Iran und der Westen: Auf Konfrontationskurs mit den Mullahs
Die USA unter Donald Trump wollen Teheran seine Grenzen aufzeigen. Das kommt Israel entgegen – und bringt Irans Präsident Ruhani in Bedrängnis.
Für Barack Obama war es einer seiner wenigen greifbaren außenpolitischen Erfolge – das Atomabkommen mit dem Iran. Die Abmachung soll nicht nur die Herrschenden in Teheran davon abhalten, Nuklearwaffen herzustellen, sondern sie auch zu konstruktiven Partnern zur Lösung der vielen Konflikte in der Region machen.
Donald Trump dagegen sieht im Iran eine Bedrohung, der rasch Einhalt geboten werden muss. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern hat sich mit seinem Amtsantritt erheblich verschlechtert. Nach einem iranischen Raketentest hatte Trump die Regierung in Teheran nach eigenen Worten „verwarnt“. Der iranische Präsident Hassan Ruhani sagte, sein Land werde sich von „keinerlei Kriegshetze“ einschüchtern lassen. „Einige Anfänger in der Region und in Amerika bedrohen den Iran.“ Im Nahen Osten rivalisiert der Iran mit den US-Verbündeten Saudi-Arabien und Israel, dem Teheran mehrfach mit Vernichtung gedroht hat.
Trumps Pläne
Eine harte Linie gegenüber dem Iran gehört zur Weltsicht des neuen US-Präsidenten. Im Wahlkampf versprach Trump, das Atomabkommens mit Teheran aufzuheben. Inzwischen ist er von dieser Extrem-Position aber abgerückt. Manche Beobachter meinen, Washington versuche den Iran nun dazu bringen, die Übereinkunft von sich aus aufzukündigen.
Er wolle sich dafür einsetzen, dass der Iran „niemals – und ich meine niemals – Atomwaffen entwickeln“ könne, sagte Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Den Atomdeal mit Teheran sieht er zwar als „Katastrophe“. Wichtige Berater wie Verteidigungsminister James Mattis und Außenminister Rex Tillerson plädieren jedoch dafür, die Vorgaben des Vertrags strikt umzusetzen, statt das Abkommen aufzukündigen.
Den erklärten Iran-Gegnern in Washington geht es dabei aber nicht nur um die Vertragseinhaltung. Michael Rubin, Nahost-Experte bei der konservativen Denkfabrik AEI, sagte der „Washington Post“, die Trump-Regierung könne die Iraner mit Kontrollen so in die Defensive treiben, dass Teheran von sich aus den Deal für null und nichtig erklärt. Diese Möglichkeit wird bei Verbündeten der USA mit Sorge gesehen. Man habe nichts gegen eine genaue Umsetzung des Atomabkommens, betont ein hochrangiger Diplomat, der in Washington ein EU-Land vertritt. Aber es sei etwas anderes, wenn die Vereinbarung auf diese Art zum Scheitern gebracht werden solle.
Neuer Druck auf den Iran soll aus Sicht der Trump-Administration noch einem anderen Zweck dienen. Die sunnitischen Staaten im Nahen Osten misstrauen den Schiiten im Iran. Sie sind überzeugt davon, dass Teheran nichts anderes im Sinn hat, als seine Macht auszudehnen. Diese Vorbehalte könnten als Instrument für eine neue regionale Ordnung genutzt werden.
Unter dem Motto „Outside-in“ will Washington die gemeinsame Abneigung der Araber und der Israelis gegenüber Teheran nutzen, um eine neue Allianz in der Region zu schmieden und möglicherweise damit auch den Weg zu einer Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern zu ebnen. Der Grundgedanke lautet dabei, dass die Araber angesichts der Ausweitung des iranischen Einflusses enger mit dem jüdischen Staat zusammenrücken und auf die Palästinenser einwirken könnten.
Ruhanis Unbehagen
Alles wird besser. Das hofften viele Iraner, als nach jahrelangen zähen Verhandlungen das Atomabkommen unter Dach und Fach war. Die lähmenden internationalen Sanktionen gegen den Gottesstaat wurden größtenteils aufgehoben, die Isolation des Landes fand ein Ende, sogar eine Aussöhnung mit dem Erzfeind USA schien nun im Bereich des Vorstellbaren.
