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Kita-Streit: Rückzahlung für Potsdamer Eltern 2019 möglich: Ein Kompromiss und viel Klärungsbedarf

Nach der Einigung im Mediationsverfahren für die Rückzahlung der Kita-Gebühren meldet sich der Kita-Elternbeirat zu Wort - und rät zu juristischen Schritten. 

Der Kompromiss ist schmerzhaft: Nach der Einigung im Mediationsverfahren um die Rückzahlung zu hoch angesetzter Kitagebühren hat sich am gestrigen Freitag der Kita-Elternbeirat im sozialen Netzwerk Facebook zu Wort gemeldet. Der Kompromiss entspreche laut Beirat „nicht einer vollständig rechtmäßigen Lösung“. Die Eltern sollten nun genau prüfen, ob das Angebot des Mediationsverfahrens in ihren Augen im Einzelfall noch einmal juristisch geprüft werden müsse, heißt es weiter. 

Saubere Lösung nur durch Gerichtsurteil

„Wir tragen das Ergebnis mit“, betonte Wiebke Kahl vom Kita-Elternbeirat auf PNN-Anfrage. Aber: Wer eine saubere Lösung haben wolle, müsse den Klageweg gehen. „Für Eltern, die sich rechtliche Mittel nicht leisten können oder den Weg nicht wollen, ist es aber ein Ergebnis.“  Am Mittwoch war das interne Mediationsverfahren beendet worden, am Donnerstag wurde das Ergebnis von dem Vorsitzenden David Kolesnyk (SPD) im Jugendhilfeausschuss vorgestellt. Nun wird es Anfang November in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht, im Dezember soll der Oberbürgermeister den Stadtverordneten laut Beschluss über die Auswirkungen auf den Haushalt berichten. Im Januar soll feststehen, wie die Rückzahlung abgewickelt werden soll.

Auch der Finanzausschuss muss noch grünes Licht geben

Aus dem Rathaus heißt es, dass die Verwaltung das Ergebnis nun intern diskutieren müsse. Vermutet wird, dass längst nicht alle Stadtverordneten zufrieden sein werden. Auch der Finanzausschuss muss grünes Licht geben. Denn die Stadt soll rund 20 Millionen Euro Gebühren zurückerstatten – ursprünglich hatte der Sozialdezernent und künftige Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) eine Summe von 15 Millionen Euro zugesagt. Die war allerdings noch auf Basis einer Kinderzahl in Kitas und Krippen von 2014 berechnet worden. Inzwischen gibt es mehr betreute Kinder in Potsdam. Hinzu kommt noch ein weiterer Punkt aus dem Mediationsverfahren: Darin hat man sich wie vom Kita-Elternbeirat gefordert, auf das Basisjahr 2010 bei der Berechnung der Rückzahlungen geeinigt. Die Stadt hatte in ihrer ursprünglichen 15-Millionen-Variante, auf die sich Mike Schubert bezog, mit dem Basisjahr 2015 gerechnet. Beim Basisjahr geht es um die Betriebskosten der Einrichtungen in dem jeweiligen Jahr, nach denen die Elternbeiträge errechnet werden.

Insgesamt gab es vier strittige Punkte

Neben dem Basisjahr ging es in dem Mediationsverfahren um drei weitere strittige Punkte, in denen man einen Kompromiss finden musste: Die Mittagessenpauschale, die Geschwisterkindermäßigung und die sogenannte Staffelung der Beitragstabelle. Zwar konnte sich der Kita-Elternbeirat beim Basisjahr durchsetzen, bei der Staffelung der Beitragstabelle allerdings nicht. Das Ergebnis jetzt halte man für nicht sozialverträglich, heißt es vom Beirat. Denn die Beitragsstaffelung bewirkt laut der Kitasatzung von 2016, dass Eltern mit mittleren Einkommen prozentual mehr für die Kita bezahlen müssen, als Eltern mit hohem Einkommen. Der Kita-Elternbeirat wollte bei den Rückzahlungen erreichen, dass Eltern mit mittlerem Einkommen mehr Geld zurückbekommen. Das ist nun aber nicht der Fall. 

Keine Berücksichtigung eines Urteils zur Geschwisterkindermäßigung

Auch ein Urteil des Landgerichts Potsdam zur Geschwisterkindermäßigung erhält keine Berücksichtigung in den jetzt festgelegten Rückzahlungen. In dem Urteil des Potsdamer Landgerichtes aus diesem Jahr geht es um einen missverständlich formulierten Passus in der aktuellen Kitasatzung von 2016. Darin heißt es: „Haben Zahlungsverpflichtete mehrere unterhaltsberechtigte Kinder, verringert sich der Elternbeitrag für Eltern mit einem Kind um jeweils 20 Prozent pro Kind.“ Eltern mit drei Kindern hatten daraus abgeleitet, dass sie nun für ihr erstes Kita-Kind 60 Prozent weniger Gebühren zahlen müssen. Der Kitaträger Arbeiterwohlfahrt (Awo) hatte – unter Berufung auf das Rechtsverständnis aus dem Rathaus – aber nur 40 Prozent Rabatt gewährt. Also hatten die Eltern geklagt und Recht bekommen. Der eigentlich laut dem Urteil zu gewährende Rabatt wird in die Rückzahlung jetzt nicht mit aufgenommen werden. 

Auch die Rückzahlung für 2015 ist noch offen

Nach wie vor ungeklärt ist auch die Rückzahlung der Beiträge für das Jahr 2015. Dafür werde die Verwaltung laut einer Mitteilung aus dem Rathaus einen Verjährungsverzicht erklären. Dann sollen Elternvertreter, Jugendamt und Träger erneut eingeladen werden, um zu klären, wie mit dem noch offenen Jahr umgegangen werden soll. Mike Schubert bedankte sich bei allen Beteiligten für die „konstruktive Arbeit“. Man sei der Lösung einen „großen Schritt näher gekommen.“ Auch David Kolesnyk begrüßte die Einigung. „Es ist klar, dass die Empfehlung ein Kompromiss ist. Es freut uns, dass das zwischen allen Beteiligten möglich war“, sagte er. 

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Wer bekommt wie viel zurück?

Wer sein Kind zehn Stunden in der Krippe betreuen lässt und ein niedriges Brutto-Haushaltseinkommen zwischen 22.001 und 24.500 Euro pro Jahr hat, bekommt laut  Mediationsverfahren für die Jahre 2016, 2017 und anteilig für 2018 27 Euro pro Monat zurück. Bei einem mittleren Einkommen zwischen 64.501 und 67.000 Euro bekommen Eltern 191 pro Monat zurück. Wer das Höchsteinkommen von 152.001 Euro und mehr pro Jahr verdient, erhält 358 Euro pro Monat zurück. 

Weiteres Rechenbeispiel: Wer sein Kind sechs Stunden in einem Kindergarten betreuen lässt, bekommt bei dem genannten niedrigen Jahreseinkommen für 2016, 2017 und anteilig 2018 pro Monat 7 Euro, bei einem mittleren Einkommen 59 Euro pro Monat und mit dem Höchsteinkommen und mehr pro Jahr 105 Euro pro Monat zurück.

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