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Juwel mit architektonischer Reminiszenz an den Barock. Der Nikolaisaal Potsdam zum Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters 2020. 
© Sebastian Rost

Potsdamer Nikolaisaal wird 20: „Das musikalische Herz Potsdams“

Vom Gemeindesaal zum vibrierenden Zentrum Potsdamer Musiklebens: Der Nikolaisaal wird 20. Die Gründungsdirektorin Andrea Palent und der neue Programmdirektor Michael Dühn sprechen über Herkunft und Zukunft des Konzertsaals - und die gegenwärtige Pandemie.

Frau Palent, Herr Dühn, Sie blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Nikolaisaal: als langjährige, ehemalige Gründungsdirektorin und als neuer Programmdirektor. Was war jeweils Ihre erste Begegnung mit dem Haus?

Palent: Die erste Begegnung mit dem Ort hatte ich 1993. Im Rahmen der 1000-Jahr-Feier gab es ein Baustellenkonzert, das mich neugierig gemacht hat. Damals war ich als Musikwissenschaftlerin tätig, daher interessierte mich das sehr. Er war in sehr desolatem Zustand. Er hatte eine sehr schlanke Form, schlanker als ein Schuhkarton. Der Saal war nicht aktiv damals, es gab dort immer mal Proben und dergleichen. Er war lange Zeit geschlossen, wurde als Lagerhalle genutzt. Damals war Potsdams Musikleben sehr dezentral, in der Blechbüchse wurde zum Beispiel musiziert.

Herr Dühn, Sie sind 2018 Andrea Palent im Amt gefolgt und gehören einer anderen Generation an. Wie sah Ihr erster Kontakt mit dem Ort aus?

Dühn: Während des Studiums in Berlin, um das Jahr 2000 herum, habe ich in einer Kneipe den Leporello des Nikolaisaals gesehen und dachte: interessant, was es da gibt! Es hat mich beeindruckt, dass es da zwischen den Spielplänen der Volksbühne und Philharmonie einen Ort aus Potsdam gab, der sich inhaltlich durchaus messen konnte.

Was manche erstaunen mag: Jetzt feiern wir zwanzig Jahre Nikolaisaal, aber eigentlich müssten wir über hundert feiern.

Dühn: 111, genau. Der Saal selber ist 1909 eröffnet worden, als Gemeindesaal der Nikolaikirche – was übrigens viele Potsdamer gar nicht wissen. Das Vorderhaus ist noch viel älter, von 1777. Dadurch hat man diese großartige Zeitreise vom 18. Jahrhundert, über 1930, das Jahr aus dem das Foyer stammt, bis in den Saal aus dem Jahr 2000. Das ist in dieser Form sehr besonders. Mir fällt kein anderer Saal ein, wo sich so viele Zeitschichten übereinanderlagern.

Mir fällt kein anderer Saal ein, wo sich so viele Zeitschichten übereinanderlagern.

Michael Dühn

Palent: Die Zeitreise war die größte Herausforderung für den Architekten Rudy Ricciotti. Er war ein angehender Superstar, als er Mitte der 1990er den Auftrag bekam. Normalerweise wollen sich Architekten immer gleich direkt zeigen, aber für ihn war das eine große Ehre, inmitten seiner großen Kollegen, Persius und Schinkel, überhaupt bauen zu dürfen. Dadurch hat er die Größe gehabt, sich zurückzunehmen. Den Barock im Eingang wollte er von Anfang an lassen, auch das Lamm Gottes über dem Portal. Die härtesten Reibungen gab es um das Foyer. Zwischen Denkmalpflegern und Ricciotti gab es ein unglaubliches Ringen. Das Foyer war früher ganz hell. Und als vor 20 Jahren die Potsdamer in das neue Foyer kamen, waren sie schockiert.

Gründungsdirektorin Andrea Palent, die 2018 die Leitung abgab, und derzeitiger Programmdirektor Michael Dühn vor dem Portal des Nikolaisaals.
Gründungsdirektorin Andrea Palent, die 2018 die Leitung abgab, und derzeitiger Programmdirektor Michael Dühn vor dem Portal des Nikolaisaals.
© Sebastian Rost

Woher rührte der Schock?

