Diskussion zur Potsdams Mitte: Fachhochschule Potsdam: Weg oder nicht weg?
Wie soll das Gesicht Potsdams zukünftig aussehen? Darüber diskutierten die Bürgerinitiativen zur Potsdamer Mitte. Eins wurde bei der Veranstaltung deutlich: Die Kontroversen um den Stadtumbau werden weitergehen.
Potsdam - Von Kahlschlagsanierung war die Rede. Sogar von einem Skandal, der „komplett unfassbar“ sei. Auf einer von der jungen Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ und der Kulturlobby organisierten Diskussionsveranstaltung zum Thema Umbau der Potsdamer Mitte prallten am Samstagabend einmal mehr die konträren Vorstellungen zur Gestaltung der Innenstadt aufeinander.
Im Zelt der Kulturnomaden, das man in der „Stadt für eine Nacht“ an der Schiffbauergasse aufgeschlagen hatte, debattierten Vertreter Potsdamer Bürgerinitiativen und andere Interessierte über das künftige Gesicht der Landeshauptstadt.
Fachhochschule Potsdam ist Kernstück des Streits
Während manche – unter ihnen Barbara Kuster von der Initiative Mitteschön – für die Wiederannäherung an den historischen Stadtgrundriss aus dem 18. Jahrhundert plädierten, warnte Frauke Röth als Sprecherin der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ davor, die Nachkriegsentwicklung der einstigen DDR-Bezirkshauptstadt durch das Schleifen wenige Jahrzehnte alter Gebäude architektonisch negieren zu wollen. Im Zentrum des Streits: der geplante Abriss des Gebäuderiegels der Fachhochschule zwischen Bildungsforum und Landtag. Bekanntlich soll dort nach dem Willen der Stadtpolitik später eine kleinteilige Neubebauung entstehen.
Das umstrittene Haus mit den markanten Lisenen – also den an der Fassade hervortretenden Betonstelen – sei für sich genommen architektonisch gar nicht das Problem, sagte Willo Göpel von der Initiative Mitteschön. Das Gebäude stehe nur am falschen Ort. In Bezug auf den historischen Stadtgrundriss habe der Bau einen „exekutierenden Charakter“. Im Klartext: Das Fachhochschulgebäude mag architektonisch interessant sein, aber dort, wo es steht, passe es einfach nicht hin. Dies ließ Simon Wohlfahrt – in der Stadt bereits bekannt als Vertreter der Initiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ – nicht gelten: Er beklagte das „Paradigma von der komponierten Stadt“. Wer immer nur auf Potsdam als Komposition des 18. Jahrhunderts verweise, der verhindere damit die architektonische Weiterentwicklung des Zentrums. Der Stadtgrundriss sei kein Naturgesetz, so Wohlfahrt.
Potsdam - eine komponierte Stadt?
Die Kabarettistin Kuster hingegen gab in der Diskussion erneut ein Bekenntnis zum historischen Potsdam ab: „Das ist eine komponierte Stadt“, sagte sie. Und diese Komposition gelte es zu schützen. Landtagsschloss und Fachhochschulgebäude passten nicht zueinander. „Wenn man die Fachhochschule dort stehen lässt, dann ist das irgendwie konfus“, sagte die Mitteschön-Vertreterin.
Also historisch gegen modern? Alt versus neu? Die Diskussion am Samstag zeigte, dass es so einfach wiederum auch nicht ist. Das historische Potsdam sei ein achtenswertes Ensemble, bekannte etwa André Tomczak von „Potsdamer Mitte neu denken“, jener Initiative, die der Annäherung an den historischen Stadtgrundriss zumindest teilweise ablehnend gegenübersteht. Die bauliche Entwicklung des Zentrums zu DDR-Zeiten weise klar eine Schadensbilanz auf, so Tomczak.
"Warum muss alles verschwinden?"
Zugleich warb er dennoch dafür, behutsam mit den Bauten des Sozialismus umzugehen. „Warum muss das alles verschwinden?“, fragte der Kunsthistoriker in Bezug auf den Riegel zwischen Schloss und Bibliothek. Das Konzept des Stadtumbaus sei im Grunde eine Art Kahlschlagsanierung. Tomczaks Initiativen-Mitstreiter Günter zur Nieden sprach sich dafür aus, immer zuerst daran zu denken, welche Nutzungen in der Innenstadt angesiedelt sein sollten. Eine Wissenschaftseinrichtung an zentraler Stelle zu besitzen, sei sehr zeitgemäß, sagte zur Nieden vor den rund 50 Zuhörern. Kuster wiederum merkte an, dass Mitteschön keineswegs eine Stadt voller barocker Puppenstuben wolle.
Radikalere Töne schlug hingegen Wolfram Meyerhöfer von der Wählergemeinschaft Die Andere an: Die Stadt sei gar kein Gesamtkunstwerk. Den geplanten Abriss des FH-Gebäudes bezeichnete der Mathematikprofessor als Skandal. Er halte es für „komplett unfassbar“, öffentliches Vermögen zu vernichten, indem man den Riegel abreiße und die Kosten dafür mit der anschließenden Privatisierung der Fläche wieder hereinholen wolle.
Der Diskussionsabend machte jedenfalls eines deutlich: Die Kontroversen um den Stadtumbau werden weitergehen. Ein nächstes Forum dafür kündigte Frauke Röth bereits an: Am 5. September wolle ihre Initiative eine Tagung zur Nachkriegsmoderne in Potsdam veranstalten.
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