Doch der 8. November setzte diesen diplomatischen Frühlingsgefühlen ein jähes Ende. Trump, darüber bestand in der Islamischen Republik weitgehend Einigkeit, würde als US-Präsident eine Kehrtwende vollziehen – weg vom Miteinander, hin zum Gegeneinander. So ist es auch gekommen. Das Weiße Haus hat inzwischen verbal aufgerüstet, nach Teherans Raketentests Strafmaßnahmen verhängt und zunächst einen Einreisestopp für alle Iraner verfügt. Der Unmut bei den so Ausgeschlossenen ist groß. Kein Wunder, dass Millionen Menschen auf die Straßen gingen und am Jahrestag der Islamischen Revolution von 1979 „Tod für Amerika“ riefen oder demonstrativ auf US-Flaggen herumtrampelten.
Die härtere Gangart der USA gegenüber dem Schiiten-Staat enttäuscht nicht nur dessen Bürger. Trumps Richtungswechsel stellt insbesondere Präsident Hassan Ruhani vor erhebliche Probleme. Er gehört zwar dem politischen Establishment an, gilt aber als moderater Pragmatiker der Macht. Sein politisches Schicksal ist eng mit der Annäherung an den Westen verknüpft. Er hat sich für den Atomdeal stark gemacht und dem Volk sehr viel versprochen, vor allem ein besseres Leben. Aber der herbeigesehnte wirtschaftliche Aufschwung ließ schon vor Trumps Amtsantritt auf sich warten. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Bevölkerung murrt seit Monaten. Ruhanis Wiederwahl im Mai ist in großer Gefahr.
Aber nicht nur die enttäuschten Bürger könnten ihn seinen Job kosten, sondern der wachsende politische Widerstand. Von Anfang an war den religiösen Eiferern und erzkonservativen Kräften die Nuklear-Vereinbarung und das damit einhergehende Ende der Isolation des Landes ein Dorn im Auge. Sie sehen die Grundfeste des Gottesstaates erschüttert, seine islamischen Errungenschaften ernsthaft infrage gestellt.
Seit Monaten lassen die Fundamentalisten – allen voran die berüchtigten paramilitärischen Revolutionsgarden – keine Gelegenheit aus, gegen Ruhani und dessen Öffnungskurs zu wettern. Trump mit seiner feindseligen Rhetorik kommt ihnen ideologisch wie propagandistisch gerade recht. Die harte Gangart des US-Präsidenten könnte einem Hardliner in Teheran zum Amt des Staatschefs verhelfen. Einer, der womöglich im Namen des Iran das Atom-Abkommen aufkündigt. Nicht nur für die Krisenregion Nahost wäre das eine denkbar schlechte Nachricht.
Netanjahus Hoffnung
Als Amerika Ende Januar die Amtseinführung von Trump feierte, dürften auch knapp zehntausend Kilometer weiter östlich, in Jerusalem, die Sektkorken geknallt haben. Denn mit dem Immobilien- Unternehmer zog ein Mann ins Weiße Haus ein, der während des Wahlkampfes vor allem eins für Israel übrig hatte: warme Worte. Die US-Botschaft, so versprach es Trump, wollte er von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, während er im israelischen Siedlungsbau – anders als die US-Regierung zuvor – kein Hindernis für den Friedensprozess mit den Palästinensern erkennen mochte.
Auch beim Thema Iran waren sich Trump und Netanjahu einig. Das Iran-Abkommen sei „einer der schlimmsten Deals in der Geschichte“, hatte Trump während des Wahlkampfes gelästert und lag damit lediglich Nuancen von der Formulierung entfernt, die Netanjahu nutzte. Bei dem Abkommen mit Iran handele es sich um einen „historischen Fehler“, warnte der Israeli. Den Versprechungen Trumps sind bislang keine Taten gefolgt: Die US-Botschaft steht noch immer in Tel Aviv und zu den Siedlungen hat Trump zuletzt sogar das ein oder andere kritische Wort verloren. Auch das Iran- Abkommen hat der Amerikaner bislang nicht aufgekündigt – was Netanjahu insgeheim recht sein dürfte.
Bei einem Treffen mit seiner britischen Amtskollegin Theresa May vermied es Netanjahu, explizit eine Aufkündigung der Verträge zu fordern. Wohl nicht ganz zufällig: Israelischen Medienberichten zufolge wurde Netanjahu zuvor in einem Geheimdienstbericht davor gewarnt, dass ein Aufkündigen des Vertrages zum jetzigen Zeitpunkt nicht im Sicherheitsinteresse seines Landes liege.
Die öffentliche Debatte verläuft derweil ganz ähnlich. Aus israelischer Sicht habe das Abkommen kurzfristig Vorteile, schrieb etwa Amos Yadlin, Ex-Chef des Militärgeheimdienstes Aman, in einem Gastbeitrag für die Zeitung. Es sei daher am besten, mit einer Auflösung des Vertrages auf eine Situation zu warten, in der das iranische Regime eine „signifikante Verletzung“ des Abkommens begehe.