Palent: Weil es von der hellen Optik in die dunkle, mediterrane Patina ging, die Ricciotti ausmacht. Hier in Potsdam hatte man wenig Erfahrung mit dem Terrazzo-Gießen. Er bestand darauf, dass das vor Ort gemacht wurde, ohne Platten zu verwenden. Daher musste der erste Boden kurz vor der Eröffnung wieder raus, er war misslungen. Und dann kamen wir als Nutzer dazu und sagten: Wir brauchen eine Garderobe, eine Kasse. Das war alles nicht so wie heute vorgesehen. Im Saal selbst wollte Ricciotti die Sitze eigentlich dunkelgrün und die Wände in gedeckten Farben. Bezüglich der Farbgebung des Saals haben wir als künftige Betreiber etwas mehr insistiert, weil das Foyer schon so dunkel war. Mit dem Lichtdesign und den Klangeiern ist dann ein wunderbares Konzept entstanden.

Dühn: Dieser Gegensatz zwischen den dunklen Farben, den eckigen Formen im Foyer und dem Licht im Saal, den runden Formen …

Palent: ... des Barock!

Dühn: Genau, dieser Gegensatz hat mich immer sehr beeindruckt. Denn auch Musik lebt ja ganz stark von Kontrasten. Das wirkt aus heutiger Sicht sehr bewusst gesetzt. Dass das nicht intentional gestaltet war, wusste ich gar nicht.

Palent: Überhaupt nicht! Das waren wesentlich meine Mitstreiterin Gudrun Mentler und ich. Wir haben stark darum gekämpft, dass sich die Zeitachsen spiegeln. Nicht nur wegen der Musik, sondern auch wegen der Menschen, die in Potsdam leben und den Saal auch füllen.

Sie beschreiben Dinge, die auch heute sehr aktuell für Potsdam sind. Das Nebeneinander verschiedener architektonischer Epochen treibt die Stadt nach wie vor um.

Palent: Wir haben damals versucht, beispielgebend zu sein. Aber mir schien manchmal, dass die Politik das nicht wirklich wollte. Ich wohne seit 1983 in Potsdam, bin leidenschaftliche Potsdamerin. Und ich kann nur Akteure wie das Rechenzentrum, das jetzt gerade Geburtstag feierte, ermutigen: Man muss nicht immer der Liebste und Netteste sein, um zum Fortschritt in dieser Stadt zu kommen. Wir waren nicht unbedingt beliebt, weil wir bestimmte Dinge mit sehr großem Nachdruck durchsetzen mussten. Dabei ging es gar nicht um mich und die Prokuristin Gudrun Mentler, sondern wir haben versucht, das Maximum für diesen Saal herauszuholen. Man kann nur einmal so einen Saal bauen.

Man muss nicht immer der Liebste und Netteste sein, um zum Fortschritt in dieser Stadt zu kommen.

Andrea Palent

Dühn: Diese Leidenschaft und diese Liebe haben sich hier auch sehr eingeschrieben. Das war ein Eindruck, den ich sofort hatte. Nichts ist zufällig hier, jedes Gestaltungselement ist Resultat einer bewussten schöpferischen Entscheidung. Ein Ganzes, Harmonisches, trotz der Brüche. Ein Juwel, dem sich alle Beteiligten gerne widmen, das kann man schon so pathetisch sagen.

Vom Schatten ins Licht: Der 2000 von Rudy Ricciotti entworfene Nikolaisaal ist hell, das von Foyer dunkel gehalten.
Vom Schatten ins Licht: Der 2000 von Rudy Ricciotti entworfene Nikolaisaal ist hell, das von Foyer dunkel gehalten.
© Sebastian Rost

Bei der Finanzierung des neuen Saals 2000 hat wesentlich die Partnerstadt Bonn geholfen. Fehlten in Potsdam nur die Mittel oder auch der Wille für einen neuen Musiksaal?

