Babelsberg: Immobilienfirma ließ Kleingartensparte Angergrund räumen
Die Immobilienfirma Tamax ließ am Montagmorgen die ersten Gärten der Babelsberger Kleingartensparte Angergrund räumen. Sie plant dort Wohnungen zu bauen. Doch die Firma hat gar kein Baurecht.
Potsdam - Eskalation an der Dieselstraße: Mit Hilfe von Polizei und einem Schlüsseldienst hat der Wohnungsbauinvestor Tamax am Montagmorgen die Babelsberger Kleingartensparte Angergrund räumen lassen. Laut Spartenchef Andreas Fischer ließ die in Berlin ansässige Tamax die Schlösser austauschen, so dass die Gärtner nicht mehr ihre Parzellen besuchen können. „Ich habe schon einige Nutzer angerufen, die ersten Tränen sind geflossen“, sagte Fischer in einer ersten Stellungnahme vor Ort. „Ich bin stinksauer.“
Nun bestehe die Gefahr, dass das Areal – weil die Tamax bisher kein Baurecht hat – als Brachfläche „vor sich hingammelt“. „Damit haben beide Parteien verloren.“
Wie berichtet will die Immobilienfirma Tamax, der ein Großteil des Areals der 30 Parzellen umfassenden Gartensparte gehört, dort Neubauten mit bis 500 neue Wohnungen errichten. Allerdings besteht kein Baurecht, im seit 2013 geltenden Flächennutzungsplan ist das Areal zwischen Nuthestraße und verlängerter Friesenstraße als „Grünfläche - Dauerkleingärten“ ausgewiesen. Erst im September hatten die Stadtverordneten angesichts des eskalierenden Konflikts mit breiter Mehrheit beschlossen, die Fläche zusätzlich mit einem Bebauungsplan zu sichern. „Spekulationen auf eine künftige bauliche Nutzung entbehren jeder realistischen Grundlage“, hieß es in dem Beschluss.
Doch die Tamax gibt nicht auf, wie aktuelle Schreiben des Unternehmens an die Stadtverordneten zeigen – die den PNN vorliegen. Es sei das Recht der Firma mit ihrem Eigentum „nach Belieben“ zu verfahren, heißt es da. Dies sei auch vor Gericht schon bestätigt worden.
Tamax: Potsdam braucht dringend Wohnraum
Auch die geplante Schaffung von in Potsdam dringend benötigtem Wohnraum sei nicht verwerflich, machte Tamax-Geschäftsführer Kai-Uwe Tank deutlich. Am jetzigen Zustand, dass die Nutzer ihre Gärten herauszugeben hätten, würde auch der geplante Bebauungsplan nichts ändern, heißt es in dem Schreiben von Anfang November weiter. So hatte die Tamax im vergangenen Jahr ein wegweisendes Gerichtsurteil erwirkt, demzufolge der Kreisverband Potsdam der Garten- und Siedlerfreunde (VGS) nicht rechtmäßiger Zwischenpächter der Fläche ist. Das Gericht argumentierte, dass der VGS nicht der Rechtsnachfolger des DDR-Kleingartenverbandes sei. Die Sparte war in den 1970er Jahren, und damit noch zu DDR-Zeiten, gegründet worden.
Tamax nennt Kleingärtner "rechtsgrundlose Besitzer"
2014 hatte Tamax das Areal vom Voreigentümer erworben, nennt die Kleingärtner nun „rechtsgrundlose Besitzer.“ Weiterhin klagt Tank, die Tamax habe bereits Drohbriefe einer sogenannten „Interventionistischen Linke“ erhalten, die auch persönliche Bedrohungen enthalten hätten. Daher habe man Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt. In einem weiteren Tamax-Schreiben an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) von Anfang Oktober heißt es weiter, gegen den geplanten Bebauungsplan werde man sich „mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen. Zudem wirft der Potsdamer Anwalt der Firma, Detlev Schulz, der Stadt und den Kleingärtnern vor, einen möglichen sozialverträglichen Kompromiss einer befristeten Weiternutzung des Areals ausgeschlagen zu haben.
Zudem würde gegen die Tamax Stimmung gemacht, auch von örtlichen Kommunalpolitikern, moniert Jurist Schulz. So seien „völlig unhaltbare Hoffnungen“ auf den Verbleib der Flächen geweckt worden, gerade von Seiten der SPD und der Linken. Zudem erhebt der Tamax-Anwalt den Vorwurf, die Firma solle dazu gedrängt werden, die Flächen an die Stadt Potsdam zu verkaufen – damit das Rathaus diese Areale mit Gewinn selbst vermarkten könne.
Babelsberg werde "behutsam nahverdichtet"
Auf ihrer Website schreibt die Tamax, mit dem geplanten Bauvorhaben würde Babelsberg „behutsam nachverdichtet“. Wie verhärtet die Fronten sind, zeigte sich am Montag auch vor Ort. Spartenchef Fischer kritisierte, hier werde rücksichtlos das „Recht des Stärkeren“ durchgesetzt.
Und der ebenfalls vor Ort anwesende Linken-Bundestagsabgeordnete Norbert Müller sprach via Twitter vom „Manchester-Kapitalismus“ eines Berliner Immobilienhais.
Anwalt Schulz wollte sich vor Ort nicht äußern – und erteilte Pressevertretern ein Hausverbot für den Angergrund. Dieses setzte er dann mit Hilfe der Polizei durch.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität