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Zerstörung in der syrischen Rebellenhochburg Ost-Goutha
© AFP/Hamza Al-Ajweh
Update

Krieg in Syrien: Russisches Militär bereitet Feuerpause für Ost-Ghouta vor

In der syrischen Rebellenhochburg Ost-Ghouta zeigen Verletzte Anzeichen von Gasvergiftungen, melden Aktivisten. Syriens Armee bestreitet den Gas-Einsatz.

Bei einem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf die syrische Rebellenhochburg Ost-Ghouta ist nach Angaben von Aktivisten ein Kind ums Leben gekommen. 13 weitere Menschen hätten nach dem Angriff am Sonntag über Atemprobleme geklagt, eine Frau schwebe in Lebensgefahr, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Ein Arzt, der die Opfer behandelt hatte, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er vermute einen Chemiewaffeneinsatz, vermutlich handele es sich um Chlorgas. Ein drei Jahre altes Kind sei erstickt. Haut und Kleider der meisten Patienten rochen nach seinen Angaben nach Chlor, die Opfer hätten Atemnot sowie Haut- und Augenreizungen.

Die syrische Regierung hat stets bestritten, Giftgas einzusetzen. Das russische Verteidigungsministerium beschuldigte am Sonntag Oppositionelle in Ost-Ghouta, Chemiewaffen zu produzieren, um die Regierung für deren Einsatz verantwortlich zu machen.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete am Montag mindestens 31 Tote bei Bombardierungen aus der Luft und Artilleriebeschuss. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Samstag eine Resolution mit der Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe verabschiedet.

Putin ordnet tägliche Kampfpausen an

Russlands Präsident Wladimir Putin ordnete eine tägliche Kampfpausen für die syrische Rebellenhochburg Ost-Ghouta an. Durch einen "täglichen humanitären Waffenstillstand" sollten von Dienstag an "Verluste unter den Zivilisten in Ost-Ghouta vermieden werden", erklärte Verteidigungsminister Sergej Schoigu laut Medienberichten. Sie solle von 9.00 bis 14.00 Uhr Ortszeit in den Orten Duma und Irbin gelten, um Zivilisten einen Ausweg aus dem abgeriegelten Gebiet zu eröffnen. „In dieser Zeit werden die syrischen Regierungstruppen ihr Feuer auf die Terroristen einstellen“, sagte Generalmajor Juri Jewtuschenko nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums in Moskau.

Zuvor hatten sowohl UN-Generalsekretär António Guterres als auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, riefen die syrische Regierung am Montag in Genf aufgerufen, die Feuerpause umgehend umzusetzen. „Es ist höchste Zeit, die Hölle auf Erden dort zu beenden“, sagte Guterres. Konfliktparteien hätten grundsätzlich die Verpflichtung, die Menschenrechte der Zivilbevölkerung zu achten: „Auch der Kampf gegen den Terrorismus macht diese Verpflichtung nicht überflüssig.“

Al-Hussein kritisierte die Vetomächte im UN-Sicherheitsrat, die wichtige Resolutionen zum Schutz der Zivilbevölkerung verhindern. „Sie müssen sich letztlich vor den Opfern verantworten“, sagte er. Das mit Syrien verbündete Russland hatte im Sicherheitsrat eine härtere Version der Resolution verhindert.

EU will sofortige Umsetzung von UN-Resolution

Die EU forderte am Montag, die UN-Resolution für eine Waffenruhe "sofort umzusetzen". Die EU werde weiter mit ihren internationalen Partnern daran arbeiten, dass sich "die Lage vor Ort sofort verbessert", sagte die europäische Außenbeauftragte Federica Mogherini beim Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Samstag eine Resolution verabschiedet, die eine unverzügliche Waffenruhe in ganz Syrien fordert.

Für die Europäische Union geht es vor allem darum zu prüfen, wie mehr für die leidende Zivilbevölkerung getan werden könnte.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte in Brüssel, es sei eine "Schande, wie mit den Menschen in Ost-Ghuta umgegangen wird". "Wir sind wieder im Mittelalter, im tiefen Mittelalter." Asselborn verwies auf Berichte von Aktivisten, wonach es nach dem UN-Votum einen neuen Chemiewaffenangriff gegeben habe.

Asselborn forderte die syrischen Verbündeten Iran und Russland auf, auf die Regierung von Machthaber Baschar al-Assad "Druck zu machen". Dasselbe gelte für die Türkei und die USA mit Blick auf die Lage in der nordwestsyrischen Region Afrin. Die Türkei hat bereits angekündigt, sie wolle ihre dortige Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG ungeachtet der UN-Resolution fortsetzen. Die USA unterstützten bisher die YPG.

Lawrow: Waffenruhe schützt Extremisten nicht

Radikale Islamisten im syrischen Ost-Ghouta und der Provinz Idlib stehen nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow nicht unter dem Schutz der vom UN-Sicherheitsrat vereinbarten Waffenruhe. Die Feuerpause erstrecke sich nicht auf den Kampf gegen Extremisten in der Region Damaskus, sagte Lawrow am Montag einer Meldung der Nachrichtenagentur Ifax zufolge. Aussagen über den Einsatz von Chlorgas in Ost-Ghouta nannte er eine Provokation. Sie seien falsch und dienten dazu, die Waffenruhe zu torpedieren, erklärte Lawrow laut einer Meldung der Nachrichtenagentur RIA.

Nach einer relativ ruhigen Nacht in Ost-Ghouta waren am Sonntag erneut Luftangriffe und Artilleriefeuer auf das umkämpfte Gebiet niedergegangen. Auch Fassbomben seien aus Helikoptern abgeworfen worden. Von den Außengrenzen der Rebellenhochburg wurden Gefechte zwischen Aufständischen und Regierungstruppen gemeldet. (AFP, Reuters, dpa)

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