Palent: Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Potsdam tut sich ja was Bauentscheidungen angeht schon immer ein bisschen schwer, das ist bis heute so. Es hat eine gewisse Zeit gedauert, ein Musikzentrum für die Stadt zu kreieren. Aber das Musikleben selbst gab es schon immer. Wir hatten auch einen sehr nachdenklichen Start, angesichts der Auflösung der Brandenburgischen Philharmonie im Jahr 1999. Die Finanzierung des Ortes war aber tatsächlich ein Gemeinschaftsprojekt aller Beteiligten: Stadt, Land und Bonn haben sich im Zuge des Aufbaus Ost leidenschaftlich eingebracht. Trotzdem ging dann das Ringen um die Alltagsfinanzierung des Betriebs los. Die ersten zehn Jahre habe ich immer nur Geld besorgt. Wir haben Jahre um eine Stelle für Musikvermittlung gekämpft. Erst ab 2010 konnten wir freier agieren. Das Besorgen von Mitteln war eine sehr große Herausforderung – die vielleicht ein bisschen der Corona-Herausforderung gleicht, die die jetzigen Leiter, alle voran Gechsäftführerin Heike Bohmann, zu schultern haben.

Fällt der Amtsantritt des neuen Leitungsteams wegen Corona womöglich zusammen mit der größten Krise, die das Haus je durchmachen musste?

Palent: Es ist in der Tat eine schwierige Zeit für alle Kulturschaffenden. Die größte Krise in meiner Amtszeit war die Auflösung der Brandenburgischen Philharmonie 1999. Das Konzept, das Gudrun Mentler, Christina Siegfried und ich zusammen für den Nikolaisaal schrieben, schloss die Philharmonie zunächst ja noch mit ein. Im Leitungsteam haben wir diesen Unmut der Bevölkerung auch gespürt. Wurden auch viele Male darauf angesprochen. Der Philharmonie mussten wir nach der Auflösung deren Abonnentenkontakte abkaufen. Wir wurden danach oft in die Rolle der Bösen gedrängt, dass wir die Ursache dafür seien, dass die Philharmonie aufgelöst wurde. Das war auch für uns eine große Krise. Dabei war mir bewusst, dass wir einen Klangkörper brauchen. Aus der Überlegung, wie wir das überbrücken, hat sich eine Art Leistungsschau der Brandenburgischen Orchester ergeben. Künstlerisch und betriebswirtschaftlich hatten wir nie Krisen in diesem Ausmaß.

Wie bitter ist Corona in der ersten Spielzeit, die Ihre Handschrift trägt, Herr Dühn?

Dühn: Bitter, das muss man schon sagen. Wir hatten in den letzten Jahren am Haus immer eine Auslastung von etwa 90 Prozent. Das zu halten, ist schon allein eine große Herausforderung. Bis zum 12. März, dem letzten Konzert vor dem Lockdown, ist das auch gelungen. Ich persönlich empfinde aber eine ganz große Dankbarkeit, dass wir in einem Land leben, wo es möglich ist, eine solche Krise so abzufedern. Im Moment sieht es auch für den Nikolaisaal so aus, dass die Krise alles andere als existenzbedrohend ist.

Nach dem Corona-Lockdown begann der Nikolaisaal im Juni bereits wieder mit einem Foyer-Programm eröffnet, hier mit dem Pulsar-Trio.
Nach dem Corona-Lockdown begann der Nikolaisaal im Juni bereits wieder mit einem Foyer-Programm eröffnet, hier mit dem Pulsar-Trio.
© Andreas Klaer

Sie sind weniger optimistisch, Frau Palent?

Palent: Wenn ich mir den gesamten Großraum Berlin ansehe, sehe ich, dass überall das etablierte Konzertleben weggebrochen ist. Es wird mehrere Jahre brauchen, um die Häuser wieder voll zu bekommen. Nach der Wende war es ähnlich. Meine Erfahrung ist: Der Mensch orientiert sich sehr schnell um.

Dühn: Ich glaube auch, dass uns die Krise noch eine ganze Weile beschäftigen wird. Das Wichtigste war für uns, wieder ins Spielen zu kommen.

Das haben Sie geschafft: Schon Mitte Juni gab es wieder Programm.

Dühn: Ja, genau drei Monate nach dem letzten Konzert gab es im Foyer wieder Musik mit der Reihe „Echtjetzt?!“. Wir werden die Saison jetzt im Wesentlichen machen wie geplant – mit einem sehr ausgefeilten Hygienekonzept und viel weniger Publikum. Dort wo sonst 724 Menschen sitzen, haben jetzt nur etwa bis zu 150 Platz.

