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Donald Trump ist die News in China.
© AFP

28 Tage nach der US-Wahl: Trumps Außenpolitik: Einschlag im Parkett

Der künftige Präsident stellt die Welt-Diplomatie durch Regelbruch infrage. Wie kommt er wieder zu einem berechenbaren Umgang mit China und anderen? Ein Kommentar

Donald Trump stellt Amerikas Verbündete vor Rätsel. Schon das ist ein Einschnitt. Früher gaben Gegner dem Westen Rätsel auf: Die Welt der kommunistischen Diktaturen war intransparent, man hielt sich „Kremlologen“, die aus dem politischen „Kaffeesatz“ herauszulesen versuchten, wer in Moskau, Warschau oder Prag gerade auf- oder abstieg und welche Absichten die Mächtigen dort verfolgten. Die Verbündeten galten als berechenbar, ja, als verlässlich. Man sprach sich ab und durfte darauf vertrauen, dass die Alliierten einen im Fall des Falles verteidigen würden.

Früher gaben die Gegner Rätsel auf, heute auch der Verbündete USA

Da hat sich, seit Donald Trump als President-elect auf dem internationalen Parkett mitmischt, etwas grundlegend verändert. Er bricht Regeln. Wenn auf höchster Ebene die Berechenbarkeit plötzlich infrage steht, wird offenkundig, welchen Nutzen diplomatische Gepflogenheiten haben. Und, genereller, der Nutzen eines internationalen Systems, das auf Regeln beruht. Regeln für Konflikte, Regeln für Handel, Regeln für Interessenausgleich. Dieses System haben vor allem die USA nach 1945 vorangetrieben. Es stimmt zwar, dass auch sie selbst sich nicht immer an die Regeln gehalten haben. Aber der Nutzen eines regelbasierten Systems war klar, zumal für das von Exporten lebende Deutschland.

Nun rätselt Europa, was in Trumps Kopf vorgeht. Wenn er als erster US-Präsident seit 40 Jahren mit Taiwans Staatsoberhaupt telefoniert und damit China provoziert, wenn er laut überlegt, ob die Beistandszusage an Nato-Partner unbedingt gilt oder nur gegenüber denen, die aus seiner Sicht genug für Verteidigung ausgeben, oder wenn er einen Besuch in Pakistan anpeilt, den sein Vorgänger Barack Obama vermieden hat – ist das bewusster Bruch der Regeln oder Unkenntnis der Regeln? Will er andere Regeln oder gar keine Regeln?

Was kann Deutschland tun, wenn Amerika unberechenbar wird?

Wie sollen die Partner nun reagieren, wenn das Land, das als Führungsmacht des Westens galt und noch am ehesten die Einhaltung internationaler Vereinbarungen erzwungen hat, unberechenbar wird? Schlimm genug, dass ein Wladimir Putin die Grundregel (Gewaltverzicht) bricht und Nachbarn überfällt. So weit geht Trump nicht, bei ihm ist eher der Rückzug aus der Verantwortung das Problem: Rückzug aus dem Klimaabkommen, aus Handelsverträgen.

Das fängt im Kleinen an: Rückzug aus der gewohnten Diplomatie. Trump setzt auf „Disruption“, den Schock des Regelbruchs, so viel ist klar. So hat er seinen Wahlkampf geführt, so setzt er seine außenpolitischen Duftmarken. Der Fall Taiwan lässt vermuten: Er strebt keine Welt ohne Regeln an, aber eine mit veränderten Regeln. Das Telefonat mit Taiwans Präsidentin, so lässt er durchstechen, war kein Anfängerfehler, sondern ein bewusstes Signal an China. Trump hat sich mit ihr verabredet. Per Twitter – auch das eine Regelveränderung – liefert er seine Sicht nach: „Hat China gefragt, ob es für uns okay ist, dass sie ihre Währung abwerten und Inseln im Chinesischen Meer militärisch ausbauen?“

Trumps Versuch, Druck auf China auszuüben, ist riskant

Seine Taktik, China unter Druck zu setzen – und morgen andere? – , ist ein Risiko. Regelbruch ist leicht. Schwerer wird es, zur Berechenbarkeit zurückzufinden. Wenn Umgangsregeln nicht mehr gelten, können auch andere Schranken fallen.

Christoph von Marschall

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