Aus der Stadtverordnetenversammlung Potsdam: Mehr Sicherheit, neue Studentenwohnungen und mehr Hundeklos
Zum letzten Mal nahm Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs an der Sitzung des Stadtparlaments teil. Es gab gute Nachrichten, Kritik an der Räumung der Kleingartensparte Angergrund und emotionale Töne. Ein Überblick.
Potsdam - Eine gute Nachricht zum gesperrten Uferweg am Griebnitzsee hat der noch amtierende Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei seiner letzten offiziellen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung publik machen können. Aktuell habe sich die Stadt mit vier Eigentümern auf den Bebauungsplan zum Uferweg geeinigt – diese hätten nun ihre Klagen zurückgezogen. Damit rücke die Sicherung des Uferwegs zumindest in Teilabschnitten „in greifbare Nähe“, so Jakobs. Weitere Details – um welche Abschnitte es genau geht – nannte er noch nicht. Gegen die Pläne der Stadt klagen mehrere Anrainer, die den einstigen Spazier- und DDR-Postenweg in Babelsberg seit Jahren besetzt halten. Eine Mediation war zuletzt gescheitert, nun muss das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) entscheiden (PNN berichteten). Die PNN geben an dieser Stelle einen Überblick, was sonst noch im Stadtparlament passiert.
Kritik am Angergrund-Investor
Nach der zwangsweisen Räumung der Kleingartensparte Angergrund hat Oberbürgermeister Jann Jakobs das Vorgehen des Wohnungsinvestors Tamax als „unverhältnismäßig“ kritisiert. „Ich bedauere diese Entwicklung“, sagte er in seinem Monatsbericht vor den Stadtverordneten. Jakobs bekräftigte auch, dass das von der Tamax 2014 erworbene Gelände nicht als Bauland ausgewiesen werden solle – was die Vorausetzung dafür wäre, damit die Tamax dort einige hundert Wohnungen bauen kann. Zudem wäre das Gelände als Bauland deutlich mehr wert als jetzt. Anfang der Woche hatte das Berliner Unternehmen die Sparte räumen lassen, wozu sie Gerichtsurteile ermächtigt haben. Angesichts der verfahrenen Lage besteht nun die Gefahr, dass die Fläche ungenutzt brachliegt. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg monierte: „Das ist Kapitalismus pur, was wir hier erleben.“ Die Stadtverordneten wollen die Kleingartennutzung demnächst noch über einen Bebauungsplan festschreiben. Die Tamax drohte bereits mit Klage.
Kritik am Steuerzahlerbund
In seinem Monatsbericht konterte Rathauschef Jakobs auch die Kritik des Steuerzahlerbunds an dem mehr als 40 Millionen Euro teuren Sport- und Freizeitbad blu am Brauhausberg. Der Verein habe „offensichtlich Wissenslücken“ in Finanzierungsfragen des Bades, dessen Kosten die Steuerzahler nicht direkt belasten würden – schließlich hätten die Stadtwerke das Bad bezahlt. Zudem handele es sich um einen Ersatzbau für die alte Schwimmhalle auf dem Brauhausberg – der den stetig steigenden Bedarf einer wachsenden Stadt sichere. Es handele sich nicht um ein „Luxusprojekt“. Zudem könne Potsdam das Bad aus eigener Kraft finanzieren. Dem Steuerzahlerbund warf er eine „neoliberale Geisteshaltung“ vor, die er nicht teile, so Jakobs. Auch Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte, man müsse sich für das Bad-Projekt „nicht entschuldigen“. Die Linke-Fraktion hatte 2012 die stadtweite Befragung zum Standort des Bades durchgesetzt – wobei sich die Mehrheit für die teurere Variante am Brauhausberg und nicht im Potsdamer Norden entschied. Auch die Kritik des Steuerzahlerbunds an diesem Verfahren sei „unangemessen“, monierte Jakobs.
Rathaus soll Überlastung melden
Die Stadtverwaltung soll ab nächstem Jahr regelmäßig über Überlastungsanzeigen und Krankenstand ihrer Mitarbeiter informieren. Das haben die Stadtverordneten am Mittwoch auf Antrag der Linken beschlossen. Anlass war eine aktuelle Antwort der Stadt, wonach in diesem Jahr besonders im Sozialdezernat viele Mitarbeiter angezeigt hatten, dass sie sich ihren Aufgaben wegen der hohen Arbeitsbelastung nicht mehr gewachsen sehen (PNN berichteten). Die Stadtverordneten müssten sehen, wo es im Rathaus Handlungsbedarf gebe, machte der Linke-Stadtverordnete Matthias Lack deutlich.
Längere Baustelle in Babelsberg
Babelsberg - Eine Haussanierung in Babelsberg, die an der Ecke Karl-Liebknecht-/Rudolf-Breitscheid-Straße seit Monaten für Behinderungen sorgt, wird noch bis Ende März erfolgen. Ursprünglich sei die Maßnahme nur bis Ende des Jahres genehmigt gewesen, sagte Baudezernent Bernd Rubelt auf Anfrage von Stadtpräsidentin Birgit Müller (Linke).
Hundeklos für das Bornstedter Feld
Bornstedter Feld - Noch dieses Jahr sollen entlang der Georg-Hermann-Allee im schnell wachsenden Bornstedter Feld neue Hundetoiletten mit Beutelspender aufgestellt werden. Das sagte Baudezernent Bernd Rubelt am Mittwoch auf Anfrage von Horst Heinzel (CDU/ANW).
