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Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat im Haus der Architekten in Stuttgart (Baden-Württemberg) eine Mappe in der Hand, in der ein Dokument mit der Aufschrift "Grüne Ampel" liegt.
© dpa

Landtagswahlen: Prüfe, wer sich bindet

Der CDU in Baden-Württemberg bleibt eine Koalition als Juniorpartner der Grünen wohl nicht erspart. Doch vorher will die Partei den Eindruck erwecken, alles andere probiert zu haben.

Die Aussicht, künftig den Juniorpartner der Grünen zu geben, bereitet der baden-württembergischen CDU erhebliche Probleme. „Grün-Schwarz stößt an meiner Basis natürlich auf Skepsis. Das wollte keiner von uns. Aber wir müssen nun mit dem Wählervotum verantwortungsvoll umgehen“, sagte der Vorsitzende des CDU-Bezirksverbands Württemberg-Hohenzollern, der Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß. „Wir müssten uns in einem möglichen Bündnis mit den Grünen inhaltlich schon sehr stark wiederfinden.“

Unter den vier CDU-Regionalbezirken im Land gilt sein oberschwäbischer als der konservativste. Der Pforzheimer Bundestagsabgeordnete Gunther Krichbaum geht in seinen Forderungen sogar noch weiter: „Wenn sich die CDU für Koalitionsverhandlungen mit den Grünen entscheidet, muss ein Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten zur Mitte der Legislaturperiode Thema der Verhandlungen sein, weil beide Fraktionen mit 47 beziehungsweise 42 Sitzen fast gleich stark sind.“ Das zeigt: Die Option Grün-Schwarz mit dem populären Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann an der Spitze wirkt für viele Christdemokraten nach der Wahlschlappe am Sonntag wie eine zweite Niederlage. Doch die Alternativen sind von der politischen Konkurrenz abgelehnt worden – oder noch unattraktiver.

Neuwahlen wären nicht zu verantworten

CDU-Landeschef und Bundesvize Thomas Strobl brachte nun einen Mitgliederentscheid ins Gespräch, um die Basis „über den gesamten Prozess hinweg einzubinden“. Auch er strebe das Bündnis mit den Grünen nicht an, sagte Strobl dem Tagesspiegel. Aber wenn die SPD eine Koalition mit CDU und FDP und die FDP ein Bündnis mit Grünen und SPD ausschlössen, könne die CDU nicht von vornherein die letzte verbleibende Option ablehnen. „Sonst würde es Neuwahlen geben. Das wäre unter staatspolitischen Gesichtspunkten nicht zu verantworten. Es wäre auch ein weiteres Konjunkturprogramm für die AfD.“ Im ersten Sondierungsgespräch am Mittwoch mit den Grünen gab es keine Annäherung. „Wir führen die Gespräche in dem Bewusstsein, dass es zu einer Koalition kommen könnte“, sagte Strobl. Bekannt sei aber auch, dass „wir mit anderen ebenfalls Gespräche führen.“
Die CDU versucht offenbar weiterhin, die Illusion einer schwarz-rot-gelben Koalition aufrechtzuerhalten – trotz klarer Absagen der SPD. Das mag der Hoffnung geschuldet sein, dass sich die Genossen doch noch bewegen. Vor allem aber ist es Teil einer in Führungsgremien ausgegebenen Zwei-Phasen-Strategie: Die CDU-Spitze will zuvor nachweisen, dass sie nichts unversucht gelassen hat, Grün-Schwarz zu verhindern. Erst dann soll die ungeliebte Option dem eigenen Anhang als letzte Möglichkeit nähergebracht werden.

Freundlicheres Klima für Schwarz-Grün

Am Wahlsonntag hat deshalb sogar der frühere CDU-Ministerpräsident und jetzige EU-Kommissar Günther Oettinger für eine sogenannte Deutschland-Koalition plädiert. Dabei war es der liberale Oettinger, der schon 2006 mit den Grünen eine mögliche Koalition sondiert hatte – damals noch aus der Position übermächtiger Stärke. Es war die zweite Annäherung beider Parteien. Bereits 1992 hatte der damalige CDU-Regierungschef Erwin Teufel mit den Grünen Gespräche aufgenommen, letztlich aber wohl nur, um seine Verhandlungsposition gegenüber dem späteren Koalitionspartner SPD zu stärken.

Oettinger war es dagegen so ernst, dass sich sein konservativer Gegenspieler, der damalige Fraktionschef Stefan Mappus, genötigt sah, den Flirt zu stoppen. Der liberale Flügel war damals nicht stark und entschlossen genug, das neue Bündnis durchzusetzen. Nun müssen sich die konservativen Christdemokraten auf die Grünen einlassen. Vielleicht ist die Aufgabe aber auch gar nicht so schwer, wie sie vielen erscheint. „In der Gesellschaft ist das Klima für eine Koalition von CDU und Grünen viel freundlicher als 2006“, sagte Oswald Metzger, Landesvize der CDU-Mittelstandsvereinigung. „Und mit der Versöhnung von Ökonomie und Ökologie hätte ein solches Bündnis eine Metabotschaft.“

Metzger kennt beide Seiten gut: Er war Grünen-Abgeordneter im Bundestag und im Stuttgarter Landtag, 2008 wechselte er dann zur CDU. „In Baden-Württemberg waren CDU und Grüne nie so verfeindet wie in Hessen“, sagte er. „Dazu kommt: Kretschmann wird nicht ewig weitermachen. Von daher muss die CDU auch keine Angst haben, von den Grünen marginalisiert zu werden. Denn ohne Kretschmann hätten sie keine 15 Prozent.“

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