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Keinen Schutz, keine Medikamente - und Angst vor Corona treibt die Menschen in Idlib um.
© Aaref Watad/AFP

Die Coronavirus-Krise und der Syrienkonflikt: „Wenn das Virus Idlib erreicht, ist es nicht mehr aufzuhalten“

Im syrischen Idlib fürchten die Vertriebenen die Coronavirus-Epidemie. Und Erdogan will mit Merkel und Macron über die Flüchtlingskrise verhandeln - per Video.

Wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an diesem Dienstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über die neue Flüchtlingskrise zwischen Türkei und Europa redet, meiden die drei Spitzenpolitiker wegen der Coronakrise den persönlichen Kontakt und führen ihr Gespräch per Videokonferenz.

Nicht nur geografisch sind Erdogan, Merkel und Macron weit voneinander entfernt, auch inhaltlich liegen die Positionen auseinander. Doch die Zeit für Lösungen drängt.

Flüchtlinge in der syrischen Provinz Idlib sind nach Einschätzung von Hilfsorganisationen nicht nur durch den Krieg, sondern auch durch das Coronavirus gefährdet. 

„Wenn das Virus die Lager in Idlib erreicht, ist es nicht mehr aufzuhalten“, sagte Fadi al Dairi von der Hilfsorganisation Hihfad.

Die Türkei stellt Bedingungen

Erdogan hatte Ende Februar die Grenze zu Griechenland für Flüchtlinge geöffnet, um die Europäer zu Zugeständnissen in der Flüchtlingsfrage und zu mehr Engagement im Syrien-Konflikt zu zwingen. Zehntausende Menschen aus Afghanistan, Syrien und anderen Ländern versuchten daraufhin, aus der Türkei ins benachbarte EU-Land Griechenland zu kommen, doch die meisten wurden von den griechischen Grenztruppen gestoppt.

Die Türkei stellt Bedingung dafür, die Grenze wieder zu schließen und den Flüchtlingsdeal von 2016 fortzuschreiben. Das Abkommen verpflichtete die Türkei, Flüchtlinge an der Weiterreise in die EU zu hindern, und sagte Ankara sechs Milliarden Euro an Hilfe zu.

Notlage an der griechischen Grenze

Für die Erneuerung des Pakts fordert die Türkei weitere Gelder und Visafreiheit für ihre Bürger in der EU. Europa ist zu weiteren Zahlungen bereit, verlangt als Vorbedingung für eine Lösung aber, dass die Türkei ihre Landgrenze zu Griechenland wieder schließt – was Erdogan bisher ablehnt.

Bei einem Besuch von Erdogan in Brüssel hatten sich Türkei und EU auf neue Gespräche über das Thema verständigt. Erdogan will die Europäer auch als Bundesgenossen im syrischen Idlib gewinnen, wo rund eine Million Zivilisten vor den Kämpfen an die geschlossene türkische Grenze geflohen sind.

Erdogan zeigt sich jetzt gesprächsbereit, stellt aber einige Forderungen an die EU.
Erdogan zeigt sich jetzt gesprächsbereit, stellt aber einige Forderungen an die EU.
© Yves Herman/Reuters

Viele von ihnen leben in Lagern ohne feste Unterkünfte, ohne genügend Toiletten und ohne Kanalisation. Eine von der Türkei und Russland ausgehandelte Waffenruhe in Idlib hält derzeit zwar, doch viele Beobachter in der Provinz befürchten, dass die Kämpfe bald wieder beginnen könnten.

Russlands Partner, der syrische Präsident Baschar al Assad, will ganz Idlib unter seine Kontrolle bringen und so seinen militärischen Sieg nach neun Jahren Krieg krönen. Dagegen fordert Erdogan – bisher vergeblich – einen Rückzug von Assads Truppen aus der Provinz.

Fadi al Dairi von Hihfad sagte, eine Rückkehr in die von der Regierung eroberten Gebiete von Idlib komme für die meisten Menschen in der Provinz nicht infrage, weil es keine Garantien für ihre Sicherheit gebe.

Noch gefährlicher wird die Lage der Flüchtlinge durch die weltweite Ausbreitung des Coronavirus. Offiziell gibt es in Syrien bisher noch keinen einzigen Fall einer Erkrankung, obwohl das Virus in allen fünf Nachbarländern aufgetreten ist.

Zerstörte Krankenhäuser, Millionen ohne Unterkunft

Eine Epidemie könnte in Syrien verheerende Folgen haben: Viele Krankenhäuser sind zerstört, Millionen von Menschen leben in Notbehausungen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO bereitet mehrere Labors in Idlib und in der benachbarten Türkei auf die Untersuchung potenzieller Corona-Fälle vor.

Dairi sagte, Flüchtlinge seien durch das Virus besonders bedroht. Er verwies auf die schlechten sanitären Bedingungen in den Lagern. „Hundert Leute teilen sich eine Toilette“, sagte auch Hisham Dirani von der Organisation Binaa. 

„Die Situation ist ideal für das Virus“. Ein Ausbruch der Krankheit Covid-19 könnte für viele Menschen den Tod bedeuten: In ganz Idlib mit seinen drei Millionen Bewohnern gebe es gerade einmal 50 Beatmungsgeräte.

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