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Auf der Schlussbahn? Es herrscht wieder große Hoffnung, den Bundesstützpunktstatus für den Schwimm-Standort Potsdam in trockene Tücher packen zu können.
© Michael Sohn/dpa

Potsdamer Schwimmsport: Im Wendenkarussell

Reichlich Hin und Her ist in der Debatte um den Potsdamer Schwimm-Bundesstützpunkt zu verzeichnen. Aktuell stehen die Zeichen wieder auf einen guten Ausgang für den märkischen Standort. Dafür wurden viele Gespräche auf sportpolitischer Ebene geführt.

Die Debatte um die Einrichtung eines Schwimm-Bundesstützpunktes in Potsdam hat selbst etwas von einer Schwimmtrainingseinheit. Es geht hin und her, eine Wende jagt die nächste. Die derzeit eingeschlagene Richtung führt dabei wieder in eine positive Zukunft.

Henning Lambertz: "Erfolgversprechende Annäherungen"

Wie die beteiligten Partner den PNN bestätigten, wurde Potsdam nun doch wieder vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) auf die Bundesstützpunkt-Vorschlagsliste gesetzt, die in dieser Woche noch einmal ausgiebig zwischen dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), Bundesinnenministerium (BMI), den Spitzenverbänden und Ländern diskutiert wird. „Danach sollte eine konkretere Aussage über die neue Bundesstützpunktstruktur möglich sein. Endgültig wird sie das BMI aber voraussichtlich erst im September absegnen“, erklärt Andreas Gerlach, Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Brandenburg (LSB).

Er gehörte neben dem märkischen Sportminister Günter Baaske (SPD), der mit seinem Krisengipfel Bewegung in die Sache brachte, zu den wichtigsten Akteuren beim Bemühen, zwischen den nicht auf einer Wellenlänge schwimmenden Parteien – DSV und brandenburgischer Landesverband LSVBB – zu vermitteln. „Es hat mich durchaus beeindruckt, wie unheimlich viel investiert wurde, um eine Lösung zu finden. Insbesondere mit Andreas Gerlach war der Austausch sehr ergiebig“, sagt DSV-Chefbundestrainer Henning Lambertz. Und weiter: „Durch zahlreiche Gespräche ist es zu starken Annäherungen beider Seiten gekommen, die erfolgversprechend sind.“

Stillschweigen zu konkreten Details der Verhandlungen

Auch Sylvia Madeja – die umstrittene LSVBB-Präsidentin – lobt das Engagement aufseiten der Brandenburger Sportpolitik. Landessportbund, Olympiastützpunkt, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport sowie ihr Verband hätten „in einem Gemeinschaftsprojekt eine Einigung mit dem DSV über die Ausgestaltung des geplanten Bundesstützpunktes erzielt“, sagt sie. „Über konkrete Inhalte möchten wir aber zunächst Stillschweigen wahren, solange die Stützpunktanerkennung nicht fix ist.“ Auch die anderen Partner halten sich bedeckt. LSB-Chef Andreas Gerlach macht nur so viel klar: „Bei sachlichen Diskussionen wurde sich darauf verständigt, dass der DSV die komplette Kompetenz für die Entwicklung am Standort Potsdam bekommt. Es werden ihm also alle inhaltlichen Zugriffe auf die Trainingsmethoden zugesichert.“

Diese sogenannte Richtlinienkompetenz, die für eine einheitliche Arbeitsweise der Trainer sorgen soll, liegt dann beim Bundesstützpunkttrainer. Jener Posten hatte den Streit zwischen LSVBB und DSV hochkochen lassen. Der Bundesverband in Person von Henning Lambertz favorisierte den bereits in Potsdam tätigen Jörg Hoffmann, doch das Landespräsidium um Sylvia Madeja sträubte sich dagegen und unterschrieb die Kooperationsvereinbarung vorerst nicht. Mehrfach wurde darüber abgestimmt – immer mit dem Ergebnis, die Kooperation unter diesen Bedingungen nicht eingehen zu wollen. Zwischen Hoffmann und einigen andere Coaches am Luftschiffhafen herrschen Differenzen – der LSVBB sieht ihn daher für nicht geeignet, das Kollektiv zu leiten, und sprach den Wunsch nach einer externen, unvoreingenommenen, frischen Wind bringenden Person für den Führungsposten aus.

Zwei Personalvarianten erscheinen realistisch

Was bedeutet es nun für die Personalentscheidung, wenn erklärt wird, dass man sich einigen konnte? „Es gibt noch keine Personalentscheidung“, betonen Gerlach und Lambertz unisono. Das sei ein Detail, das in Ruhe ausgehandelt werden müsse. Es gebe bereits Überlegungen, die aber nicht öffentlich angestellt werden.

