinsam mit Plattner Standorte gesucht, dabei sei der Lustgarten der attraktivste gewesen. Es gehe nicht darum, „dass wir DDR-Architektur aus der Stadt verbannen“, so Jakobs. Doch das Mercure passe nicht mehr in die Mitte.
In der Kunsthalle will Plattner seine Sammlung ostdeutscher Kunst und wechselnde Ausstellungen zeigen. Nach seinem Tod soll dort seine private Sammlung mit Werken der Klassischen Moderne zusammengeführt werden. Auf dem Areal am Jungfernsee kann Plattner die Kunsthalle weitgehend unbehelligt bauen. Dort errichtet SAP für 17,5 Millionen Euro – davon 2,7 Millionen Euro Landesförderung – ein Innovationszentrum für 100 feste Mitarbeiter. Der größte Teil des Grundstücks soll mit 80 bis 90 Villen und rund 60 Luxuswohnungen bebaut werden. Rund 350 Millionen Euro werden laut Plattners Projektentwickler Gerhard A. Burkhardt dafür investiert. (mit pet, dpa)
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