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Demonstration gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus in Köln.
© imago images/Ralph Peters

Nach Auftritt von FDP-Landeschef Kemmerich: Reichsbürger und Neonazis trommeln für neuen Corona-Protest in Gera

Neonazis und Reichsbürger ziehen die Strippen bei Demos von Corona-Kritikern wie in Gera. Dort, wo auch FDP-Mann Kemmerich auftrat.

Der Unternehmer Peter Schmidt, bisheriger Veranstalter der Corona-„Spaziergänge“ in Gera, war einer der ersten, die das auf Facebook mit einem „Gefällt mir“ kommentierten: Nach dem Protest am vergangenen Samstag hatte der Reichsbürger Marek Hallop in dem sozialen Netzwerk angekündigt, die Organisation der Proteste in der ostthüringischen Stadt übernehmen zu wollen.

„Wir werden da weitermachen, wo du aufgehört hast, als Menschen für Menschen“, schrieb Hallop. Zuvor hatte Schmidt nach dem umstrittenen Auftritt des thüringischen FDP-Landeschefs und Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich bei seiner Demonstration angekündigt, die Anmeldung der Veranstaltung sei für ihn eine „einmalige Sache“ gewesen: „Es war mir eine Ehre den Funken zu zünden.“ Er werde die Proteste weiter „gerne“ unterstützen, schrieb Schmidt –„allerdings nur, wenn die Bewegung von der Mitte getragen wird“.

Danach sieht es in Gera allerdings nicht aus – und der Unternehmer hat einen Anteil daran. Schmidts Eintrag wurde nicht nur von Hallop geliked, sondern auch vom stadtbekannten Geraer Neonazi David S., der ebenfalls für den nächsten Corona-Protest trommelt. Beide sind Facebook-Freunde des Unternehmers Schmidt, der auch Landesvorstandsmitglied sowie Sektionsleiter Ostthüringen des Wirtschaftsrates der CDU ist, beide Funktionen aber nach der heftigen Kritik an seinem gemeinsamen Auftritt mit Kemmerich ruhen lässt.

Der Unternehmer - und die „guten Nazi-Kumpel“

Schmidt versichert mit Blick auf den Protest am vergangenen Wochenende, an dem sich etwa 750 Menschen beteiligten: „Ich bin allein spazieren gegangen, ich habe die Versammlung allein angemeldet und es gibt niemand, der mich unterstützt hat.“

Doch man kennt sich in der Stadt – der Unternehmer Schmidt und die örtlichen Rechtsextremisten. David S. sagte am Donnerstag dem Tagesspiegel, den nächsten „Spaziergang“ am kommenden Samstag habe Marek Hallop bei der örtlichen Versammlungsbehörde angemeldet was auch die Stadtverwaltung inzwischen bestätigt. 

Dieser sei ein „guter Kumpel“ von ihm. Hallop schreibt in seinem Profilbild auf Facebook: „Wir leben in keinem souveränen Staat.“ Und: „Auch juristisch besteht das Deutsche Reich weiter.“ Angemeldet wurde die Versammlung für bis zu 50 Personen, allerdings hat Thüringen das Limit der Teilnehmerzahl für Demonstrationen aufgehoben.

In den sozialen Netzwerken teilt Hallop Beiträge des Verschwörungstheoretikers und Popsängers Xavier Naidoo, von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, der rechtsextremen Organisation „Pro Chemnitz“ und der „Uwe Steimle Fangruppe“. Zwischen Vor- und Nachnamen hat er das Kürzel „AdF“ eingefügt. Diese Formel steht für „Aus der Familie“ und soll ein „Ahnennachweis“ sein. „Preuße“ kann demnach nur werden, wer zurückgehend bis ins Jahr 1913 nachweisen kann, väterlicherseits aus einer preußischen Familie zu stammen.

Kritik an seinen Verbindungen zu Rechtsextremisten weist Schmidt auf Facebook als „Lüge, Wahrheitsverdrehung und Verleumdung“ zurück. Er habe in den vergangenen Tagen am eigenen Leibe zu spüren bekommen, wie es sei, mit der Nazikeule „erschlagen“ zu werden, schreibt er.

