Vorsitzender des Fördervereins Potsdam Museum: Trommler für die Kunst
Zu wenig Platz, zu wenig Geld, eine ungelöste Depotfrage: Das Potsdam Museum hat viele Baustellen. Fördervereinschef Markus Wicke fordert, mahnt und unterstützt unermüdlich. Was treibt den engagierten Ehrenamtler an?
Potsdam - Er hat schon immer gern diskutiert, sagt Markus Wicke. Das war schon zu Schulzeiten in den 1980er-Jahren so, als er kein Problem damit hatte, beides zu sein: Agitator bei der FDJ und Mitglied der Jungen Gemeinde. Selber denken, sich eine eigene Meinung bilden, dazu wurden sie an der Schule ermutigt. Nicht von allen, sagt Wicke, aber von denen, die zählten.
Ohne diese Freude an der Debatte wäre Markus Wicke nicht, wer er heute ist. Seit 2005 leitet er als Vorsitzender den Förderverein des Potsdam Museums. Er gilt als einer der prägenden Köpfe hinter dem Umzug des Museums an den aktuellen Standort am Alten Markt, wo sich das Museum als „Forum für Kunst und Geschichte“ neu erfand. Wo nötig (immer, eigentlich), akquiriert er Spendengelder. Den Ankaufetat des städtischen Museums hat er mal als „lächerlich“ beschrieben. Potsdam gar als „ostdeutsche Jammerstadt“.
Er kann Druck machen, wo Druck gebraucht wird
Markus Wicke versteht es, scharf zu formulieren, die Trommel der Öffentlichkeitsarbeit zu rühren. Er sorgt für Aufmerksamkeit, wenn es Erfolge zu vermelden gibt: Neuerwerbungen, Restaurierungen oder Publikumsrekorde wie bei der Sonderausstellung zu Karl Hagemeister im letzten Jahr. Und wenn Druck gemacht werden muss, sorgt er für Druck. „Wir werden auch 2021 unsere Stimme in der Öffentlichkeit für eine schnelle und optimale Depotlösung für die Sammlung des Potsdam Museums erheben“, schrieb er zu Jahresanfang.
Er prangerte die seit langem bitter spürbare Platznot des Potsdam Museums an, und brachte eine von der Linken angestoßene Idee ins Spiel: das an der Plantage entstehende Kreativquartier. Forderte von der Politik endlich „Nägel mit Köpfen.“ Forderte auch von der Stadtverwaltung eine Garantie, dass die Museumsobjekte aus dem Zwischendepot tatsächlich ins Zentraldepot überführt werden. Markus Wicke, der Trommler.
Wicke scheut keinen Dissens, auch nicht mit der Museumschefin
„Wenn man in dieser Stadt etwas erreichen will, dann muss man nerven können“, hat ihm mal eine gesagt, die jahrzehntelange Erfahrung damit hat: Andrea Palent, Gründerin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Das hat sich Markus Wicke gemerkt, auch wenn es ihm nicht leichtfällt. „Ich bin eigentlich jemand, der Harmonie mag.“
Aber er ist eben auch jemand, der die Auseinandersetzung nicht scheut. Nicht mit der Stadt, und nicht mit der Museumsdirektorin Jutta Götzmann. In der Frage, wo der zusätzliche Platz für das Potsdam Museum entstehen soll, sind die beiden uneins. Als Erweiterungsbau am Alten Markt, findet Götzmann. Markus Wicke sagt: an der Plantage. Da, wo die neue, zeitgenössische Kunst sich etablieren wird.
Präferenz für den Standort an der Plantage
Wicke erhofft sich viel von dem Austausch mit den anderen Künstler*innen, eine größere Öffentlichkeit. Dass die Museumsleiterin das anders sieht? Nicht schlimm: „Wir sind der Förderverein des Potsdam Museums, nicht der Direktorin des Potsdam Museums.“ Und letztlich, sagt Wicke, sind das ohnehin nur zwei Varianten des gleichen Kampfes: um mehr Platz für die Kunst.
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Mangelnde Ankaufmittel, Platznot: das Potsdam Museum hat Baustellen genug. Am schwierigsten aber scheint Wicke die Depotfrage. Wenn es darum geht, hört man etwas, das sonst selten ist bei ihm: Seufzer. Das Depot ist die Schatzkammer des Museums. Wo die möglicherweise gefährdet wird, durch unnötige oder schlecht vorbereitete Umzüge etwa, ist das Herz des Museums bedroht.
