Baden und Wellness in Brandenburg: Jetzt eröffnet die Havel-Therme in Werder
Seit dem Baustart sind zehn Jahre vergangen, die Baukosten sind gestiegen. Doch nun eröffnet die Havel-Therme am Großen Zernsee tatsächlich. Ein Besuch vor Ort.
Werder (Havel) - Ein gescheiterter Anlauf, jahrelanger Stillstand und sechs Monate Corona-Lockdown: Die Baugeschichte der Havel-Therme ist von Pannen geprägt. Der Bau wurde als kleiner BER und Millionengrab bezeichnet. Doch nun, zehn Jahre nach dem Baustart, ist das Werderaner Bad fertig. Am Freitag (18.6.) wird die Havel-Therme am Großen Zernsee eröffnet.
"Weder Potsdam noch Berlin haben eine Therme mit so einem Angebot und so einer Lage zu bieten", sagte Andreas Schauer, Chef und Inhaber der Generalunternehmer- und Betreiberfirma Schauer & Co. GmbH. In der Tat kann die neue Havel-Therme durch ihr Angebot mit den großen Thermen Brandenburgs wie der Fontane-Therme in Neuruppin oder der Spreewald Therme in Burg mithalten.
13 Saunen und Dampfbäder stehen in der Havel-Therme zur Verfügung. In der Piniensauna steigt beim Blick auf das Kaminfeuer in der Mitte der Duft des Holzes in die Nase. In der russischen Banja mit dicken, rohen Holzbalken können Besucher sich mit Birkenreisig ausklopfen lassen. Und in der nach Art eines Amphitheaters gestalteten Eventsauna wird beim Aufguss mit Lichteffekten, Nebelmaschine und Musik aufgewartet.
Der Dampf muss vorerst pandemiebedingt aus bleiben, schwitzen ist aber ohne Probleme möglich. "Ab 60 Grad überlebt das Coronavirus nicht, unsere Saunen haben über 80 Grad und alle eine gute Lüftung. Bei uns sind Sie sicher", versichert Schauer. Lediglich die Zahl der Besucher wird reduziert, auf zeitgleich rund 800 statt 1200. Am Eingang müssen Besucher einen aktuellen Negativtest, einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen, ein Testzentrum gibt es im Haus.
Die attraktive Lage direkt am See haben die Architekten sich zu Nutze gemacht: Während das Gebäude Richtung Parkplatz wie eine geschlossene, rotbraune Welle anmutet, durchbrochen durch die beiden großen Rutschen, öffnet sich der Bau zum See hin in mehreren Terrassen auf verschiedenen Höhen. Ein großer Garten mit Außenbecken und Poolbar, Saunahäusern und Liegen reicht fast bis zum See.
Dort soll im kommenden Jahr noch eine Ergänzung folgen: Ein Steg mit einem angedockten, in der Havel eingelassenen Badebecken und einem zweistöckigen Saunaschiff. In seiner "ersten Euphorie", so sagt Schauer es heute, wollte er dort eine Seesauna bauen. Nach Problemen bei der Genehmigung wurde die Idee noch einmal überarbeitet. 2022, so Schauer, wolle er mit dem Saunaschiff fertig sein.
Der Thermenbauer Schauer, der in Deutschland und der Schweiz mehrere dieser Einrichtungen betreibt, beschreibt die Havel-Therme als Traumschiff. Ein Besuch solle wie eine Reise sein, ein Kurzurlaub vom Alltag. Um den Eindruck einer mediterranen Auszeit zu gestalten, hat er viel Energie in die Dekoration gesteckt. "Wir sind nach Andalusien gefahren, nach Marokko, um Materialen auszusuchen", beschreibt er. Gemusterte Fliesen, Teppiche für die Wände, geschnitzte Deckenpaneele und maghrebinische Hängelampen zieren nun Eingangsbereich, Gänge und Ruhebereiche. Ein Ruheraum ist ganz im orientalischen Stil gehalten, mit großem hölzernem Eingangstor, Sitzecken voller bestickter Kissen, Ornamentsäulen und rötlich-gedimmtem Licht.
Technisch hochgerüstet ist der Eingangsbereich. Schauer bleibt bei der Reisemetapher und vergleicht das Entrée mit einem Self-Check-in am Flughafen. Tickets können online gebucht werden, vor Ort reicht der QR-Code vor einem Display und die Schranke geht auf. Ein Teil der Tickets werde im Netz angeboten, der Rest wird an der Kasse verkauft. Die Nachfrage ist hoch: Für das kommende Wochenende (19. und 20.6.) ist bereits die Hälfte der Eintrittskarten gebucht.
