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Bald auf dem Trockenen. Ab dem Sommer wird die Schwimmhalle am Luftschiffhafen saniert – für die Athleten eine Belastung.
© Klaer

Potsdamer Schwimmsport: Neustart am Luftschiffhafen

Es gab viele Streitigkeiten rund um den Potsdamer Schwimm-Bundesstützpunkt. Nun wird die Struktur neu geordnet, um künftig ein gut zusammenarbeitendes Trainerteam am Standort zu haben. Jörg Hoffmann ist offiziell Chefcoach und auf drei Trainerposten stehen Änderungen bevor.

Die erste Dienstreise in neuer Funktion hätte schlechter sein können. Jörg Hoffmann weilt dieser Tage mit einer Auswahlmannschaft des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) zum Trainingslager auf der Kanareninsel Teneriffa. Am Beckenrand steht er dort als offizieller „Bundesstützpunkttrainer Potsdam“. Am 1. Mai begann sein Vertrag, dessen Unterzeichnung das Ende einer monatelangen, von Streitigkeiten begleiteten Hängepartie darstellte.

Chefbundestrainer Henning Lambertz hat somit seinen Willen durchgesetzt, seinen Wunschkandidaten für die Leitung des nationalen Trainingszentrums in Potsdam bekommen. Jörg Hoffmann, betonte Lambertz stets, sei „trainingsmethodisch innovativ“ und daher genau von dem Format, das es aus seiner Sicht braucht, um den in schwere Wasser geratenen deutschen Schwimmsport wieder auf Erfolgskurs zu bringen. „Ich freue mich über das Vertrauen durch den DSV“, sagte Jörg Hoffmann den PNN via Telefon aus Teneriffa. „Und ich möchte helfen, etwas aufzubauen.“

Nur zwei der bisherigen fünf Trainer machen weiter

Die Bauarbeiten am heimischen Luftschiffhafen haben schon begonnen. Nicht die an der Schwimmhalle. Sie starten erst im Sommer und dauern bei kompletter Schließung der Stätte dann etliche Monate an, was zu einer großen Belastungsprobe für alle Beteiligten des Spitzen- und Breitensports werden dürfte. Vielmehr werkeln die Verantwortlichen jetzt bereits kräftig an den Strukturen für den Potsdamer Schwimm-Bundesstützpunkt. Bisher betreuten an dem Standort fünf Coaches die Athleten von der siebten Klasse bis hinauf in den Elitebereich. Auch künftig wird ein Quintett diese Aufgabe übernehmen, doch das Gesicht des Trainerkollegiums wird sich ändern.

Es bleiben nur zwei Leute: Jörg Hoffmann, der bisher von Bund und Land mischfinanzierter Coach am Luftschiffhafen war und nun vom DSV dort die Chefrolle zugesprochen bekam, sowie Mathias Pönisch als Sportschul-Lehrertrainer. Pönisch ist ein Urgestein des Potsdamer Schwimmsports und pflegt ein gutes Verhältnis zu Hoffmann. Anders ist das bei Marko Letz, Thomas Luckau und Katrin Seitz. Die drei Lehrertrainer liegen im Zwist mit Hoffmann, fühlen sich von ihm trotz der vielen erbrachten Nachwuchstriumphe nicht wertgeschätzt und wehrten sich daher vehement gegen den Ex-Weltrekordler als Vorgesetzten. Der Konflikt sorgte für große Probleme. Potsdam drohte von der Liste der bundesgeförderten Stützpunkte gestrichen zu werden. Ein Szenario, das durch intensive sportpolitische Vermittlung abgewendet wurde.

Thorsten Polensky kommt aus Bonn an die Havel

Weiter geht es für das Trio, das zum Teil selbst Versetzungsanträge gestellt hatte, nun nicht mehr. Katrin Seitz führt ihre Laufbahn in Leipzig fort, Thomas Luckau wird in Luckenwalde tätig sein und Marko Letz wechselt innerhalb des Potsdamer Sportschulsystems zum Modernen Fünfkampf. Die Suche nach neuen Lehrkräften durch das staatliche Schulamt Brandenburg an der Havel läuft. Zwei Stellen sollen zum 1. August besetzt werden. Der dritte freie Trainerposten ist bereits vergeben. Thorsten Polensky bekommt ab dem 1. Juni Hoffmanns bisherige mischfinanzierte Stelle. Er ist Diplom-Sportlehrer, hat die Trainer-A-Leistungssportlizenz im Schwimmen und ist aktuell noch Chefcoach bei den SSF Bonn. „Mit Thorsten Polensky und den Veränderungen bei den Lehrertrainern schaffen wir einen personellen Neustart, der so nötig war“, sagt Harry Kappell, Potsdams Bereichsleiter des Olympiastützpunktes Brandenburg. „Wir sind absolut optimistisch, dass in Zukunft ein sehr gutes Team hier gemeinsam an einem Strang zieht.“

Die Richtung gibt dann Jörg Hoffman vor. Für welche Trainingsgruppen seine Kollegen zuständig sein sollen, habe er konzeptionell bereits ausgearbeitet. „Das müssen wir in der Runde noch endgültig abklären. Es wird jedenfalls klare Strukturen geben“, kündigt Hoffmann an. Allerdings werden sich diese im Trainingsbetrieb erst 2019 richtig verfestigen können, „weil wir durch die Hallenschließung am Luftschiffhafen ein Dreivierteljahr Übergangszeit haben“.

DSV beantragt sieben Schwimm-Bundesstützpunkte

Bis zum 31. Dezember 2018 läuft die Anerkennung Potsdams als bundesgeförderter Schwimm-Standort. Anschließend greift eine neue Struktur. Unlängst stellte der DSV seinen entsprechenden Antrag beim Deutschen Olympischen Sportbund und Bundesinnenministerium, die über den Förderumfang befinden müssen. Demnach sollen Berlin, Essen, Hamburg, Heidelberg, Potsdam und Magdeburg Bundesstützpunkte für die Beckenschwimmer sein, Würzburg für Freiwasserschwimmen. Im Vergleich zur derzeitigen Lage bedeutet das eine Reduzierung um zwei nationale Leistungszentren: Halle/Saale, Leipzig, Wuppertal/Dortmund entfallen – Magdeburg kommt hinzu. Klar formulierter Wunsch des DSV ist allerdings, Magdeburg und Halle in Form eines Doppelstützpunktes zu installieren. Die Konzeptionslinie der deutschen Leistungssportreform ließe dies so aber nicht zu, wird in einer Verbandsmitteilung bedauert. Daher musste die Entscheidung für einen Standort fallen – Magdeburg setzte sich durch, weil es dort die stärkere Trainingsgruppe um Vizeweltmeisterin Franziska Hentke gebe.

Nach der Bekanntgabe der DSV-Bundesstützpunktpläne waren kritische Stimmen zu vernehmen. Nicht zuletzt, weil Potsdam mit auf der Liste steht. Die Sinnhaftigkeit dessen wurde infrage gestellt. Zum Beispiel hinsichtlich der sportlichen Qualität. Sie hat am Luftschiffhafen nachgelassen, weil sich im Zuge der Trainerquerelen die vier Top-Nachwuchsathleten Johannes Hintze, Josha Salchow, Wassili Kuhn und Isabel Gose dem Heidelberger Stützpunkt angeschlossen haben. Nun wird es die Aufgabe von Jörg Hoffmann sein, zusammen mit seinen Trainerkollegen die Kritiker eines Besseren zu belehren. Am besten rechtfertigt man den Förderstatus mit internationalen Erfolgen.

Tobias Gutsche

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