Was die Museumschefin bewundert: seine Beharrlichkeit
Was Markus Wicke auszumachen scheint, ist seine ungemeine Beharrlichkeit. „Ich bewundere seine Ausdauer, seine Unnachgiebigkeit und seine große Leidenschaft für die Potsdamer Kultur“, sagt Jutta Götzmann. Wie viel Zeit er neben seinem Vollzeitjob als Projektleiter bei der Organisation kobra.net mit den Belangen des Potsdam Museums verbringt, kann Markus Wicke gar nicht sagen. Er zählt die Stunden nicht.
Mit seinem ehrenamtlichen Engagement hat der Brotjob im Fördermittelmanagement wenig zu tun. „Aber, dass ich Zahlen mag, das hilft mir auch im Ehrenamt.“ Neben dem Potsdam Museum hat er sieben weitere.
„Ich bin gerne Bürger“
Fragt man Markus Wicke, was ihn antreibt, sagt er: „Ich bin gerne Bürger.“ Dazu gehört, Verantwortung zu übernehmen, sich dafür einzusetzen, dass die Dinge, die Bürger*innen gehören, in besten Händen sind. Sich einmischen – und zwar jenseits der Politik. Parteizugehörigkeit ist nichts für ihn. Er hat verschiedene ausprobiert, „nicht nur bürgerliche – aber keine von den schlimmen.“
Auch wenn man andere fragt, was Markus Wicke ausmacht, kommt die Sprache schnell auf das Bürgersein: „Er erklärt den Potsdamern unermüdlich, was das ist: das bürgerliche Gedächtnis der Stadt“, sagt Susanne Fienhold Sheen, Stadtführerin und Mitglied im Förderverein.
Das Elternhaus: eine bürgerliche Enklave
Die Wurzeln hierfür liegen schon im Elternhaus in Salzwedel, Sachsen-Anhalt, eine bürgerliche Enklave im sozialistischen Staat. Der Vater ist Leiter einer Genossenschaftsbank, SED-Mitglied – bis die Stasi ihn auffordert, Daten weiterzugeben. Er weigert sich, verliert seine Arbeit. Tritt aus der SED aus: Verbrennt sein Parteibuch und schickt es der Parteileitung.
Dass Markus Wicke nicht regulär Abitur machen kann, liegt jedoch nicht am Vater: Es gibt nicht genügend Plätze auf der betreffenden EOS. Also findet er sich am Geräte-Regler-Werk in Teltow wieder. Wird dort zum Betriebs-, Mess-, Steuer- und Regeltechniker ausgebildet, macht 1990 das Fachabitur.
Das damalige Potsdam Museum: eine Heimatstube
Schon damals zieht es ihn nach Potsdam, hier studiert er ab 1991 Politikwissenschaften. Lernt Leute wie Jörg Kirschstein, den Kastellan von Schloss Babelsberg, und Hannes Wittenberg, heute Stellvertretender Direktor des Potsdam Museums, kennen. Das Museum ist damals noch in der Benkertstraße, der Zustand beklagenswert, eine „behagliche Heimatstube.“
2004 gründet sich der Förderverein, Markus Wicke ist dabei. Als der Vorstand umgebildet wird, will niemand den Vorsitz. Also überlegt Wicke kurz und sagt dann: Ok, ich mach das. Gräbt sich ein in die Potsdamer Stadtgeschichte, später auch in die Kunst. Inzwischen sammelt er längst selbst: Potsdam-Bücher, aber auch Malerei. Der jüngste private Neuzugang: eine Havellandschaft von Ernst Faehndrich.
Wünsche zum 50.? Ein Potsdamer Kunstpreis
Am 31. Januar wird dieser Trommler, Sammler, Unterstützer und Lobbyist 50 Jahre. Wünsche? Privat keine. Aber ein Potsdamer Kunstpreis, das wäre was, sagt Markus Wicke. So würden Künstler*innen unterstützt – und der Museumsbestand würde, trotz lächerlichem Etat, kontinuierlich um neue Arbeiten erweitert.
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