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Gesprächsbedarf. Außenminister Heiko Maas (r., SPD) und der Botschafter der USA, Richard Grenell.
© imago/photothek/Florian Gaertner
Update

"Breitbart"-Interview von Richard Grenell: Scharfe Kritik an US-Botschafter – nur nicht von Maas

Richard Grenell löst mit seinem "Breitbart"-Interview Empörung aus. Außenminister Maas hält sich jedoch auffällig zurück. Die US-Regierung versucht, die Sätze zu relativieren.

Die Bundesregierung hat offenbar wenig Interesse daran, das undiplomatische Verhalten des neuen US-Botschafters Richard Grenell zu einem neuen Großproblem im deutsch-amerikanischen Verhältnis zu erklären und so die ohnehin umfangreiche Liste der Streitthemen mit Präsident Donald Trump noch zu erweitern.

Außenminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich am Dienstag auffällig zurückhaltend zu der Ankündigung des Trump-Vertrauten, er wolle „andere Konservative in ganz Europa stärken“. Deutsche Politiker, die keine Regierungsfunktionen ausüben, hatten Grenell deshalb zuvor scharf kritisiert.

"Zur Kenntnis genommen"

„Ich habe diese Äußerungen natürlich zur Kenntnis genommen und auch die Kritik, die es dazu gegeben hat“, sagte Maas nach einem Treffen mit seinem ungarischen Kollegen Peter Szijjártó. „Es wird sicherlich einiges zu besprechen geben und deshalb ist es gut, dass der Botschafter morgen zu Gast ist bei Herrn Staatssekretär Michaelis“, sagte der deutsche Außenminister. Am Mittwoch ist Grenell zum Antrittsbesuch ins Auswärtige Amt geladen.

Am Montag hatte das Auswärtige Amt erklärt, es habe die US-Seite um Aufklärung gebeten, ob die Äußerungen tatsächlich in der Form so gefallen seien. Beim Antrittsbesuch Grenells werde „sicherlich Gelegenheit sein zu erörtern, wie er seine Äußerungen gerne eingeordnet wissen möchte“, sagte ein AA-Sprecher.

Das Außenministerium in Washington versuchte die Einlassungen Grenells am Dienstag zu relativieren. „Wir haben sehr starke Beziehungen zu Deutschland“, sagte eine Sprecherin. „Wir möchten die Stärke dieser Beziehungen nochmals bestätigen.“ Grundsätzlich unterstützten die USA Länder, die über ihre gewählten Amtsinhaber selbst entscheiden. Grenell habe eigentlich nur zum Ausdruck bringen wollen, dass es Parteien in Europa gebe, denen es gut gehe.

In innere Angelegenheiten eingemischt?

In einem Interview des Botschafters mit der rechtspopulistischen Plattform „Breitbart“ hörte sich das etwas anders an. Grenell hatte darin erklärt, die Wahl von Trump habe die Menschen in Europa befähigt zu sagen, „dass sie es einfach nicht zulassen können, dass die politische Klasse vor einer Wahl entscheidet, wer diese gewinnt und wer kandidiert“.

Später verwahrte sich Grenell gegen den Vorwurf, er mische sich in die inneren Angelegenheiten Deutschlands sein. „Die Idee, dass ich Kandidaten/Parteien unterstütze, ist lächerlich“, schrieb er auf Twitter. Er bleibe aber dabei, dass es derzeit „ein Erwachen der schweigenden Mehrheit“ gebe, die „die Eliten und ihre Blase ablehnen. Angeführt von Trump“.

Die schärfste Kritik an Grenell kam von Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und Ex-SPD-Chef Martin Schulz. Wer meine, „nach Gutsherrenart bestimmen zu können, wer in Europa regiert, der kann nicht länger als Diplomat in Deutschland bleiben“, sagte Wagenknecht der „Welt“. Die Bundesregierung müsse Grenell „umgehend ausweisen“.

Lob für Österreich

Schulz nannte das Agieren Grenells einen „ungeheuerlichen Vorgang“. In Anspielung auf ein geplantes Treffen Grenells mit Österreichs Kanzler Sebastian Kurz in Berlin sagte der Ex-Parteichef: „Ich hoffe, dass der Kurz-Besuch zu einem Kurz-Aufenthalt von Herrn Grenell in seiner Funktion als Botschafter in Deutschland führt.“

Kurz hat die frühere Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stets abgelehnt und sich im Wahlkampf als Garant sicherer Grenzen empfohlen. Grenell nannte Kurz einen „Rockstar“ der europäischen Politik.

Nach Einschätzung des CDU-Außenpolitikers Jürgen Hardt legt Trump es darauf an, eine weitere Einigung und Stärkung der EU zu verhindern. Dieses Ziel verfolge auch Grenell, sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion dem Sender hr-inforadio: „Grenell will die Kräfte in Europa stärken, die den europäischen Einigungsprozess stoppen oder gar zurückdrehen wollen.“

Die Europäer sollten aus der Konfrontation mit den USA in Handelsfragen den Schluss ziehen, „dass wir in der Außen-, Sicherheits- und vor allem der Handelspolitik ganz eng und Schulter an Schulter zusammenarbeiten müssen“, mahnte Hardt. (mit dpa)

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