Syrien: Neue Luftangriffe auf Ost-Ghouta trotz UN-Resolution
Syrische Regierungstruppen haben die Rebellenhochburg erneut bombardiert. Russland fordert Druck auf die Rebellen. Merkel und Macron verlangen von Putin mehr Druck auf das Regime.
Trotz der am Samstag verabschiedeten UN-Resolution für eine unverzügliche Waffenruhe in Syrien haben die Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten die Rebellenhochburg Ost-Ghouta am Sonntag erneut bombardiert. Die Luftwaffe habe am Morgen zwei Angriffe auf das Gebiet am Rande der Hauptstadt Damaskus geflogen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die Angriffe trafen demnach Randbezirke von Duma, der größten Stadt in Ost-Ghouta.
Der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, berichtete zudem von Raketen- und Artilleriebeschuss auf mindestens drei Ziele in Ost-Ghouta, insbesondere in Duma. Ein AFP-Journalist in Duma konnte die Luftangriffe und den Artilleriebeschuss hören.
Ein Vertreter der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam berichtete im Kurzbotschaftendienst Twitter über Luftangriffe auf Schifunija am Rande von Duma und "versuchte Angriffe" der Regierungstruppen, welche die Rebellen abgewehrt hätten.
Rahman berichtete von Zusammenstößen zwischen den Regierungstruppen und Dschaisch-al-Islam-Kämpfern im Süden von Ost-Ghouta. In der Gegend kommt es allerdings regelmäßig zu Kampfhandlungen, weshalb zunächst unklar war, ob die jüngsten Auseinandersetzungen eine Veränderung der Lage am Boden darstellten.
US-Sicherheitsrat verabschiedet Waffenruhe
Nach tagelangen zähen Verhandlungen hatte der UN-Sicherheitsrat am Samstag eine Resolution für eine einmonatige Waffenruhe in Syrien verabschiedet. Das Gremium stimmte nach mehrfachen Verschiebungen wegen russischer Einwände einstimmig für eine baldige Feuerpause zur Ermöglichung von Hilfslieferungen sowie für ein Ende der Belagerung von Ost-Ghouta und anderer Gebiete.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte eine "unverzügliche" und "dauerhafte" Umsetzung der Waffenruhe an. Er erinnerte alle Konfliktparteien an ihre "absolute Verpflichtung", Zivilisten zu schützen.
Russland verlangt Druck auf Rebellen in Syrien
Russland verlangt von anderen ausländischen Mächten Druck auf die bewaffneten Regierungsgegner, die vom Sicherheitsrat geforderte Waffenruhe für Ost-Ghouta einzuhalten. Diese Länder sollten ihre Hausaufgaben machen, hieß es in einer Erklärung des russischen Außenministeriums vom Sonntag in Moskau.
Wegen der Attacken steht auch Russland als Hauptverbündeter der syrischen Regierung in der Kritik. Moskau werde alle Versuche unterbinden, „eine antirussische oder antisyrische Hysterie zu schüren“, teilte das Außenministerium mit. Laut Resolution dürften Terrorgruppen wie der Islamische Staat (IS) und Al Kaida weiterhin bekämpft werden.
Merkel und Macron verlangen Druck von Putin
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der russische Staatschef Wladimir Putin berieten am Sonntag über die Umsetzung eines Waffenstillstands für Syrien. In einem Telefonat begrüßten die drei Politiker die Waffenstillstandsresolution des UN-Sicherheitsrats, wie die Bundesregierung in Berlin und der Kreml in Moskau mitteilten.
Macron und Merkel hätten Putin aufgerufen, "maximalen Druck auf das syrische Regime auszuüben, um eine sofortige Einstellung der Luftangriffe und Kämpfe zu erreichen", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Macron betonten, dass es nun entscheidend darauf ankomme, die Resolution zügig und vollständig umzusetzen."
Nach Kreml-Angaben bestand Einigkeit zwischen den drei Politikern, dass die Resolution "vollständig und so schnell wie möglich" umgesetzt werden müsse. Putin, Merkel und Macron wollten ihre "gemeinsamen Anstrengungen fortsetzen", um dieses Ziel zu erreichen. Bei dem Gespräch vereinbarten die Politiker nach Kreml-Angaben zudem einen "verstärkten Informationsaustausch" über die Lage in Syrien.
Ost-Ghouta steht seit einer Woche unter massivem Beschuss der Regierungstruppen. Seither wurden nach Angaben der oppositionsnahen Beobachtungsstelle bereits mehr als 500 Zivilisten getötet, darunter mehr als hundert Kinder. Knapp 400.000 Menschen sind in dem Gebiet eingeschlossen.
Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Angaben von einem Netzwerk aus Informanten in Syrien, ihre Angaben können von unabhängiger Seite kaum überprüft werden. (AFP)