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Georg Friedrich Ferdinand Prinz von Preußen.
© Ottmar Winter (Archiv)

Die Hohenzollern wehren sich: Prinz von Preußen fühlt sich zu Unrecht kritisiert

Vorwürfe gegen Georg Friedrich Prinz von Preußen: Das Oberhaupt der Hohenzollern versuche mit Abmahnungen, unliebsame Experten mundtot zu machen, heißt es. Das lässt der Prinz so nicht gelten.

Potsdam - Georg Friedrich Prinz von Preußen will die jüngsten Einschüchterungsvorwürfe nicht gelten lassen. Ein Sprecher wies jetzt Kritik am juristischen Vorgehen der Hohenzollern gegen Wissenschaftler, Politiker und Medien zurück, die Historiker und Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) Mittwoch im Brandenburger Landtag bekräftigt hatten. Es gehöre „offensichtlich zu den stetig wiederkehrenden Legenden“, dass das Oberhaupt des Hauses Hohenzollern gegen missliebige Äußerungen vorgehe, hieß es. Es sei nicht in einem einzigen Fall der Versuch unternommen worden, auf Forschungen basierende Aussagen und damit eine wissenschaftliche Diskussion durch „Abmahnungen“ oder andere rechtliche Maßnahmen zu unterbinden. Inzwischen sind „nahezu alle Verfahren abgeschlossen und rechtskräftig“, sagte der Sprecher. Seit 2019 sei gegenüber Historikern gerichtlich nicht mehr vorgegangen worden. „Lediglich zwei nicht beendete Verfahren laufen noch, weil die betroffenen Historiker den Prinzen von Preußen weiter angreifen wollen.“ 

Wie berichtet, hat es mittlerweile über 100 solcher Unterlassungs- und Abmahnverfahren gegen Medien, Wissenschaftler und Politiker gegeben. Eine Abmahnung kassierte etwa, wer Georg Friedrich Prinz von Preußen  vorwarf, inhaltlich Einfluss auf Ausstellungen und die Geschichtsdarstellung nehmen zu wollen. 

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Stiftungsdirektor berichtet von versuchter Einflussnahme

Im Landtag sagte Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Preußischen Schlösserstiftung, in der jüngsten Anhörung, dass es „einen Berliner Fall“ einer versuchten Einflussnahme der Hohenzollern im Zusammenhang mit der Ausstellung „Frauensache“ im Schloss Charlottenburg gegeben habe: „Dabei ging es um die Verwendung von Fotos, deren Einbindung und Kommentierung in die Erzählung der Ausstellung, ob dies in dieser Form angemessen sei oder nicht“, sagte Vogtherr. In Brandenburg kenne er keine solchen Fälle. 

Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
© Ottmar Winter

Inzwischen fordern zahlreiche Wissenschaftler eine Rücknahme aller Klagen, ehe man mit Georg Friedrich Prinz von Preußen erneut über einen etwaigen Vergleich bei den Entschädigungs- und Rückgabeforderungen seiner Familie an den Bund verhandelt. Der Umgang mit den Forderungen, bei denen es um Millionensummen und tausende Kunstwerke aus Schlossmuseen der Hauptstadtregion geht, beschäftigt weiter die Politik in Brandenburg, aber auch in Berlin und auf Bundesebene. Ebenso der Streit um die juristischen Aktivitäten der Hohenzollern.

Schwierige Verhandlungsgrundlage 

Keine Verhandlungen, ehe die Klagen nicht zurückgenommen worden sind!“, sagte etwa der Historiker Winfried Süß vom Zentrum für Zeithistorische Studien Potsdam (ZZF), der selbst betroffen ist, am Mittwoch im Kulturausschuss des Landtages. „Für mich bedeutet das zum Beispiel, dass ich mich nicht mehr ganz frei fühle“, im Ausschuss bestimmte Fragen zu erörtern. 

Fachministerin Manja Schüle (SPD) bezog dazu eine klare Position: „Ich als Kultur- und Wissenschaftsministerin möchte nicht mit jemandem verhandeln, der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit Klagen einzuschüchtern versucht.“ Nötig sei ein freier offener Diskurs darüber, „die Debatte gehört in die Öffentlichkeit und nicht in die Hinterzimmer“. 

