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Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, spricht beim Bundesparteitag der Freien Demokraten (FDP) in Berlin. Foto: /dpa +++ dpa-Bildfunk +++
© dpa/Bernd von Jutrczenka

FDP-Bundesparteitag: Warum die Liberalen nicht aus dem toten Winkel kommen

Die FDP will mitregieren. Doch das dürfte bis auf weiteres nicht mehr als ein liberaler Traum bleiben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Paul Starzmann

Endlich wieder mitregieren im Bund, davon träumt man in der FDP schon länger. Das wurde auch beim Bundesparteitag der Liberalen am Samstag in Berlin wieder deutlich. „Wir müssen so stark werden, dass wir mitentscheiden können, welche Richtung dieses Land nimmt“, sagte Parteichef Christian Lindner. „Mein persönliches Ziel als Vorsitzender der FDP ist nicht, auf Platz zu spielen. Wir spielen, wenn es nach mir geht, auf Sieg.“

Zurück an die Macht schaffen wollen es die Freidemokraten mit ihrem Kernthema: der Wirtschaftspolitik. Damit zieht die FDP ins Superwahljahr 2021.

Es ist etwas, das Parteien oft machen, wenn sie in die Krise geraten: Sie kehren zurück zu ihrem „Markenkern“. Das soll den inneren Zusammenhalt fördern und alte Kräfte neu mobilisieren. Dass die FDP darauf setzt, kann man verstehen. Digitales, Umwelt, China-Kritik – kein Thema, mit dem es Lindner zuletzt probiert hat, brachte den erwünschten Erfolg.

Nun soll es also der Markt regeln, könnte man sagen. Die FDP will ihre größte Kompetenz, die Ökonomie, in den Vordergrund stellen, verknüpft mit einem „Aufstiegsversprechen“ an die Leistungsfähigen und Ehrgeizigen.

Kann die FDP so die Bundesregierung vor sich hertreiben?

Doch ob das in die Zeit passt, ist fraglich. In der Coronakrise dürften viele Menschen eher den sozialen Abstieg fürchten, als von neuen Karrierechancen zu träumen. Die FDP-Kritik an den staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft, wie den Coronahilfen für Unternehmer, dürfte außerhalb der klassischen Liberalen-Klientel kaum verfangen. Man muss sich nur die hohen Zustimmungswerte für das Krisenmanagement der Bundesregierung anschauen.

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Die Konkurrenz vor sich herzutreiben, das wird der FDP so kaum gelingen. Während die Grünen in den Umfragen teils rasant zulegen und viel Aufmerksamkeit erhalten, drohen die Liberalen dort zu bleiben, wo man sie leicht übersieht: im toten Winkel der Politik.

Das gilt auch für das Spitzenpersonal der FDP. Dass Lindner seine Generalsekretärin Linda Teuteberg nach nur anderthalb Jahren Amtszeit abserviert hat, als hätte er eine Büroleiterin in der Probezeit ausgetauscht, legt erneut das „Frauenproblem“ der FDP offen. Mit dem baldigen Rückzug der Lindner-Stellvertreterin Katja Suding gibt es demnächst kaum noch weibliche Aushängeschilder.

Kaum junge Talente in der ersten Reihe

Da hilft es wenig, dass mit der Nachwahl des Präsidiums am Samstag eine Frau mehr in dem Gremium vertreten ist als zuvor. Der FDP fehlen profilierte Politikerinnen – und auch Politiker.

Abserviert: Nach nur anderthalb Jahren Amtszeit muss die bisherige FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg ihren Posten räumen.
Abserviert: Nach nur anderthalb Jahren Amtszeit muss die bisherige FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg ihren Posten räumen.
© dpa/Bernd von Jutrczenka

Junge Talente wie der Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle spielen bis auf weiteres in der hinteren Reihe. Das schadet dem Profil der Partei insgesamt. So scheint für das Spezialgebiet des Innenpolitikers Kuhle, den Bürgerrechten, in der Lindner-FDP wenig Platz zu sein – außer, es geht um Hongkong oder Russland.

Wo sind die liberalen Stimmen aus der ersten Reihe zu „Racial Profiling“ bei der deutschen Polizei, zu „Black Lives Matter“ oder zur Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt? Die Grünen besetzen die Lücke bereitwillig.

Den Platz der FDP einnehmen, das könnte die Öko-Partei auch im kommenden Jahr, wenn es um eine Regierungskoalition im Bund geht. In der Union schielen einige längst auf Schwarz-Grün, zumal die FDP derzeit zu schwach erscheint, um als Mehrheitsbeschaffer für CDU und CSU in Frage zu kommen. Wenn sich Lindner bis dahin nichts einfallen lässt, könnte das mit dem Mitregieren für die Liberalen auch in einem Jahr vor allem eins bleiben: ein schöner Traum.

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