Streit um Bauprojekt: Der lange Weg zur Synagoge in Potsdam
Noch in diesem Jahr soll der Bau der Synagoge an der Schloßstraße beginnen. Doch ob der jahrelange Streit um das Projekt gelöst ist, muss sich erst noch zeigen. Derzeit sieht es nicht so aus.
Potsdam - Mit der Entscheidung der Landesregierung, den Synagogenbau in Potsdam mit der Zentralwohlfahrtstelle und dem Zentralrat der Juden in diesem Jahr umzusetzen, ist Potsdam der Errichtung einer Synagoge so nah wie noch nie. Die Nachricht stößt zwar auf viel Zustimmung sowohl von jüdischen Gemeinden als auch im politischen Raum. Doch der jahrelange Streit um das Projekt ist nicht befriedet. Es gibt auch Widerspruch.
Mit der Synagogengemeinde stellt sich eine der beiden großen jüdischen Gemeinden in der Stadt gegen den von Kulturministerin Manja Schüle (SPD) präsentierten Plan. Ihr Vorsitzender Ud Joffe reagierte am Donnerstag aufgebracht auf die Nachricht. Das Vorgehen der Landesregierung sei ein Skandal, so Joffe. Sie spiele die jüdischen Gemeinden gegeneinander aus. Seine Gemeinde werde in der nächsten Woche einen eigenen Vorschlag machen, wie der Synagogenbau umgesetzt werden kann. Außerdem kündigte er juristische Schritte an. Seine Gemeinde sei an der Konzeption maßgeblich beteiligt gewesen. Die Landesregierung vergehe sich am geistigen Eigentum.
Tatsächlich ist die Synagogengemeinde weder Mitglied im Zentralrat der Juden noch im Landesverband der Jüdischen Gemeinden, der das Gebäude drei Jahre nach Fertigstellung aus den Händen der Zentralwohlfahrtstelle als Betreiber übernehmen soll. In die am Donnerstag vorgestellte Einigung war auch der Landesverband West, zu dem die Synagogengemeinde gehört, nicht eingebunden. Dabei sollte dieser noch im vergangenen Jahr das Projekt gemeinsam mit dem Landesverband der jüdischen Gemeinden durchführen. Doch der Versuch scheiterte.
Gemeinde hat Verband gewechselt
Die Jüdische Gemeinde zu Potsdam (JGP) und die Gemeinde Adass Israel Potsdam zeigten sich hingegen erleichtert. Man sei froh, dass es dem Land gelungen ist, eine Lösung zu finden, die den Bau der Synagoge in Potsdam nun endlich ermöglicht, hieß es am Donnerstag. Die Synagoge sei eine zentrale Voraussetzung, damit sich jüdisches Leben und jüdische Religion in Potsdam entfalten kann. "Wir haben mit der Zentralwohlfahrtsstelle einen guten Partner und wünschen uns eine vertrauens- und respektvolle Zusammenarbeit." Die JGP hatte zum Jahreswechsel den Landesverband West verlassen und war zum Landesverband der jüdischen Gemeinden gewechselt.
Aus der Landespolitik war am Donnerstag viel Zuspruch zu vernehmen. Nach vielen gescheiterten Versuchen sei es Kulturministerin Manja Schüle gelungen, mit der Einbindung des Zentralrats und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland wichtige Vertragspartner für den Synagogenbau in Potsdam zu gewinnen, sagte der religionspolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag Andreas Büttner. "Meine Hoffnung ist, dass die in diesem Jahr zu errichtende Synagoge in Potsdam eine Synagoge für alle Gemeinden in Potsdam sein wird, die auch von allen Gemeinden angenommen wird."
In der Regierungskoalition war man sich einig: Mitten in der Stadt werde nun 83 Jahre nach Zerstörung der alten Synagoge in der Reichspogromnacht das jüdische Leben ein neues Zentrum in Potsdam erhalten, so er kirchenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Johannes Funke. Viele andere Städte in Deutschland seien diesen Schritt längst gegangen, auch in den neuen Bundesländern. "Die Bedeutung des Synagogenneubaus für Potsdam und Brandenburg kann kaum überschätzt werden", sagte die Potsdamer Landtagsabgeordnete Marie Schäffer (Bündnisgrüne).
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Auch aus der CDU kam Zustimmung: Mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland sei ein neutraler jüdischer Vermittler von außen gefunden worden, der für die nächsten drei Jahre den Betrieb übernimmt. "Dadurch ist hoffentlich gewährleistet, dass sich alle jüdischen Gemeinden im Synagogenzentrum wiederfinden können", sagte der religionspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion André Schaller.
Alte Synagoge 1938 von Nazis verwüstet
Die alte Synagoge hatten die Nazis in der Pogromnacht 1938 verwüstet. Für die Mitglieder der damaligen Gemeinde folgten Ausgrenzung, Enteignung und Vernichtung. Wer konnte, floh ins Exil. Am 11. Januar 1942 wurden die letzten 40 Potsdamer Juden nach Riga deportiert. Im April 1945 wurde die Synagoge bei einem alliierten Luftangriff getroffen und brannte vollständig aus. Die Ruine neben der Hauptpost am heutigen Platz der Einheit wurde nach dem Krieg abgerissen. Heute steht dort ein Wohnhaus. Während der gesamten DDR-Zeit gab es kein jüdisches Leben in Potsdam. Das kehrte erst Anfang der 1990er-Jahre mit der Zuwanderung aus der ehemaligen UdSSR wieder zurück. Laut der Universität Potsdam leben heute etwa 400 jüdische Familien mit insgesamt etwa 1200 Personen in Potsdam.
Um die Rückkehr jüdischen Lebens zu fördern, verpflichtete sich das Land Brandenburg 2005, den Neubau einer Synagoge mit rund fünf Millionen Euro zu fördern. In einem EU-weiten Architektenwettbewerb setzte sich Jost Haberland gegen 25 Mitbewerber durch. Die Baugenehmigung erfolgte 2010, eigentlich sollten die Arbeiten bis April 2012 abgeschlossen sein. Doch das mit viel Enthusiasmus gestartete Projekt geriet ins Stocken. Ein Teil der Gemeinde lehnte das Gesamtkonzept ab und wollte mehr Wert auf religiöse Tradition und Praxis legen. Diese Fraktion spaltete sich noch 2010 ab und gründete die Synagogengemeinde Potsdam.
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