Manja Schüle, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg.
Manja Schüle, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg.
© Annette Riedl/dpa

Schlösserstiftungs-Generaldirektor Vogtherr erklärte: „Ich schließe mich der Auffassung an, dass Verhandlungen erst wieder möglich sind, wenn sämtliche Klagen zurückgezogen werden.“ Er verwies darauf, dass es 2018 ein vertretbares Verhandlungsangebot der öffentlichen Hand gegeben habe, zu dem man zurückkehren könne. Ein Katalog mit Gegenforderungen der Hohenzollern, den diese Zeitung 2019 publik gemacht hatte, war weit darüber hinausgegangen. 

Vogtherr betonte, dass die historische Hohenzollern-Debatte in den öffentlichen Raum gehöre. „Trotzdem wünsche ich mir weitere Verhandlungen.“ Denn es sei auch im Interesse der Allgemeinheit, Kulturgut für die öffentliche Hand zu sichern. Sonst bestehe die Gefahr, dass womöglich Kulturgüter von Weltrang nicht mehr im historischen Kontext und im Unesco-Welterbe gezeigt werden könnten. 

Die Atmosphäre ist vergiftet

Am Vortag hatte bereits die Historikerin Eva Schlotheuber, Vorsitzende des deutschen Historikerverbandes und ebenfalls von einer Abmahnung betroffen, das beispiellose Vorgehen Georg Friedrich Prinz von Preußens gegen Wissenschaftler, Medien und Politiker jeweils nach öffentlichen Aussagen zum Vermögenskonflikt kritisiert. Das „Haus Hohenzollern“ hat dazu immer erklärt, lediglich gegen „Falschbehauptungen“ vorzugehen, was auch jetzt  ein Sprecher wieder bekräftigte. Auch der Cambridge-Historiker und Preußen-Experte Christopher Clark bezeichnet die juristische Kampagne des Preußenprinzen gegen Historiker und Journalisten als „schrecklichen Fehler“. Dies habe die „die Atmosphäre vergiftet“, sagte Clark auf einer Veranstaltung der Linke-Fraktion. „Es ist mit einer freien Debatte über diese öffentlichkeitswichtigen Themen einfach nicht vereinbar.“ 

Ein Entlastungszeuge änderte seine Meinung

Clark war früher ein Entlastungszeuge der Hohenzollern. Er hatte 2014 ein Gutachten vorgelegt, nachdem der frühere Kronprinz Wilhelm dem NS-Regime nicht erheblich Vorschub geleistet habe. „Ich habe meine Meinung geändert“, sagt Clark nun. Es gebe in dieser Frage keinen Historikerstreit. In der Fachwelt herrscht auch nach Aussagen von Schlotheuber breiter Konsens darüber. Wenn der Kronprinz dem NS-Regime erheblich Vorschub geleistet hat, würde nach geltender Rechtslage Georg Friedrich Prinz von Preußen keine Millionenentschädigung für in der sowjetischen Besatzungszone vor 1949 enteignete 64 Immobilien in Brandenburg samt damaligem Inventar (2700 Objekte) erhalten. Die Rechtswissenschaftlerin Sophie Schönberger von der Universität Düsseldorf prophezeite, dass die öffentliche Hand sehr gute Chancen habe, dieses Verfahren am Verwaltungsgericht Potsdam zu gewinnen. 

Christopher Clark, australischer Historiker.
Christopher Clark, australischer Historiker.
©  Arno Burgi/dpa

Stiftungschef Vogtherr wies darauf, dass dies nur einen Teil der Forderungen der Hohenzollern betrifft. Bei anderen Exponaten-Gruppen aus den Beständen der Stiftung spielt nach seinen Worten die Vorschubfrage juristisch keine Rolle. Da gehe es etwa um 1500 Objekte aus den Beständen des früheren, im Krieg zerstörten Hohenzollern-Museums in Berlin, die sich heute in verschieden Schlossmuseen befinden. Und es gehe um die frühere Bibliothek und das Hausarchiv der preußischen Könige (rund 1000 Objekte), wobei es nach seinen Worten bei der Zählweise große Schwankungen gebe. Klar ist die Lage bei 90 Leihgaben, die eindeutig Georg Friedrich Prinz von Preußen gehören.

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