33 Tage nach der US-Wahl: Trump will offenbar Putin-Freund als Außenminister
Die angebliche Wahl des Exxon-Mobil-Chefs Rex Tillerson löst Protest unter Republikanern aus. Den Klimawandel nimmt der Ölmanager aber ernst. Eine Analyse.
Hat sich Donald Trump nach wochenlangem Hin und Her entschieden, wer sein Außenminister werden soll? US-Medien nennen übereinstimmend Rex Tillerson, den Vorstandsvorsitzenden des texanischen Ölkonzerns Exxon Mobil. Oder ist das Platzieren dieses Namens in der Öffentlichkeit nur ein weiterer Test, wie die verschiedenen Fraktionen, auf die Trump Rücksicht nehmen muss, auf diesen Kandidaten reagieren? So erging es bereits Rudy Giuliani, Mitt Romney, David Petraeus, Bob Corker und John Bolton.
Putin verlieh Tillerson den "Orden der Freundschaft"
Der 64-jährige Rex Tillerson ist eine vielschichtige Persönlichkeit. Er lässt sich nicht so einfach in die üblichen ideologischen Schubladen einordnen. Er gilt als Freund Russlands und guter Bekannter Wladimir Putins. Der hat ihm 2013 den "Orden der Freundschaft" verliehen. Der gebürtige Texaner, der seit 41 Jahren für Exxon Mobil arbeitet, anfangs als einfacher Ingenieur, seit 2006 als oberster Chef, ist - selbstverständlich - ein Anhänger der Nutzung fossiler Energien. Aber unter Amerikas Ölmanagern stach er damit hervor, dass er die Risiken des Klimawandels anerkennt und sogar eine CO-2-Steuer-Steuer befürwortet. Er unterstützt das Pariser Klimaabkommen, von dem Trump sich verabschieden möchte.
Tillerson hat zwar keine Erfahrung in der klassischen Diplomatie und der Leitung eines Ministeriums. Seine internationalen Kontakte sind freilich beeindruckend. Er hat mit zahlreichen Staats- und Regierungschefs über Öl- und Gasförderprojekte verhandelt, von Russland über Saudi Arabien und Qatar bis Venezuela.
Widerstand bei der Anhörung im US-Senat zu erwarten
Wenn Trump es mit Tillerson ernst meint, müssen die beiden sich auf eine schwierige Anhörung im US-Senat gefasst machen - die im schlimmsten Fall mit der Verweigerung seiner Ernennung endet. Das lassen die scharfen Reaktionen republikanischer Senatoren wie John McCain und Lindsey Graham erwarten. Tillersons Nähe zu Putin "bereitet mir Sorgen", sagt McCain. "Wladimir Putin ist ein Verbrecher, ein Tyrann, ein Mörder." Graham betont: "Wenn einer einen Freundschaftsorden vom Kreml bekommt, dann haben wir einiges zu besprechen."
Der Zeitpunkt, zu dem Trump einen Russland-Freund wie Tillerson als potenziellen Außenminister in die öffentliche Debatte einführt, wirkt wie eine Provokation. Kurz zuvor waren Vorwürfe der CIA bekannt geworden, dass Russland aktiv in den US-Wahlkampf zu Gunsten Trumps eingegriffen habe. Präsident Obama hat eine offizielle Prüfung potenzieller Manipulationsversuche angeordnet.
Trumps Spiel mit der Öffentlichkeit
Eine rasche Klärung, ob Trump es mit der Personalie Tillerson ernst meint oder ein weiteres Spiel mit der Öffentlichkeit spielt, ist nicht zu erwarten. Sein Sprecher Jason Miller sagte, über das Wochenende sei mit keiner offiziellen Erklärung Trumps zu rechnen, meldet die "Washington Post". Die "New York Times" sieht Hinweise, dass es Trump diesmal ernst sei. Sie beruft sich auf zwei einflussreiche Berater, Schwiegersohn Jared Kushner und Chefideologe Steve Bannon. Nach deren Worten spielt Tillerson "in einer anderen Liga" als die anderen Außenminister-Kandidaten.
Laut US-Medien könnte John Bolton Vizeaußenminister werden. Er ist ein Falke unter den US-Diplomaten, war UN-Botschafter unter George W. Bush und sieht in Russland einen Feind der USA. Da zeigt sich erneut Trumps Neigung, Personen mit gegensätzlichen Ansichten in seinem Umfeld zu platzieren.
Trump demonstriert mit diesen Manövern, die der Öffentlichkeit Rätsel aufgeben, ein weiteres Mal: Er scheut sich nicht, gegen bisherige Leitlinien der US-Außenpolitik zu verstoßen - wie schon zuvor im Umgang mit China. Er scheint solche Manöver und die Reaktionen, die sie auslösen, geradezu zu genießen.
Christoph von Marschall