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FDP als „Partei der Arbeit“: So wollen die Liberalen sozialer werden

Ein sozialliberaler Kursschwenk soll der FDP aus der Krise helfen - drei Funktionäre spielen dabei eine Schlüsselrolle.

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In der FDP ist es nicht gerade üblich: das freundschaftliche „Du“. Anders als etwa in der SPD pflegt man in liberalen Kreisen eher das bürgerliche „Sie“, nennt Parteikollegen beim Nachnamen.

An diesem Mittwoch ist das allerdings anders. Gut gelaunt sitzen die drei FDP-Politiker Harald Christ, Daniela Schmitt und Johannes Vogel in einem Konferenzsaal in Berlin-Mitte – und duzen sich ganz selbstverständlich.

Dass sie damit wie drei eingeschworene Genossen wirken, passt ins Bild. Denn der designierte FDP-Schatzmeister Christ, die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Schmitt und der Bundestagsabgeordnete Vogel wollen ihre eigene Partei gewissermaßen sozialdemokratisieren. Die FDP sozialer machen, zu einer „Partei der Arbeit“ entwickeln, wie es an diesem Vormittag mehrfach heißt.

„Arbeit gestalten, Aufstieg ermöglichen, Wohlstand sichern“, so haben die drei FDP-Politiker ihr gemeinsames Papier überschrieben. Den Auftrag dazu haben sie vor einem guten halben Jahr erhalten – von FDP-Chef Christian Lindner und dem Parteipräsidium. Ein „Aufschlag für eine parteiinterne Debatte“ soll es sein, sagt Vogel. Man könnte auch sagen: Es soll einen Kursschwenk einleiten – hin zum „Sozialliberalen“.

In der kriselnden FDP, die in Wahlumfragen zwischen fünf und sieben Prozent liegt, verspricht man sich davon einen neuen Aufschwung. Die FDP will den Wählern ein „Aufstiegsversprechen“ machen – und das soll ihr auch aus dem Tief heraushelfen. Die Idee: Die FDP zum Beispiel attraktiv für enttäuschte SPD-Wähler machen, für Angestellte oder Facharbeiter, die sich mit dem derzeitigen Linkskurs der Sozialdemokraten nicht mehr identifizieren können.

Ein Signal an die SPD

Von einem „doppelten Angebot“ spricht Vogel: Ein Angebot an die Wähler, meint er damit. Aber auch ein Signal in Richtung SPD, dass man Anknüpfungspunkte hat und koalitionsfähig ist. „Beide Wege sind frei“, sagt Vogel, der als Wahlkampfmanager der Liberalen bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017 (mit Lindner als damaligem Spitzenkandidat) rund 160.000 SPD-Wähler zur FDP geholt hat.

Auch Schmitt, die als Staatsekretärin im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium Mitglied einer Ampel-Regierung aus Sozialdemokraten, FDP und Grünen ist, steht für diesen Kurs.

Unter Druck: FDP-Chef Christian Lindner kämpft gegen den Abwärtstrend seiner Partei.
Unter Druck: FDP-Chef Christian Lindner kämpft gegen den Abwärtstrend seiner Partei.
© picture alliance

Am stärksten verkörpert den sozialliberalen Ansatz der Unternehmer Harald Christ. Er weiß, wovon er spricht, wenn es um den sozialen Aufstieg geht. Der 48-Jährige stammt aus einer Arbeiterfamilie und hat sich über eine kaufmännische Lehre zum Millionär hochgearbeitet.

Mehr als 30 Jahre war er SPD-Mitglied, hat das parteiinterne Wirtschaftsforum geleitet. Im Dezember hat er den Genossen enttäuscht den Rücken gekehrt und ist seit März in der FDP. „Die SPD ist die Partei der Arbeit, das ist ihre Tradition“, sagt Christ. „Ich möchte das der SPD gar nicht absprechen.“ Doch die Sozialdemokraten hätten die Wirtschaftsseite nicht mehr genügend im Blick. „Wir“, sagt Christ – und meint damit jetzt die Freidemokraten: „Wir denken Arbeit ganzheitlich.“

Daniela Schmitt ist FDP-Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium.
Daniela Schmitt ist FDP-Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium.
© picture alliance

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Das Konzept der drei FDP-Leute, sie nennen es „Modernisierungspaket“, ist eine Mischung aus klassisch liberalen Ansätzen und solchen, die in der Tat auch in der SPD Anklang finden könnten. So fordern sie eine „Reform für mehr orts- und zeitflexibles Arbeiten“ und eine „steuerliche Entlastung für Berufstätige, die im Homeoffice arbeiten“. Deutschland brauche einen „modernen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten“. Das erinnert an die Pläne von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil für ein „Recht auf Homeoffice“.

Der Sozialdemokrat Blair als Vorbild

Christ, Schmitt und Vogel wollen Start-Up-Gründer stärker fördern, mit einem Abbau von Bürokratie etwa. „Lust auf Selbstständigkeit machen“, nennt Schmitt das. Auch Einwanderer sollen ermuntert werden, nach Deutschland zu kommen. Außerdem wollen die drei mehr Geld in die Bildung stecken, damit junge Menschen die „passende Unterstützung zur Entfaltung erhalten“, wie es in dem Papier heißt. „Das gilt ganz besonders für Kinder aus bildungsfernen Familien oder in sozial schwächeren Stadtteilen und Regionen.“ Auch hier ist man nah an der SPD.

Der Ex-SPD-Mann Harald Christ tritt im September als neuer FDP-Bundesschatzmeister an.
Der Ex-SPD-Mann Harald Christ tritt im September als neuer FDP-Bundesschatzmeister an.
© picture alliance

Daneben fordern die drei FDP-Politiker ein „persönliches Freiraumkonto für alle Bürgerinnen und Bürger“. Auf dem Konto sollen eigenes Einkommen sowie Überstunden angespart werden, um sich eine Weiterbildung oder auch eine Auszeit zu finanzieren. Ein ähnliches Konzept gibt es auch in der SPD unter dem Begriff „Chancenkonto“.

Geht es nach Christ, Schmitt und Vogel, dann fließen ihre Vorschläge in das FDP-Programm zur Bundestagswahl ein. Den Segen ihrer Parteispitze um den Vorsitzenden Lindner hätten sie, sagt Vogel. Und auch wollten sie sich, so verspricht der Bundestagsabgeordnete, „als Personen und als Trio sichtbar“ in den Wahlkampf der Liberalen einbringen – mit ihren Konzepten für eine „Partei der modernen Arbeit“.

„Tony Blair hat einmal gesagt, Politik sei für ihn vor allem die Suche nach ‚the better idea‘ – nach der besseren Idee“, zitieren die drei FDP-Politiker in ihrem Papier dann auch noch einen prominenten Sozialdemokraten, den ehemaligen britischen Premier Blair. „Wir glauben, er hat Recht.“

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