David S. hingegen erklärt, er sei mit Unternehmer Schmidt befreundet, schreibe sich mit ihm auf Facebook, bei WhatsApp und telefoniere gelegentlich. Laut David S. kenne man sich seit zwei Jahren. Der Neonazi S. sagt weiter, er habe auch „ehrenamtlich“ auf dem Geraer Schloss Osterstein gearbeitet, wo Schmidt seit 2017 einer der beiden Eigentümer ist.

Der „Ostthüringer Zeitung“ sagte Schmidt: „Die Verbindung besteht über das Schloss“. Vor zwei Jahren, als zum ersten Mal die Außengastronomie am Schloss wiederbelebt wurde, sei David S. vom damaligen Pächter „mitgebracht“ worden und habe „fleißig mit geholfen“. Was David S. sonst so treibt, will Schmidt lange nicht gewusst haben.

David S. war unterwegs bei Pegida, Thügida und Hogesa

Dabei macht David S. daraus gar kein Geheimnis. Dem Tagesspiegel berichtet er auf Anfrage freiwillig und mit Stolz in der Stimme aus seinem Vorstrafenregister: Körperverletzung, Volksverhetzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Einen Polizisten will er „Nazi“ und „Faschist“ beschimpft haben. Zudem sei er Redner bei den „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) in Köln gewesen, bei Pegida mitmarschiert, bei dessen Leipziger Ableger Legida sowie der rechtsextremen Thügida.

Per Aufruf im Internet sammelt David S. Spenden für den Reichsbürger Adrian Ursache, der nach einem Schuss auf einen SEK-Beamten zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Die Berichte über die Ausbreitung der Corona-Pandemie nennt David S. „erfunden“. David S. versichert: „Wir sind keine bösen Nazis.“

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Nach dem ersten Corona-„Spaziergang“ in Gera am 2. Mai postete Peter Schmidt auf Facebook, er sei unterwegs gewesen mit David S. und Vanessa P. „sehr dankbar“: „Es ist der Wahnsinn. Ich bin geflasht von den Geraern. Ich poste einfach nur mal, dass ich ein bisschen spazieren gehe und über tausend Leute spazieren mit. Ihr seid einfach nur geil.“ Es sei ein „tolles Gefühl zu sehen, dass es noch Menschen gibt, die sich nicht schweigend dem Unrecht beugen“. David S. dokumentierte den ersten „Spaziergang“ derweil in einem von ihm gedrehten und später auf Facebook verbreiteten Video.

Mit Davidstern beim Protestzug

Vanessa P. ist die Lebensgefährtin von David S. Beim zweiten Spaziergang am vergangenen Samstag lief sie mit einem umgehängten Davidstern durch Gera - vorn in der ersten Reihe des Protestzugs neben FDP-Landeschef Kemmerich und Unternehmer Schmidt. Beide wollen davon nichts mitbekommen haben. Schmidt sagt, es habe auch „ein paar Verwirrte“ bei der Demonstration gegeben. Die Masse wären aber normale Menschen mit ähnlichen Sorgen über die aktuelle Situation gewesen.

David S. sagt, seine Lebensgefährtin sei „unpolitisch“. Und: „Mit dem Davidstern haben wir ein bisschen übertrieben. Damit wollten wir nur sagen, dass wir uns nicht impfen lassen wollen.“ Grundsätzlich aber ist er ausgesprochen zufrieden mit der Mobilisierung in Gera: „Ein Volk muss zusammenhalten.“ Auch der Geraer AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, der an beiden bisherigen Protestzügen teilnahm, sei „immer herzlich willkommen“, ebenso wie beispielsweise auch Leute der NPD.

Dass der FDP-Politiker Kemmerich am vergangenen Samstag dabei war, findet David S. prima. Kemmerich habe eine „gute Einstellung“, sagt er. „Ich fand den super. Wir haben den herzlich begrüßt“. Kemmerich selbst hatte seine Teilnahme am Corona-„Spaziergang“ zunächst verteidigt. Inzwischen spricht er von einem „Fehler, schon deshalb, weil es den politischen Gegnern meiner Partei jede Möglichkeit bot, die berechtigten Anliegen einer kritischen Prüfung der aktuellen Regierungspolitik in der Corona-Krise zu denunzieren und zu diffamieren“.

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