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Schloss Cecilienhof in Potsdam.
© Ottmar Winter

Wende im Hohenzollern-Konflikt: Brandenburg für Vergleich mit Preußenprinz

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) geht auf die Hohenzollern zu: Das Gerichtsverfahren um eine mögliche Millionenentschädigung und NS-Verstrickungen liegt wieder auf Eis. Was steckt hinter dem Schwenk? 

Potsdam - Brandenburgs Kenia-Regierung schwenkt überraschend wieder auf einen Kompromisskurs gegenüber Georg Friedrich Prinz von Preußen ein, der wie berichtet für die Hohenzollern von der öffentlichen Hand eine Millionenentschädigung für frühere Schlösser, ein Wohnrecht im Schloss Cecilienhof und tausende Kunstwerke und Exponate aus Schlossmuseen der Hauptstadtregion gefordert hat.

Wie das Finanzministerium am Montag mitteilte, hat es sich mit den Hohenzollern einvernehmlich darauf verständigt, das beim Potsdamer Verwaltungsgericht anhängige Verfahren um eine Entschädigung für frühere Besitztümer der Familie des letzten deutschen Kaisers ein weiteres Jahr auf Eis zu legen, bis September 2021. Und zwar, so die Mitteilung, auf Wunsch der Hohenzollern und aus Rücksicht auf parallel laufende Vergleichsverhandlungen zwischen der öffentlichen Hand und den Hohenzollern, bei denen es um die Eigentumsfrage um Inventar und Exponate aus Museumsschlössern geht.

Das Finanzministerium wolle Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung "keinesfalls im Weg stehen", erklärte Finanzministerin Katrin Lange (SPD), die damit die Position des Finanzministeriums aus Zeiten ihres Linke-Vorgängers Christian Görke einkassierte. 

Finanzministerin räumt die Position von Linke-Vorgänger Görke 

Zum Hintergrund: Die Hohenzollern klagen seit einigen Jahren gegen einen Bescheid des Finanzministeriums, der eine Millionenentschädigung an Georg Friedrich Prinz von Preußen unter Verweis auf einschlägige Gutachten ablehnt, wonach die Hohenzollern dem nationalsozialistischen Regime "in erheblichen Maße Vorschub geleistet" haben. Nur in diesem Fall kann nach eindeutiger Rechtslage eine Zahlung  verweigert werden, die sonst Immobilienbesitzern quasi automatisch zusteht, die in der sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945 und 1949 enteignet wurden. 

Georg Friedrich Prinz von Preußen. 
Georg Friedrich Prinz von Preußen. 
© Ralf Hirschberger/dpa

Dieses Verfahren lag - so wie jetzt wieder - am Verwaltungsgericht schon einmal auf Eis, bis diese Zeitung und der Spiegel vorigen Sommer enthüllt hatten, dass die öffentliche Hand bereits seit 2014 Geheimverhandlungen mit dem Haus Hohenzollern über tausende Kunstwerke aus Schlossmuseen führt, auf die Georg Friedrich  Prinz von Preußen einen Eigentumsanspruch erhebt. Nach der öffentlichen und politischen Aufregung hatte Görke im August 2019 kurz vor der Landtagswahl das bis dahin ruhende Entschädigungsverfahren am Potsdamer Verwaltungsgericht wieder scharf schalten lassen, um ein Urteil in der Sache, aber damit auch zu den NS-Verstrickungen der Hohenzollern zu erzwingen.  

Mit der Entscheidung von Lange, die der traditionell royal-freundlichen Linie der früheren Brandenburger Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck entspricht, wird eine mögliche Millionenentschädigung nun wieder Teil der gesamten Verhandlungsmasse beim diskreten Poker um einen Vergleich beim Inventar der Schlösser.

Und es gibt nun bis Herbst 2021 keine öffentliche Gerichtsverhandlung, bei denen die Rolle der Hohenzollern im NS-Regime - die entscheidende Frage für eine Entschädigung - im Mittelpunkt stehen würde. Laut Mitteilung des Finanzministeriums waren es die Hohenzollern, die jüngst im Juli eine Verlängerung der am 18. August abgelaufenen Anhörungsfrist um zwölf Monate beantragt hatten. Das Gericht hatte keine Einwände, zitiert das Finanzministerium aus dem Justiz-Schreiben, „da bei einem endgültigen Scheitern der – sinnvollen – Vergleichsverhandlungen das Verfahren ohne weiteres fortgeführt werden kann“.

Die Hohenzollern wollen Entschädigungen nicht allein für Immobilien und Inventar 

Wie das Finanzministerium weiterhin mitteilte, hat es in diesem Zuge gleich ein weiteres Verwaltungsverfahren auf Grundlage des Ausgleichsgesetzes mit den Hohenzollern erst einmal auf Eis gelegt, ebenfalls auf deren Wunsch eine Fristverlängerung um ein Jahr gewährt.

