Potsdams neuer Oberbürgermeister: Mike Schubert: „Ich will mit den Menschen in der Stadt einen Dialog aufnehmen"
Mike Schubert ist Potsdams neuer Oberbürgermeister. Im PNN-Interview spricht er darüber, was sich im Rathaus ändert - und was nicht.
Herr Schubert, woran werden die Potsdamer bald ganz praktisch merken, dass im Rathaus ein neuer Chef sitzt?
Wir werden zügig ab Anfang nächsten Jahres mit der Bürgersprechstunde beginnen. Es wird aber auch generell viele Möglichkeiten geben, mit dem ,Neuen’ Tuchfühlung aufzunehmen. Ich will mit den Menschen in der Stadt einen Dialog aufnehmen, wie wir Potsdam in den nächsten Jahren gestalten. Zudem hatten die Stadtverordneten regelmäßige Stadtspaziergänge und Bürgerversammlungen gewünscht – das alles wollen wir in ein Paket packen.
Wie gehen Sie mit den Erwartungen vieler Potsdamer um, dass Sie nun schnell für Verbesserungen bei den steigenden Mieten und den Verkehrsproblemen sorgen?
Im Wahlkampf habe ich bei den Potsdamern diese Spur von preußischem Realismus geschätzt, dass man eben nicht die Erwartung hat, dass der Oberbürgermeister über den Heiligen See laufen kann. Man wird nicht alle Probleme sofort lösen können – wir können aber anfangen, gemeinsam Lösungsansätze zu diskutieren. Zum Beispiel lassen sich die Verkehrsfragen in Potsdam nicht mit dem Blick von der Kirchturmspitze lösen, sondern nur mit den Nachbargemeinden.
Sie hatten im Wahlkampf ein gemeinsames Spitzengespräch mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark zum Thema Verkehr angekündigt …
Das hat bereits vor drei Wochen stattgefunden, es waren Vertreter aus vielen Nachbargemeinden und -Landkreisen anwesend, um erste Arbeitsbande zu knüpfen. Die Gespräche sollen auch die Grundlage für das neue Stadtentwicklungskonzept Verkehr sein, für das es auch wieder einen Bürgerdialog geben soll. Es geht auch darum, als Wachstumsregion mit einer starken Stimme gegenüber der Landesregierung aufzutreten
Welche ersten Maßnahmen planen Sie, um die Stadtverwaltung zu modernisieren?
In der Stadtverordnetenversammlung am 5. Dezember werde ich erste Schritte vorstellen. Es wird kein Umbruch sein, aber eine Weiterentwicklung – so soll das Jugendamt im Bildungsbereich integriert werden. Da gibt es viele Schnittstellen.
Stellen Sie sich wegen der geplanten Rückzahlung der zu hoch angesetzten Kitagebühren auf einen Nachtragshaushalt ein?
Wir werden in den nächsten Wochen sehen, was für haushalterische Herausforderungen auf uns zukommen. Ich werbe auch darum, vielleicht auch auf einige schöne Projekte zu verzichten. Wir alle wollen eine Stadtverwaltung, die funktioniert – das braucht zwei Voraussetzungen: Gute Arbeitsbedingungen und genügend Personal. Das kostet auch Geld. Da wünsche ich mir auch einen Mentalitätswechsel.
Was meinen Sie zum Beispiel?
Ich möchte etwa in der Stadtpolitik ein Bewusstsein herstellen, dass jedes neue Projekt und jeder neue Antrag auch Mehrarbeit für die Verwaltung bedeutet – und auch das zu Überlastung sorgen kann.
Mit welcher Mehrheit werden Sie in der Stadtverordnetenversammlung regieren?
Als früherer SPD-Fraktionschef habe ich auf die stabilen Mehrheiten der Rathauskooperation gesetzt. In den vergangenen Jahren als Sozialdezernent habe ich aber auch sehr gut mit den Linken zusammengearbeitet. Das offene Zugehen auf die Fraktionen will ich beibehalten. Und dann wird man nach den Kommunalwahlen im Mai sehen, wie die Mehrheitsverhältnisse sind – dann möchte ich stabile Verhältnisse erreichen. Nichts ist schlimmer, als wenn in der Politik jeden Tag der Kurs gewechselt wird.
Wie regeln Sie Ihre Nachfolge im Sozialdezernat und bis wann?
Kommende Woche werde ich das mit den Fraktionschefs besprechen, ich will das nicht auf die lange Bank schieben. Dazu holen wir uns wieder professioneller Unterstützung von außen. Aber Fakt ist auch: Jeder Kandidat braucht eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung. Wir werden sehen, wie dort vor der Kommunalwahl die Stimmung ist.
Bleibt Harald Kümmel Ihr Büroleiter?
Herr Kümmel hat in den vergangenen Jahren das Büro herausragend geführt. Aber wenn man das so lange mit einem Chef gemacht hat, dann wächst man sehr eng zusammen – dann muss man sehen, ob es für jemand mit dieser Kenntnis und dieser Qualifikation neue Perspektiven gibt, um weiter miteinander im Sinne der Stadt zusammen zu arbeiten.
Werden Sie wie ihr Vorgänger Jann Jakobs in das Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche gehen?
Ich habe bereits vor der Wahl gesagt, dass ich dort andere Lösungen anstrebe, weil ich zwischen den Seiten vermitteln möchte – zwischen jenen, die das Bauwerk kritisch sehen und jenen, die die Chance eines Versöhnungszentrums in den Mittelpunkt rücken. In das Kuratorium muss auf jeden Fall ein städtischer Vertreter entsendet werden. Ich werde mit den Fraktionschefs besprechen, was wir uns vorstellen können – und ob es den Wunsch gibt, dass der Oberbürgermeister doch in das Kuratorium geht oder eine andere Person. Das muss dann aber die Stadtverordnetenversammlung entscheiden. Die Unterstützung der Stadtverordneten braucht jeder städtische Vertreter in dem Kuratorium, sonst sitzt er dort auf verlorenem Posten.
Eine private Frage: Welche persönlichen Dinge bringen Sie in ihr neues Büro mit?
Sofort umziehen wird das Bild meines Schwiegervaters mit der Schnecke drauf – mit dem Leitspruch „Gelassenheit“. Das werde ich als Oberbürgermeister brauchen. Auch einen Kompass von meiner Frau wird seinen Platz finden. Und, ganz wichtig, es wird in dem Büro erstmals ein Laptop stehen.
Das Interview führte Henri Kramer.
Mike Schubert (SPD), 45 Jahre alt, ist Potsdams neuer Oberbürgermeister. Mit seiner Frau Simone und seinen beiden Kindern Clara und Moritz lebt er im Potsdamer Ortsteil Golm.