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Alternativvorschlag der Synagogengemeinde von Ud Joffe zur Potsdamer Synagoge
© Rendering: Patzschke & Partner

Neue Pläne und schwere Vorwürfe: Alternativer Vorschlag für Potsdamer Synagoge vorgestellt

Im Streit um das Potsdamer Synagogenbauprojekt hat Ud Joffe Ideen für eine alternative Gestaltung vorgelegt. Doch dafür dürfte es zu spät sein.

Potsdam - Der Streit um das Synagogen-Bauprojekt in der Potsdamer Innenstadt ist noch nicht vorbei. Am Freitag stellte Ud Joffe, der Vorsitzende der Synagogengemeinde, einen alternativen Entwurf für die Fassade des geplanten Gotteshauses vor. Die Skizzen wurden vom Berliner Architektenbüro Patzschke und Partner erstellt. 

Die Synagogengemeinde und der Landesverband West der Jüdischen Kultusgemeinden protestierten damit gegen die Baupläne des Kulturministeriums und den Entwurf des Architekten Jost Haberland. Allerdings scheint das keine Auswirkungen mehr auf den weiteren Fortgang des Projektes zu haben. 

Schwere Vorwürfe gegen Landesregierung

Die Synagoge hätte längst gebaut werden können, sagte Ud Joffe, und zwar “ohne Streit”, wenn nur die Synagogengemeinde die Bauherrschaft innegehabt hätte. Dass das Gotteshaus aber bis heute immer noch nicht stehe, sei vor allem die Schuld der Landesregierung. Joffe warf dem Kulturministerium vor, die Potsdamer Juden zu spalten und zu gängeln. Auch viele Medienberichte seien unfair gewesen.  

Ud Joffe ist der Vorsitzende der Synagogengemeinde und spricht auch für den Landesverband West, wenn es um die Synagoge geht.
Ud Joffe ist der Vorsitzende der Synagogengemeinde und spricht auch für den Landesverband West, wenn es um die Synagoge geht.
© Andreas Klaer

Dann zeigte Joffe gerenderte Bilder des Architektenbüros. Sie zeigen eine Fassade mit großen, farblich gestalteten Fenstern. Die Eingangstür ist höher als die im Haberland-Entwurf. In oberen Stockwerken sind bodentiefe Fenster zu erkennen. Joffe sagte, in die Skizzen seien die Ergebnisse verschiedener Workshops miteingeflossen, bei denen Potsdamer Juden in den vergangenen Jahren Vorschläge gemacht hätten. 

Haberland habe diese Ideen systematisch übergangen, sagte Joffe. Albert Bravo, der Vorsitzende der kleineren Gemeinde "Kehilat Israel" und der Rabbiner Nachum Presman stärkten Joffe bei dessen Fundamentalkritik den Rücken, ebenso wie der evangelische Potsdamer CDU-Politiker Wieland Niekisch. 

Architekt möchte Änderungen einbringen

“Die Skizzen sind in nur vier Wochen entstanden”, sagt der Architekt Robert Patzschke den PNN. Er sei einem “Hilferuf” des Landesverbandes West nachgekommen.  “In den letzten Jahren ist viel passiert”, sagt er über den äußerst komplexen Streitfall um das Bauprojekt. Ein Teil der Potsdamer Juden fühle sich von den Planungen nicht mehr repräsentiert. 

Mit seinen Skizzen wolle er einen Beitrag zu einem “wohlwollenden Dialog” leisten. Es handle sich aber nicht um einen vollständigen Gegenentwurf, sondern lediglich um eine “Gestaltungsstudie”, betont Patzke. “Ob am Ende ein Auftrag daraus wird, ist erstmal zweitrangig.” Noch seien jedenfalls Änderungen am Entwurf möglich. “Es ist ja noch nichts passiert auf der Baustelle.” 

"Absoluter Realitätsverlust"

Genau das sei das Problem, entgegnet Alexander Kogan, der für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden Land Brandenburg spricht. “Wir müssen endlich bauen”, sagt er. Vor allem die älteren Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam (JGSP) sowie der kleineren Adass Israel zu Potsdam würden sich wünschen, die Fertigstellung noch zu erleben. 

“Joffe leidet unter einem absoluten Realitätsverlust.” Die Mehrheit der Potsdamer Juden stünde hinter dem Bauprojekt in seiner jetzigen Form. Die Planung sei abgeschlossen, die Finanzierung geregelt. Für Änderungen sei es nun zu spät.  

Kogan wollte die Grundsteinlegung eigentlich bereits im letzten Jahr durchführen und den Haberland-Entwurf trotz des Widerstands der Fraktion um Ud Joffe durchsetzen. Dazu hatte er beide Landesverbände an einen Tisch geholt. Doch dann war es Joffe überraschend gelungen, den Vorsitzenden des Landesverbands West, Feliks Byelyenkow, auf seine Seite zu ziehen

Noch ist nicht viel passiert auf dem Baugrundstück. 2011 wurde ein Projektstopp verhängt.
Noch ist nicht viel passiert auf dem Baugrundstück. 2011 wurde ein Projektstopp verhängt.
© Bernd Settnik/dpa-Zentralbild/ZB

Daraufhin war die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam aus dem Landesverband West ausgetreten und in den anderen Landesverband gewechselt. Trotz der vielen Zerwürfnisse und Spaltungen werde die neue Synagoge, sobald sie erst einmal gebaut sei, allen Juden offenstehen, beteuert Kogan. 

Provokative Worte im Vorfeld

Bereits im Vorfeld hatte die Veranstaltung für Wirbel gesorgt. Der Aufruf dazu war mit Vorwürfen in Richtung der Politik und markigen Formulierungen gespickt. Religiöse Menschen würden vom Staat willkürlich in die Kategorien „willig“ und „unwillig“ geteilt, hieß es da. Von einem “Entmachtungsgesetz der Potsdamer jüdischen Gemeinden” war die Rede. 

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) kritisierte die provokative Wortwahl und rief den Landesverband West zur Mäßigung auf. Die Landeshauptstadt stünde hinter dem Neubauprojekt, teilte er am Donnerstag mit.  

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Das Kulturministerium möchte das Bauvorhaben mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) umsetzten. Das hatte Kulturministerin Manja Schüle (SPD) im Februar auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Josef Schuster, dem Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und ZWST-Präsident Abraham Lehrer bekanntgegeben. Baubeginn soll demnach noch in diesem Jahr sein und die Eröffnung soll 2024 stattfinden. 

Das Kulturministerium hält weiterhin am Haberland-Entwurf fest. Der von Joffe präsentierte Vorschlag sei im Ministerium bisher nicht bekannt gewesen und ändere nichts an der Sachlage, teilt Sprecher Stephan Breiding auf Anfrage mit: “Die Entscheidung zum Bau der Synagoge ist gefallen und wird jetzt umgesetzt.”

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