Das Bad teilt sich in einen Sauna-, einen Thermal- und einen Familienbereich auf. Die Tageskarte für das gesamte Bad mit Sauna kostet 35 Euro. Das Wasser für die Therme stammt aus einem eigens angelegten Brunnen, aufbereitet wird es im Keller.
Für die Bewohner von Werder und dem Umland dürfte besonders der Familien- und Sportbereich attraktiv sein. Die Werderaner Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) bezeichnet diesen als "kommunalsten Teil des Bades". Vier Bahnen stehen im 25-Meter-Schwimmerbecken zur Verfügung. Drei davon werden unter der Woche für das Schulschwimmen reserviert, Start ist in der kommenden Woche. Schwimmkurse werden ab dem Herbst angeboten. "Die Nachfrage ist riesig, täglich bekommen wir mehrere Mails", sagt die Betriebsleiterin Juliane Hilpert. Nach dem Sommer soll das Kursprogramm auch Meerjungfrauenschwimmen und Seniorenangebote umfassen.
Neben einem weiteren, eher kleinen Becken und einem Planschbecken für Babys und Kleinkinder bietet der Familienbereich zwei große Rutschenröhren, die sich nach außen kringeln, eine kurze breite Wellenrutsche und einen Wildwasserkanal. Nicht nur das Rutschenangebot, das vielfältiger ist als im Potsdamer blu, wird wohl auch Bewohner der Landeshauptstadt anziehen. Zumal der Eintritt für das Familienbad in Werder wesentlich günstiger ist: Drei Stunden kosten unter der Woche 3 Euro für Erwachsene - im blu sind es mit 12 Euro viermal so viel. Am Wochenende kommt in der Havel-Therme ein Aufschlag von 2,50 Euro dazu, trotzdem bleibt der Preis deutlich unter jenem des Potsdamer Nachbarn.
Für Saß ist nicht nur das Angebot für Werderaner wichtig, sie sieht die Therme auch als Wirtschaftsfaktor - mehr als 100 Arbeitsplätze - und als Tourismusfaktor. "Ich erwarte einen touristischen Effekt, gerade in den sonst eher ruhigeren Wintermonaten", so Saß. In der Rückschau sagt die Bürgermeisterin: "Wir haben die richtige Entscheidung getroffen." Die Kristall Bäder AG, erster Partner für den Thermenbau, hatte das Bad bis 2012 errichten sollen - und war kläglich gescheitert. 16 Millionen Euro von der Stadt bekam das Unternehmen, obwohl die Therme über den Rohbau nicht hinauskam. Die Bausubstanz sei gerade 9 Millionen Euro wert gewesen, sagt Schauer.
Die Partner trennten sich 2016 „mit einer einvernehmlichen Lösung“, wie Saß es später formulierte. Schauer übernahm das Projekt 2018 und baute es fertig - für 26,5 Millionen Euro aus der Stadtkasse, wie Schauer vorrechnet. "Wir sind 300.000 Euro unter dem Maximum geblieben und waren drei Monate früher fertig", sagt er mit Unternehmerstolz. Am 6. Dezember wollte er öffnen, doch der Lockdown machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Als Pachtbeginn einigten sich Stadt und Schauer auf die Eröffnung, 30 Jahre läuft der Pachtvertrag. Die Stadt bleibt Eigentümerin. "Wir zahlen keine Betriebskostenzuschüsse", betont Saß. Die Vergangenheit des Projekts ist noch immer nicht abschließend aufgearbeitet.
Für Schauer war die Vorgeschichte vor allem ein Vertrauensverlust in das Projekt. Aber: "Ich bin nicht Teil des Problems, ich bin die Lösung." Die Zusammenarbeit in der öffentlich-privaten Partnerschaft sei kollegial und produktiv gewesen, sagen Saß und Schauer gleichermaßen.
Auf die Frage, wie es sich für sie anfühlt, nach so vielen Jahren des Ärgers vor der Eröffnung zu stehen, entweicht der Bürgermeisterin ein Seufzer. Es sei ein besonderer, ein bewegender Moment. Baden war sie selbst auch noch nicht - das ist aber geplant: "Ich komme bald mit meinem Mann und meinem Enkel."