Es gehe um ein Verfahren, bei denen das Finanzministerium "den Bevollmächtigten des Hauses Hohenzollern am 5. August 2019 einen ablehnenden Bescheidentwurf übersandt und zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben" hatte. Die lief jetzt ebenfalls ab. Details werden nicht genannt: Nach Informationen dieser Zeitung handelt es sich bei diesem Verfahren um Forderungen des Preußenprinzen, auch für früheres Geldvermögen, das zwischen 1945 und 1949 enteignet wurde, eine Entschädigung der öffentlichen Hand zu erhalten. Und zwar für Wertpapiere, Hypotheken, Bankguthaben, die die Hohenzollern kurz nach Kriegsende in der sowjetischen Besatzungszone besaßen.  Alles ist penibel aufgelistet, nach Informationen dieser Zeitung ist selbst eine damalige Forderung der Hohenzollern über 692,56 Reichsmark gegenüber einer Holzschuhmacher-Genossenschaft aus der Uckermark mit aufgelistet. 

Auch in diesem Verfahren hatte das Finanzministerium in dem Bescheidentwurf vom Sommer 2019 eine Zahlung unter Verweis darauf abgelehnt, dass die  Eigentümer der NS-Diktatur „in erheblichem Maße“ Vorschub geleistet haben. 

Das Haus Hohenzollern braucht noch Zeit

Wie bei den Immobilien stützte das Finanzministerium sich auf Gutachten der Historiker Stephan Malinowski und Peter Brandt, Sohn des früheren Bundeskanzlers. Wie das Finanzministerium nun mitteilte, haben die Hohenzollern zur Begründung der Fristverlängerung sowohl auf die „fortdauernden Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung“ als auch auf das Erfordernis „weitergehender historischer Recherchen“ zum aktuellen Forschungsstand verwiesen. Im Klartext: Das Haus Hohenzollern braucht noch Zeit, um die Historiker-Gutachten der öffentlichen Hand zu entkräften.

Wie berichtet, hat das Haus Hohenzollern zudem seit fast einem Jahr einige Dutzend juristische Auseinandersetzungen, um Unterlassungserklärungen, gegen Medien der ganzen Bundesrepublik, Historiker und Politiker geführt, was etwa Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) öffentlich kritisiert hatte.  Der Hohenzollern-Konflikt, den der Satiriker Jan Böhmermann in einer Sendung bundesweit ins Rampenlicht hob, hatte voriges Jahr immer größere Wellen geschlagen und den Bundestag beschäftigt.

Dass sie die Fristen in beiden Verfahren verlängern lässt, begründete Finanzministerin Lange nun so: Damit sei "allen Beteiligten auf beiden Seiten zeitlich Luft verschafft, um sich noch einmal sehr eingehend und wohlüberlegt mit der nicht einfachen Thematik zu befassen", sagte sieEs laufe nichts weg, das Finanzministerium übe sich in der Tugend der Geduld.   Zudem sei damit "auch dem Anliegen des Bundes entsprochen, der bereits Ende letzten Jahres zutreffend darauf hingewiesen hatte, dass es schlecht möglich sei, einerseits Gespräche über eine Verhandlungslösung und andererseits gleichzeitig die Auseinandersetzung vor Gericht zu führen". Tatsächlich hatte der Bund Ende 2019 Brandenburg ultimativ dazu aufgefordert, was Schüle ebenfalls zurückgewiesen hatte. 

Die Linken reagierten am Montag prompt auf den Schwenk des Finanzministeriums: Obwohl vorinstanzliche Gerichtsentscheidungen sowie namhafte Sachverständige und Historiker die Position des Finanzministeriums Brandenburg bestätigt haben, räume man nun "ohne Not die bisherige Verhandlungsposition", sagte Parteichefin Anja Mayer.  "Diese Entscheidung ist politisch falsch und fatal." Die Linken fordern ein sofortiges Ende der Vergleichsverhandlungen mit den Hohenzollern. 

Georg Friedrich Prinz von Preußen hatte  sich öffentlich für eine gütliche Einigung ausgesprochen, auch über seinen Sprecher. Dabei hat das Haus Hohenzollern mehrfach erklärt, dass ein Vergleich an der Frage des Wohnrechts  für das Schloss Cecilienhof nicht scheitern werde. Die Forderung selbst wurde aber nicht zurückgenommen. Am Montag reagierte das Haus Hollenzollern mit einem Lob auf den Regierungsschwenk in Potsdam. „Die brandenburgische Finanzministerin Katrin Lange bemüht sich offenkundig um eine Lösung in der Sache“, sagte ein Sprecher. Sie greife eine Äußerung des Verwaltungsgerichts Potsdam auf, das Vergleichsverhandlungen für "sinnvoll" erachte. „Frau Lange nimmt damit eine Haltung ein, die sich deutlich von der ihres Vorgängers unterscheidet“. Damit sei „eine zentrale Voraussetzung“ für die Fortführung sachgerechter Gespräche gegeben.  Fortsetzung folgt. 

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