Zwei Varianten erscheinen realistisch. Die erste: Jörg Hoffmann übernimmt das Amt, wofür allerdings eine Klärung bezüglich der Zusammenarbeit mit den anderen Trainern maßgebliche Voraussetzung zu sein scheint. Die zweite: Es wird doch jemand ohne Potsdamer Vorgeschichte eingestellt, der die Geschicke leitet und auch selbst eine Gruppe führt – wobei bei diesem Szenario der von Lambertz hochgeschätzte Hoffmann weiterhin seine Top-Athleten wie den Olympiasiebten Christian Diener betreut. Ähnlich wird es beispielsweise auch in Heidelberg praktiziert, wo der Niederländer Sander Ganzevles neuer Chef am Bundesstützpunkt ist und eine Truppe mit Talenten coacht, während Michael Spikermann wie bisher die Asse um Philip Heintz unter seinen Fittichen hat.

Nationale Aufgabe verbunden mit regionalen Aufräumarbeiten

Wie auch immer die Lösung aussieht – sie hätte zwei elementare Folgen. Einerseits bliebe die Perspektive für das Schwimmen in Potsdam und Brandenburg auf höchstem Niveau erhalten. Fördergelder in Höhe von jährlich rund 300.000 Euro würden fließen, Trainerstellen bekämen eine sichere Basis, Talente könnten ihren Weg vor Ort weitergehen und müssten nicht irgendwann abwandern. Potsdam und die Mark dürften mit ins Wasser, wenn der deutsche Schwimmsport in seine Zukunft aufbricht, und würden nicht am Beckenrand zurückbleiben.

Andererseits wäre die nationale Aufgabe verbunden mit zwingend notwendigen regionalen Aufräumarbeiten. „Generell hat uns die ganze Geschichte geschadet“, sagt LSVBB-Präsidentin Sylvia Madeja. Sie weiß um den Imageverlust. „Wir müssen wieder Vertrauen bei den Vereinen und Eltern herstellen.“ Ob sie diese Herausforderung angehen wird, bleibt abzuwarten. Zuletzt kündigten Clubs an, wegen des drohenden Bundesstützpunkt-Aus einen außerordentlichen Verbandstag beantragen zu wollen, bei der die LSVBB-Spitze abgewählt werden soll. Die Umsetzung ist laut Madeja aber gescheitert, da nicht genügend Vereine zustimmten.

Trainersituation am Standort wird weiterhin beschäftigen

Neben dem Vertrauensrückgewinn an der Basis wird aber auch die Trainersituation am Luftschiffhafen weiterhin beschäftigen. Das grundsätzliche Problem, dass dort dicke Luft untereinander herrscht, ist auch durch eine Unterschrift unter einem Bundesstützpunktvertrag nicht im Handumdrehen weggewischt. Es braucht wohl viel Mediation und Offenheit aller Beteiligten aufeinanderzuzugehen, um das Klima nachhaltig zu entspannen. Nur so erscheint langfristiger Erfolg möglich. Sylvia Madeja ist diesbezüglich „guter Hoffnung“. Sie sagt: „Ich denke, alle werden sich nach den intensiven Monaten wieder zusammenraufen. Wer da nicht mitziehen will, muss sich eben woanders umgucken.“

Von der Qualität der Trainer ist die 200-Meter-Brust-Olympiafinalistin von 1980 jedenfalls überzeugt. „Sie schaffen es, Jugendliche sehr gut auszubilden.“ Beleg dafür sei etwa, dass von 22 deutschen Schwimmtalenten, die für die Ende August in Indianapolis stattfindende Junioren-Weltmeisterschaft nominiert worden sind, gleich fünf vom hiesigen Leistungszentrum kommen: Isabel Gose, Josha Salchow, Wassili Kuhn, Eric Friese und Johannes Hintze. „Was das Potenzial betrifft, ist unser Standort absolut herausragend. Diese jungen Athleten haben es bei uns an die Schwelle zur Erwachsenenspitze geschafft. Und da muss es jetzt weitergehen.“ Möglichst am Bundesstützpunkt Potsdam. Dem Erhalt des wichtigen nationalen Status wird nun wieder optimistisch entgegengesteuert. Es soll die Schlussbahn sein, der finale Anschlag folgen, nicht die nächste Drehung im Wendenkarussel.

Lesen Sie hier: Ja, nein, doch - Eine Chronologie des zähen Ringens um den Potsdamer Schwimm-Bundesstützpunkt

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