Neuer Oberbürgermeister: Schubert will ein Potsdam für die Potsdamer
Potsdams neuer Rathauschef bekommt viel Beifall zum Antritt: Wie Mike Schubert ins Oberbürgermeister-Amt startete.
Potsdam - Es war bereits der dritte Oberbürgermeister, dem sie die Amtskette anlegen durfte – die Aufgabe erledigte Birgit Müller, Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, am Mittwochnachmittag routiniert. Vor mehr als 200 Gästen aus Stadtpolitik, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Religion ist Mike Schubert (SPD) im Alten Rathaus in sein Amt als Oberbürgermeister eingeführt worden. „Vergessen Sie dabei nicht die Zeit, in der Sie auf der anderen Seite der Politik gesessen haben“, gab Müller ihm mit auf den Weg – Schubert war fast zwei Jahrzehnte lang von 1998 bis 2016 Stadtverordneter.
Schubert: Toleranz und Mitmenschlichkeit nicht verhandelbar
Wie er Potsdam regieren und was er anders machen will als sein Vorgänger Jann Jakobs, skizzierte der 47-Jährige in seiner Rede, für die es viel Applaus gab.
Toleranz und Mitmenschlichkeit seien für ihn nicht verhandelbar, machte Schubert gleich am Anfang klar. Er wolle, dass „Parolen oder Parteien, die Zwietracht gegen andere Menschen säen, weil diese anders aussehen, anders lieben oder glauben, in Potsdam keinen Platz haben“.
Potsdamer sollen sich an Stadtentwicklung beteiligen
Für seine Politik setzte er drei Schwerpunkte. Bei der Stadtentwicklung will er die Potsdamer wieder mehr ins Boot holen. Trotz der guten Entwicklung in den letzten Jahren habe es immer wieder auch kritische Stimmen gegeben: Schubert nannte etwa die Diskussion um die Wiedergewinnung der historischen Mitte, die auch als „Verlust von jüngerer Baugeschichte und damit auch Verlust von Identität in der Stadt“ gewertet werde. Er erinnerte an Studien zu Kinderarmut, steigenden Wohn- und Lebenshaltungskosten und sozialer Spaltung. Bei all dem handele es sich um „Spannungsanzeichen“ angesichts des Wachstums der Stadt.
Neues Stadtentwicklungskonzept „Potsdam 2030“
Er wolle dagegen einen „Wachstumskonsens in der Stadtgesellschaft herstellen, um den sozialen Zusammenhalt in Potsdam zu garantieren“. Ein neues Stadtentwicklungskonzept „Potsdam 2030“ soll im Dialog mit den Bürgern entwickelt werden, kündigte er an. „Die Stadt verändert sich durch das Wachstum zuerst für die Bewohnerinnen und Bewohner, die hier leben“, so Schubert: „Es ist ihre Stadt und sie sollen entscheiden, wie sich ihre Heimatstadt verändert.“
Ein zweites Ziel sei es, das Vertrauen der Bürger in die Verwaltung wieder zu stärken. Das will Schubert mit Transparenz in der Stadtverwaltung, Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung, besseren Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung und einer Anerkennungskultur im Rathaus erreichen. Das Vertrauen der Bürger in die Verwaltung und in demokratische Institutionen sei „das stärkste Bollwerk gegen Populismus und Extremismus jeder Art“, so der neue Oberbürgermeister.
Wissenschaftliche Kompetenzen mehr mit der Praxis verknüpfen
In Sachen Zukunftsfähigkeit will Schubert die in Potsdam vorhandenen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kompetenzen besser mit der Praxis in der Stadt verknüpfen. Man könne etwa mit den Ernährungsforschern Ideen für gesunde Ernährung für Schulkinder diskutieren oder mit dem VW Design Center und dem Hasso-Plattner-Institut über zukunftsfähige Verkehrslösungen. Andere Städte suchten „Partner für die Stadt von Morgen“ – in Potsdam habe man diese Partner bereits vor Ort. Auch der lokale Klimaschutz sei entscheidend, sagte Schubert.
Angesichts der vielen und großen Vorhaben passte die Bemerkung von Staatskanzleichef Martin Gorholt (SPD), der als erster Gratulant auf die Bühne kam: „Zwischen Worte und Taten darf heute kein Blatt Papier passen.“ Auch die Fraktionsvorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung gratulierten Schubert, die neue Anrede „Herr Oberbürgermeister“ war für sie noch spürbar ungewohnt. Bis auf Die Andere und AfD, die laut Organisatorin Birgit Müller beide zeitlich verhindert waren, sprachen alle Fraktionschefs. Janny Armbruster (Grüne) signalisierte Unterstützung für Schuberts Programm und wünschte sich ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz. Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis) begrüßte vor allem die Ankündigung zur Verbesserungen in der Verwaltung und sagte im Hinblick auf die gute Entwicklung der Stadt unter seinen Vorgängern: „Du hast das Zeug, es noch besser zu machen.“ Matthias Finken (CDU/ANW) nannte die Zusammenarbeit in der Stadtverordnetenversammlung als Hauptaufgabe. SPD-Fraktionschef Pete Heuer fiel es spürbar schwer, die richtigen Worte zu finden – das Verhältnis zwischen ihm und Schubert gilt als schwierig. Er würdigte Schuberts Beitrag zu der in der Ära Jakobs entstandenen Rathauskooperation und erinnerte ihn daran, dass das Stadtparlament nun sein Vorgesetzter ist.
Scharfenberg: „Es gab sogar mal ’ne Rempelei im Plenarsaal"
Versöhnliche Töne schlug ein sichtlich entspannter Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke), ewiger Konkurrent von Jann Jakobs, an. Er erinnerte an die politischen Auseinandersetzungen mit Schubert in der Vergangenheit: „Es gab sogar mal ’ne Rempelei im Plenarsaal – allerdings ohne Blessuren.“ Potsdam sei eine reiche Stadt mit großen sozialen Gegensätzen, „aber auch mit viel Kraft zum sozialen Ausgleich“, sagte Scharfenberg. Wenn Schubert letzteres im Blick behalte, „werden wir auch immer an Ihrer Seite stehen“.