Neue Studentenwohnungen?
Bornstedt - Das Rathaus soll prüfen, ob im Bereich Pappelallee/Reiherweg auch dringend benötigte Studentenwohnungen entstehen können. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag von SPD und CDU/ANW beschlossen. An dem Standort ist neben einer Schule derzeit auch Wohnbebauung geplant. Die Fläche biete sich auch wegen der Nähe zur Fachhochschule für Studentenwohnungen an, sagte der SPD-Stadtverordnete Uwe Adler.
Probleme in der Ausländerbehörde
Die schwierige Situation in der Ausländerbehörde hat sich immer noch nicht verbessert. Das kritisierte González Olivo, die Vorsitzende des Migrantenbeirats, in ihrem Arbeitsbericht vor den Stadtverordneten. Immer wieder hatte es in den vergangenen Monaten Kritik an der Personalausstattung gegeben, aber auch an den interkulturellen Kompetenzen und der Terminvergabe in dem Amt. Olivo sagte, dass Problem betreffe nicht nur Flüchtlinge, sondern auch ausländische Studenten und Wissenschaftler. Dies müsse Sozialdezernent Mike Schubert (SPD), der künftige Oberbürgermeister, verbessern, forderte Olivo.
8,50 Euro Miete in Krampnitz?
Der Hauptinvestor im geplanten Stadtviertel Krampnitz, die Deutsche Wohnen AG, hält an ihrem Ziel fest, dass dort 8,50 Euro pro Quadratmeter im Durchschnitt als Nettokaltmiete angestrebt werden. Das machte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) auf Anfrage des Linke-Fraktionschefs Hans-Jürgen Scharfenberg deutlich. Allerdings habe das Unternehmen als Bedingung deutlich gemacht, dass die ersten Wohngebäude schon 2021 fertig sein müssen und die Baupreise nicht weiter steigen dürfen. Auf Antrag der Linken war zuletzt im Stadtparlament beschlossen worden, dass die Stadt mit dem Investor möglichst eine verbindliche Zielmiete von 8,50 Euro vereinbaren soll.
Grünes Licht der Kommunalaufsicht
Die brandenburgische Kommunalaufsicht hat der Stadt Potsdam bis 2021 rekordinvestitionen in Höhe von 254 Millionen Euro genehmigt. Das teilte Rathauschef Jakobs mit. Damit könne der Neubau von Schulen und Kitas wie geplant voranschreiten.
Beschlüsse für mehr Sicherheit
Mit drei Beschlüssen wollen die Stadtverordneten die Stadt sicherer machen. Auf Antrag von SPD und CDU/ANW wurde beschlossen, dass in den städtischen Unternehmen alle schweren Lieferfahrzeuge mit elektronischen Abbiegeassistenten ausgestattet werden sollen – um Unfälle zu vermeiden. Geprüft werden soll auch, ob man diese Sicherheitsauflage auch zur Bedingung bei der Ausschreibung von Bauvorhaben machen kann. Beschlossen wurde auch ein Vorstoß von Bürgerbündnis/FDP für mehr Defibrillatoren in der Stadt, gerade in den Ortsteilen. Zudem sieht der Beschluss eine neue Notfall-App vor, die den nächsten Standort für Defibrillatoren zeigen soll. Auf Antrag der Linken sollen weiterhin eintausend Notfalldosen erworben werden, gerade für ältere Menschen. In diesen sollen wichtige Patienteninformationen verpackt werden.
Zusatz-Millionen für „Go:In II“ abgesegnet
Die Stadtverordneten haben die 3,2 Millionen Euro Mehrkosten für den Bau des neuen Gründerzentrums „Go:In II“ in Golm mit großer Mehrheit abgesegnet. Für diesen Sofortbeschluss warb Jakobs, es gehe um dringend benötigte Büro- und Laborflächen. Ein Antrag des Stadtverordneten Horst Heinzel (CDU), die Mehrkosten zumindest noch einmal im Finanzausschuss zu debattieren, fand keine Mehrheit. Das Projekt kostet mittlerweile 15,2 Millionen Euro, Grund sind die steigenden Baupreiskosten. Die Stadt sieht die Mehrkosten als gerechtfertigt an, sonst könnten Unternehmen abwandern. Das Land hatte das Grundstück für den Bau kostenlos an die Stadt übertragen.
Jakobs nimmt Abschied
Emotional wurde es am Abend: Der scheidende Oberbürgermeister Jann Jakobs wurde mit Blumen und einem Gruppenfoto als Andenken von den Stadtverordneten verabschiedet. Die Vorsitzende Birgit Müller (Linke) sagte, sie sehe es schon vor sich, wie Jakobs die Sitzungen künftig im Livestream verfolge, während er an einer Modelleisenbahn bastele. 16 Jahre hat Jakobs als Oberbürgermeister dem Gremium angehört, vorher hatte er seit 1997 als Sozialbeigeordnter an den Sitzungen teilgenommen. „Ich habe nicht mal eine Handvoll verpasst“, sagte er. Jakobs würdigte den Grundkonsens der demokratischen Parteien im Umgang mit Minderheiten und im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit. „Halten Sie daran fest.“ Für die Zukunft wünschte er den Stadtverordneten eine bessere Arbeitsökonomie. Sitzungen sollten vier, maximal fünf Stunden dauern. „Das ist auch besser für die Atmosphäre.“
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