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Gregor Gysi
© dpa

Krach zwischen SPD, Linken und Grünen: Putin stürzt Rot-Rot-Grün in die Krise

Prinzipiell ist die SPD offen für ein Bündnis mit der Linkspartei auch im Bund. Doch im Streit um Putin, die Krim und die Ukraine haben sich Sozialdemokraten, Linke und Grüne völlig verhakt.

Für Dietmar Bartsch darf das als strategische Meisterleistung gelten. Vor ein paar Tagen einigte sich der pragmatische Linken-Fraktionsvize im Bundestag mit seiner Kollegin Sahra Wagenknecht vom linken Flügel auf ein gemeinsames Positionspapier zu den Regierungsperspektiven für 2017, Titel „Wir sind DIE Opposition“. Vom „unverwechselbaren Gesicht“ der Linken war die Rede. Und gemeinsam nahmen Bartsch und Wagenknecht „positiv zur Kenntnis, dass die SPD eine Regierung mit uns auch auf Bundesebene nicht mehr ausschließt“.
Die Initiative der beiden Politiker – als Doppel Favoriten von Fraktionschef Gregor Gysi für seine Nachfolge – ging in der öffentlichen Debatte um die Ukraine-Politik fast völlig unter. Die Linkspartei liegt sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen im heftigen Clinch, angeheizt durch polemische Vorlagen aus den eigenen Reihen als auch durch heftige Gegenreaktionen.
Die jüngsten Höhepunkte: Eine am Wochenende von der Grünen-Führung verbreitete Fotomontage gegen Sahra Wagenknecht, die diese vor mutmaßlich russischen Soldaten mit Kalaschnikows zeigte, dazu der Spruch: „Jetzt neu: Linkspartei erstmals für Auslandseinsätze!“ Dann SPD-Chef Sigmar Gabriel, der Wagenknecht in der „Süddeutschen Zeitung“ angreift: „Die Reden von Frau Wagenknecht zur Annexion der Krim durch Russland erinnern an die krampfhaften Rechtfertigungsreflexe kommunistischer Sekten in den 1970er und 1980er Jahren für jedwedes Unrecht, das damals von der Sowjetunion begangen wurde.“ Und schließlich die spektakuläre Ausladung von Gysi durch die SPD-Netzwerker – eigentlich hätte der Fraktionschef dort an diesem Donnerstag über die Perspektiven von Rot-Rot-Grün referieren sollen. Begründung: Nach Gysis Äußerungen zur Ukraine jüngst im Bundestag gebe es „keine Grundlage mehr für ein sachliches und ernsthaftes Gespräch“. Offenbar erwarte die SPD „Unterordnung“, schoss Gysi bei Twitter zurück.

Die Linksfraktion steht hinter Sahra Wagenknecht

In der Linkspartei führen die Angriffe zum Schulterschluss. Fraktionsgeschäftsführerin Petra Sitte sagte am Dienstag, in Gysis Bundestags-Rede zur Ukraine vergangene Woche sei „jeder Halbsatz“ ausbalanciert gewesen. Sie forderte von allen Beteiligten eine „sachliche Debatte, statt weiter Porzellan zu zerschlagen“. In der Linksfraktion selbst gebe es um das Vorgehen von Russlands Präsident Wladimir Putin „in den Essentials“ keinen Streit. Mit anderen Worten: Die Fraktion steht hinter Sahra Wagenknecht.

Dagdelen: EU und Nato unterstützten Faschisten beim Umsturz in Kiew

Ausdrücklich aus nahm sie nur die NRW-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen vom linken Flügel, die in dieser Frage „kein Maßstab“ sei. „Frau Dagdelen ist keine Wortführerin“, versicherte Sitte. Dagdelen hatte im Februar heftig mit einer Twitter-Nachricht empört: „Unerträglich diese verwelkten Grünen, die die Faschisten in der #Ukraine verharmlosen, die antisemitische Übergriffe begehen. Ein Tabubruch.“ Am 7. März gab Dagdelen dem russischen Auslandssender RT, der Propaganda im Sinne des Kreml macht, ein Interview, in dem sie „Neonazis“ die „entscheidende Rolle“ in der ukrainischen Übergangsregierung zuschreibt. Zum ersten Mal in der europäischen Geschichte habe ein Regimewechsel stattgefunden unter „massiver Hilfe von faschistischen Gruppen, dies unterstützt von der EU und den Nato-Staaten“.

Den Kritikern einer rot-rot-grünen Annäherung dienen solche Äußerungen als willkommene Vorlage. Beobachter haben den Eindruck, rechte Grüne und linke Linke eint das Ziel, ein Linksbündnis im Bund – womöglich auch in diesem Herbst in Thüringen – zu verhindern. „Ein bitterer Nachgeschmack“ der jüngsten Kontroversen, analysiert eine linke Grüne.
Was die SPD betrifft: Dort vermuten Vertreter des linken Parteiflügels inzwischen, der Öffnungsbeschluss des Leipziger Bundesparteitages sei nur zur Beruhigung der Basis gefasst worden. Der neue SPD-Vize Ralf Stegner hatte sich zwar zum Beauftragten für die Kontakte zur Linkspartei erklärt, zu Gesprächen auf Spitzenebene kam es bisher nicht. Die SPD-Netzwerker schrieben übrigens an Gysi persönlich, sie hofften, „zu einem besseren Zeitpunkt wieder ins Gespräch zu kommen“. Der wiederum tröstet sich über die Absage hinweg mit der Teilnahme am Frühlingsempfang der Linksfraktion im sächsischen Landtag. Zur Unterhaltung der Gäste spielt dort am Donnerstag die Band „Placebo Flamingo“.

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