Wenn Sie auf die 18 Jahre Ihrer Leitungstätigkeit zurückblicken: Was waren für Sie besondere Höhepunkte, Frau Palent?

Palent: Ein Highlight für mich war, dass ich bei Steinway in Hamburg einen Konzertflügel aussuchen durfte. Fast alle großen Pianisten waren inzwischen schon in Potsdam. Rudolf Buchbinder hat damals den Steinway eingeweiht. Jazz gab es, viele Stars aus aller Welt. Und Herr Dühn führt das jetzt ins Morgen. Mit den Crossover-Konzerten, sie heißen jetzt Symphonic Grooves, ging es von Anfang an darum, Orchester in ihren verschiedenen Möglichkeiten zu zeigen. Nicht nur klassisch. Es war mein persönlicher Wunsch, das Filmorchester Babelsberg hier fest zu beheimaten. Daher freut es mich, dass sie die Gala am Wochenende gestalten. Für die Kammerakademie Potsdam als unser Hausorchester habe ich mich auch sehr stark eingesetzt. Und zum 15. Geburtstag hieß es dann plötzlich, dass wir das dritte Konzerthaus von Berlin seien. Das hat mich dann doch gefreut.

Nähe zum Publikum. Seit vielen Jahren eröffnet der Nikolaisaal seine Saison mit einem Straßenfest. In diesem Jahr muss es coronabedingt entfallen.
Nähe zum Publikum. Seit vielen Jahren eröffnet der Nikolaisaal seine Saison mit einem Straßenfest. In diesem Jahr muss es coronabedingt entfallen.
© Manfred Thomas Tsp

Filmorchester, Brandenburger Symphoniker, Staatsorchester Frankfurt, Kammerakademie – das sind die Konstanten. Und die Brüche, Herr Dühn?

Dühn: Die Reihenstruktur am Haus empfinde ich als großes Glück. Das funktioniert supergut. Es gibt ein festes Netzwerk. Das musikalische Herz der Stadt ist fest verankert. Es geht darum, das zu stärken oder auch nachzujustieren, wie zum Beispiel bei der Klassik am Sonntag mit Klassik am Sonntag Junior. Eine sinnvolle Ergänzung dazu ist die Debut-Reihe, in der wir junge Künstlerinnen und Künstler vorstellen, die Teil unseres Netzwerkes werden sollen. Dazu gibt es die inhaltlichen Auseinandersetzungen mit konkreten Themen. In diesem Jahr geht es unter anderem um das Paradies.

Wie stark ist der Druck, immer neue Formate zu finden? Wer braucht denn Klassik im Liegen?

Dühn: Es geht darum, die Form des Konzertes in die Zukunft zu führen und das Publikum immer wieder neu von der Relevanz live gespielter Musik zu überzeugen. Die Art, wie Medien genutzt werden, hat sich in den letzten 20 Jahren fundamental verändert. Natürlich haben sich dabei auch Hörgewohnheiten verändert.

Palent: Klassik im Liegen ist ein schönes Beispiel. Es macht nämlich doch einen Unterschied: Probieren Sie mal aus, zuhause eine CD zu nehmen, sich hinzulegen – oder sich einen Musiker nach Hause zu bestellen. Den Schwerpunkt Hören haben wir für das Haus vor zehn Jahren schon definiert, mit der Ohrphone-Reihe etwa. Dieses körperliche Hören, dieses Yoga für den Körper, die medizinische Seite der Musik als Mittel der Entspannung war schon in der Antike wichtig – und die gewinnt neuerdings an Wichtigkeit für die jüngeren Generationen. Das ist natürlich auch der Versuch, andere Zielgruppen ins Haus zu bekommen. Ich bin sehr überzeugt davon, dass man das unbedingt weiterführen muss. Für die nächsten 20 Jahre gibt es genug Stoff, um den Sensus für Musik immer weiter auszuprobieren.

