Großbauprojekt Havel-Therme: Werders verschwundene Millionen
Das Vorgängerprojekt der Havel-Therme hat Unsummen verschlungen. Eine Prüfung soll die Ursachen dafür klären, liegt aber seit Jahren auf Eis.
Werder (Havel) - Fast zehn Jahre hat es gedauert, die Therme in Werder (Havel) zu errichten. Nun steht sie endlich. Doch auf dem Erfolg liegt ein großer Schatten. Die Stadt hat dafür insgesamt etwa 50 Millionen Euro bezahlt. Ein Großteil davon ging an den ersten Projektpartner, obwohl der nur eine Bauruine hinterlassen hat. Und bis heute ist nicht geklärt worden, ob es bei den Millionenzahlungen wirklich mit rechten Dingen zuging.
Die Firma Schauer & Co, die die Therme betreiben wird, rechnet wegen der Corona-Pandemie mit weniger Einnahmen. Wie berichtet, möchte Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU), dass das Unternehmen weniger Pacht zahlen muss. Doch die Unterstützung soll noch darüber hinausgehen. Das geht aus einer Beschlussvorlage für eine Sitzung des Badausschusses in der kommenden Woche hervor.
Die Schauer & Co soll nicht nur die vertraglich zugesicherte Prämie von insgesamt fast 620.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer bekommen, die bis 2025 in Raten ausgezahlt wird. In der Vorlage heißt es: “Die Stadt Werder (Havel) wird sich an einer weiteren Attraktivierung der Havel-Therme ab dem Jahr 2025 finanziell beteiligen.” Dafür sollen bis zu 250.000 Euro bereitgestellt werden.
Begründung: Der Betreiber könne während des eingeschränkten Betriebes keine Rücklagen für Investitionen bilden. Allerdings sollen die Gelder nur dann ausgezahlt werden, wenn der Betreiber tatsächlich Geld in die Hand nimmt, um das Bad schöner zu machen. Doch wer überprüft das? Diese Frage drängt sich auf, angesichts der bisherigen Fehltritte beim Bauprojekt.
16 Millionen Euro für einen Rohbau
Die Kristall Bäder AG hatte die Therme eigentlich bis 2012 errichten sollen, war damit aber kläglich gescheitert. Obwohl nur ein Rohbau entstand, erhielt das Unternehmen von der Stadt etwa 16 Millionen Euro. Manuela Saß ist seit 2014 Bürgermeisterin. Die Trennung der Stadt von dem früheren Projektpartner erfolgte im Frühjahr 2016 "mit einer einvernehmlichen Lösung", wie Saß es 2018 im PNN-Interview formulierte. Ein teurer, langwieriger Gerichtsprozess sei nur knapp vermieden worden.
Während des Baus wurde die Kristall Bäder AG nach Baufortschritt bezahlt. Doch hat sie ihren Teil des Vertrages überhaupt erfüllt? In der Stadtverordnetenversammlung (SVV) wurden 2018 Rufe nach einer Prüfung laut. Im September beschloss die SVV gleich zwei Maßnahmen. Zum einen sollte ein externes Prüfungsbüro beauftragt werden. Zusätzlich sollte das Rechnungsprüfungsamt der Stadt eine eigene Prüfung durchführen. Bis heute ist allerdings keine von beiden erfolgt.
Rechnungsprüfungsamt kopflos
Nach Auskunft des Rathauses hat die frühere Leiterin des Rechnungsprüfungsamts diese Prüfung zwar eingeleitet, aber nicht abschließen können. “Der Prüfprozess war nicht vollendet, als sie eine neue Stelle bei einer anderen Behörde antrat”, teilt Sprecher Henry Klix den PNN mit. Demnach war die Stelle ab Anfang März 2020 nicht besetzt. Seit Anfang Oktober gibt es eine kommissarische Leitung. Nach PNN-Informationen soll es sich um eine langjährige Mitarbeiterin handeln; deren ehemalige Chefin soll in ein Landesministerium gewechselt sein.
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Im Januar sagte die Bürgermeisterin im SVV-Badausschuss, dass die Leiterin die Prüfung persönlich geführt habe und dass ohne sie keine Fortführung möglich sei. Dieser Schwebezustand bestand zu diesem Zeitpunkt schon seit vielen Monaten. Gabriele Janke, stellvertretende Vorsitzende der Linke-Fraktion in der SVV, erinnert sich: Im März 2019 habe sie bei der Bürgermeisterin nachgefragt, wann die Prüfung endlich komme. Damals sei sie auf das zweite Quartal vertröstet worden. Doch nichts geschah.
Ebenfalls auf Eis liegt die externe Prüfung. Aus der Stadtverordnetenversammlung heraus wurden laut Rathaus seinerzeit vier Prüfunternehmen benannt. Die Bürgermeisterin habe diese Firmen angeschrieben, drei von ihnen hätten "Interesse an dem Prüfauftrag” gezeigt, teilt der Sprecher mit. Es habe Gespräche gegeben. Aber die verliefen offenbar ergebnislos. “Eine Ausschreibung ist noch nicht erfolgt und abhängig vom Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes.”
“Da muss man fragen: Wie kam es dazu?”
Da das Rechnungsprüfungsamt aber nach Ansicht des Rathauses ohne Chefin nicht arbeiten kann, handelt es sich um ein Henne-Ei-Problem. "Sobald das Rechnungsprüfungsamt wieder voll besetzt ist, hat der Abschluss der Rechnungsprüfung Therme Priorität”, verspricht Klix nun.
Bei der Sitzung des Badausschusses in der kommenden Woche will dessen Vorsitzender Markus Altmann (Grüne) das Thema ansprechen. Dass zu viel Steuergelder ausgegeben wurden, liege auf der Hand, sagt Altmann auf Anfrage. “Da muss man doch fragen: Wie kam es dazu?” Es müsse eine Klärung geben. Dabei ginge es nicht um Schuldzuweisungen, betont er, sondern um Transparenz.
Die StadtMitGestalter hatten bereits Ende September auf ihrer Website die "Wiederaufnahme der Prüfungen und eine unverzügliche Einberufung des Rechnungsprüfungsausschusses” gefordert. Dessen Sitzung war zwischenzeitlich wegen Corona abgesagt worden. Nun soll sie Mitte Dezember stattfinden.
Die CDU-Fraktion, die eine Mehrheit der Stadtverordneten stellt, möchte sich momentan nicht zum Sachverhalt äußern. Man müsse die Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses im Dezember abwarten, teilt der Fraktionsvorsitzende Hermann Bobka auf Anfrage mit.
Gabriele Janke von der Linksfraktion hält es für möglich, dass dieser Ausschuss eine neue Leiterin für das Rechnungsprüfungsamt bestimmen könnte, sagt sie. Ihre Fraktion werde darauf bestehen, dass die Prüfung dann endlich zum Abschluss gebracht werde. Auch die Fraktion “Freie Bürger” befürwortet eine Prüfung. Die AfD-Fraktion ebenfalls. Die SPD Werder war am Freitag nicht für einen Kommentar zu erreichen.