Historische Mitte in Potsdam: Druck in der Mitte
Potsdams Mitte soll wieder so ähnlich werden, wie sie vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war. An der Alten Fahrt wird noch gebaut, doch auch der Wiederaufbau des restlichen Gebiets rückt näher.
Potsdam - „Schau mal, das hat der Friedrich Wilhelm bauen lassen“, sagt die Frau in der beigen Jacke mit dem schwäbischen Akzent. Am Donnerstagabend steht sie neben ihrer Begleiterin mit dem Stadtplan in der Hand am Neuen Markt und richtet ihren Gehstock auf ein Haus. Potsdams historische Gebäude sind für viele Besucher ein Hingucker. Ein paar Meter weiter in der Nagelkreuzkapelle beschäftigt sich ein paar Minuten später die Bürgerinitiative Mitteschön mit der Frage, wie es beim Wiederaufbau von Potsdams Schmuckkästchen weitergehen soll.
Potsdams Mitte soll wieder so ähnlich werden, wie sie vor ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war. So hat es die Stadt 2010 mit dem Leitbautenkonzept beschlossen. Grundlage für den Wiederaufbau ist der historische Stadtgrundriss und die Maßstäblichkeit im Aufriss, die durch Parzellierung und Höhenentwicklung sicherzustellen ist, heißt es darin. Die ersten Schritte sind mit dem Landtagsbau und den Bauten an der Alten Fahrt getan. „Jetzt geht es um den nächsten Abschnitt“, so Moderatorin Natalie Gommert. Gemeint sind damit die Flächen nördlich des Alten Markts, die nach dem für Ende 2017 in Aussicht gestellten Abriss der Fachhochschule frei werden. Und da hat die Bürgerinitiative Bauchschmerzen, wie am Donnerstag deutlich wurde.
Eine originalgetreue Rekonstruktion
Man will Druck für eine weitgehend originalgetreue Rekonstruktion des Ensembles machen, so der Tenor der Veranstaltung: keine Staffelgeschosse, keine bodentiefen Fenster und eine kleinteilige Parzellierung. Es gehe eben nicht nur um die Leitbauten auf den prominenten Eckgrundstücken, deren originalgetreue Rekonstruktion vorgesehen ist. Ein Mittel hat die Bürgerinitiative auch schon ausgemacht: „Eine Gestaltungssatzung ist nützlich. Dann brauchen wir nicht über einzelne Häuser diskutieren“, so Mitteschön-Sprecherin Barbara Kuster. Mit der Satzung könnten Vorgaben zu Fassadengestaltung, Fenstern und Dächern gemacht werden. „Sonst kommt so etwas heraus“, sagt Kuster mit Verweis auf den Entwurf für ein Haus in der Brauerstraße, dessen Fassade „auch in jeder anderen Stadt stehen könnte“.
Die Sorge der Mitteschön-Aktivisten wird auch von Beispielen aus anderen Städten genährt. Projektentwickler Willo Göpel referierte am Donnerstag über Sanierungsgebiete in Lübeck und Frankfurt am Main. Er zeigte auch Fotos der Häuser, die dort errichtet worden. Die eine oder andere zeitgenössische Interpretation norddeutscher Backsteingotik oder hessischen Fachwerks rief bei den Besuchern deutliches Murren hervor.
Unmut über die Alte Post
Beim für die Potsdamer Mitte zuständigen Sanierungsträger steht man den Wünschen der Bürgerinitiative durchaus offen gegenüber. Allerdings sei eine Satzung nicht nötig, weil sich alle Grundstücke in städtischer Hand befinden, sagte Geschäftsführer Bert Nicke den PNN. Beim Verkauf der Flächen könnten Gestaltungsvorgaben in den Kaufverträgen geregelt werden.
Unterdessen regt sich bei Mitgliedern der Bürgerinitiative Unmut über ein prominentes Gebäude, das nicht zum Leitbautenkonzept gehört: die Alte Post. Derzeit laufen Gespräche der Berliner Volksbank mit der stadteigenen Bauholding Pro Potsdam über die Umsetzung der historischen Fassade und der Innenausstattung (PNN berichteten). Dabei gehe es um „leichte Änderungen“ zum vorgesehenen Entwurf des Potsdamer Architekturbüros Bernd Redlich, hieß es am Dienstag. Über den Wiederaufbau der Alten Post hatte es in der Stadtpolitik jahrelang heftige Debatten gegeben. Schließlich beschlossen die Stadtverordneten, es in historischer Anlehnung nach dem Architekten Georg Christian Unger (1743–1799) wiederzuerrichten. Daran will Mitteschön festhalten. „Wir müssen der Volksbank klarmachen, dass das eigentlich ein Leitbau ist“, so Kuster.
Was kommt in die neuen Geschäfte?
Sorgen macht sich Mitteschön indes nicht nur um die äußere Hüllen: Es sei an der Zeit, sich über die künftige Nutzung der Erdgeschosse Gedanken zu machen. Das geltende Einzelhandelskonzept der Stadt schließt für die Umgebung des Alten Markts nämlich sogenannte zentrenrelevante Angebote aus. Übrig bliebe Alltagsbedarf. Neben Nikolaikirche und Landtag könnte sich beispielsweise eine Douglas-Filiale neben einer Imbiss-Kette niederlassen, so die Befürchtung. „Man muss darüber reden, ob man das wirklich will“, so Göpel. Er favorisiere an dieser Stelle eine öffentliche Nutzung. Die Stadtverwaltung könne am besten Platz der Stadt Präsenz zeigen. Auch die Verkehrserschließung müsse bedacht werden. Große Tiefgaragen könnten viel Autoverkehr in die schmalen Straßen locken.
Während für das FH-Gelände noch etwas Zeit zur Diskussion bleibt, könnte es auf der anderen Seite der Friedrich-Ebert-Straße schneller gehen. Anfang September will der Sanierungsträger die Ausschreibung für die Grundstücke Friedrich-Ebert-Straße 122 und 123 starten. Auf der Münchner Immobilienmesse Expo Real sollen die Flächen angeboten werden, sagte Nicke den PNN.
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