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Dühn: Richtig. Das zeigt auch das Thema Dunkelkonzert: Musik in absoluter Dunkelheit ist wirklich etwas anderes. Das letzte Konzert vor dem Lockdown am 12. März war ein Dunkelkonzert. Wir wussten, dass es das letzte sein würde – und das hat sich eingeschrieben. Es gibt ja diesen Satz: Man sieht nur, was man weiß. Das gilt für die Musik auch. Das hat mit sinnlicher Erfahrung zu tun aber auch mit dem Erwartungshorizont. Daher sind auch moderierte Konzerte so spannend.

Palent: Oder nehmen Sie die sehr erfolgreichen Babykonzerte. Da haben damals viele mit dem Kopf geschüttelt. Oder die Kindersinfoniekonzerte mit dem Moderator Stephan Holzapfel, der seit 2008 im Nikolaisaal arbeitet.

Herr Dühn, im aktuellen Programm des Nikolaisaals schreiben Sie, gemeinsam mit der Geschäftsführerin Heike Bohmann: Gerade jetzt geht es darum, Zukunft zu gestalten. Was wünschen Sie dem Nikolaisaal?

Dühn: Ganz spontan würde ich sagen: Dass das Publikum weiter so offen und neugierig bleibt. Und dass es uns treu bleibt. Heike Bohmann und ich haben beide das Bild vom musikalischen Herz der Stadt geprägt – und ich wünsche mir, dass dieses Herz, getragen von Künstlern, Publikum und Mitarbeitern, weiter so vital bleibt und kraftvoll schlägt. Und dass es dafür auch die Mittel gibt.

Palent: Das musikalische Herz muss sich weiter öffnen und die modernen Medien entsprechend in die Klassik führen. Das ist gar nicht einfach bei einem Haus, das feste Sitzplätze hat. Ich habe öfter mal gesagt: Der Nikolaisaal braucht eine größere Spielstätte für bestimmte Konzertformen. Um der Idee des musikalischen Herzens auch in den nächsten zehn Jahren gerecht zu werden und zeitgemäß zu bleiben. In Potsdam ist das gar nicht leicht. Auch am Rechenzentrum etwa gibt es jetzt Musikreihen. Jeder macht seins und dabei könnte man damit ganz gut gemeinsam die Herzkammern füllen.

Einen erneuten Versuch der Vernetzung gibt es ja jetzt bereits: „KulturMachtPotsdam“.

Dühn: Ja, da beginnt eine neue Vernetzung, um eine Struktur zu schaffen, um sich für die weiteren Herausforderungen der Corona-Krise zu wappnen. Inhaltliche Zusammenarbeit finde ich grundsätzlich auch sehr wichtig. Zum Thema der Entgrenzung: Ja – aber gerade was das Thema Streaming angeht, bin ich sehr skeptisch. Bei der Eröffnungsgala machen wir das, da gibt es Public Viewing. Als kleinen Ersatz für das Straßenfest. Ich finde, was wir machen, ist Livemusik und das kann nichts ersetzen. Was die mediale Vermittlung jenseits der Livemusik angeht, bin ich eher zurückhaltend.

Frau Palent, eine letzte Frage an Sie als nunmehr Außenstehende: Tut Potsdam heute genug für seine Musik?

Palent: Ich denke schon, dass man Musik noch deutlicher fördern könnte. Der Nikolaisaal wird ja zumindest grundgefördert. Da gab es in meiner Zeit auch eine deutliche Entwicklung. Von der Gesamtperspektive her: Wir haben die großen Chöre, die Orchester. Das Filmorchester könnte durchaus eine Förderung von der Stadt bekommen. Da gibt es Dinge, die Entwicklungspotenzial hätten.

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Andrea Palent, geboren 1957 in Leipzig, studierte in Halle Musikwissenschaft. Seit 1983 lebt sie in Potsdam. Sie leitete unter anderem die Musiktheatersparte am Hans Otto Theater. Von 1991 bis 2018 war sie Geschäftsführerin und Künstlerische Leiterin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci, von 2000 bis 2018 geschäftsführende Direktorin des Nikolaisaals.

Michael Dühn, geboren 1977 in Ost-Berlin, ist Musikwissenschaftler. Von 2004 bis 2006 war er Projektleiter bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen, anschließend Orchestermanager am Theater Freiburg und bei den Dortmunder Philharmonikern. Seit 2018 ist er Programmdirektor am Nikolaisaal.

Lena Schneider

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