Nach der Wahl in Baden-Württemberg: Schwierige Sondierung
In Baden-Württemberg haben SPD und FDP Dreier-Koalitionen abgesagt. Damit bleibt nur ein Bündnis von Grünen mit der CDU übrig.
Viel Verständnis bringt Winfried Kretschmann nicht dafür auf, dass sein Herausforderer Guido Wolf nach dem CDU-Wahldebakel das Amt des Ministerpräsidenten für sich beansprucht. Natürlich habe jeder das Recht, die Bündnisse zu schmieden, die er wolle, sagt der grüne Amtsinhaber. Doch er ist sicher: „Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung Baden-Württembergs möchte, dass ich Ministerpräsident bleibe.“ Für diesen Mittwoch hat Kretschmann SPD, FDP und CDU zu ersten Sondierungsgesprächen eingeladen. Doch nachdem die FDP die Ampel mit Grünen und SPD ausgeschlossen hat und die SPD eine Koalition unter Führung der CDU mit der FDP nicht mitmachen will, bleibt eigentlich nur noch eine Option: Grün-Schwarz.
Die Annäherung fällt beiden Parteien nicht leicht. Schwarz-Grün auf Landesebene gab es erst zwei Mal: von 2008 bis 2010 in Hamburg und seit 2013 in Hessen. Ein Bündnis mit der CDU als Juniorpartner wäre eine Premiere. Für die Christdemokraten, die 58 Jahre lang den Regierungschef in Baden-Württemberg stellten, bevor 2011 Kretschmann übernahm, eine irritierende Vorstellung.
Auch deshalb stellt man sich bei den Grünen auf „extrem schwierige Verhandlungen“ ein. Die CDU zu überzeugen, werde seinen Preis haben, heißt es in der Partei. Erschwerend komme hinzu, dass im Moment nicht ausgemacht sei, was die CDU in einer Koalition erreichen wolle.
Unklar, was die CDU erreichen will
„Mit so einem Partner muss man erstmal Gespräche führen, um rauszufinden, was der will“, sagt Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer im Deutschlandfunk. Dass die Zusammenarbeit nicht einfach werden dürfte, ist allen bewusst. Nicht zuletzt, weil die geschrumpfte CDU-Fraktion konservativer geworden ist. Den Einzug in den Landtag über Direktmandate haben eher die Kandidaten aus den ländlichen Gebieten geschafft und nicht die liberalen CDU-Leute aus den Städten. „Das macht es nicht gerade leichter“, sagt ein grüner Stratege.
Doch auch wenn die CDU in den letzten fünf Jahren eine „Mäkelopposition“ betrieben habe, seien die Differenzen nicht unüberbrückbar, glaubt Palmer. „Ich wüsste nicht, was in der Wirtschaftspolitik der Grund sein sollte, warum die CDU nicht mit uns koalieren könnte“, sagt der Grünen-Politiker. Auch Kretschmann hält die Vorbehalte aus der CDU für nicht gerechtfertigt. Er habe in den letzten fünf Jahren gezeigt, dass auch ein Grüner „ein starkes Industrieland“ führen könne. Baden-Württemberg sei „viel grüner“, als es der CDU aufgefallen sei.
Schwarz-Grün gilt vielen Grünen nicht mehr als „Totalverrat“
Prinzipielle Vorbehalte gegen ein Bündnis mit der CDU gibt es bei den Grünen nicht mehr. Im baden-württembergischen Landesverband ohnehin nicht, der einen klaren Realo-Kurs fährt. Aber auch im Rest der Republik bleibt der Aufschrei aus, Schwarz-Grün gilt vielen Grünen nicht mehr als „Totalverrat“. Hinzu kommt, dass es in den letzten Jahren immer schwieriger geworden ist, für das Wunschbündnis mit der SPD Mehrheiten zu bekommen. Befragungen ergeben zwar, dass die Mehrheit der Grünen-Anhänger immer noch eine Präferenz für Rot-Grün hat. Wenn es dafür nicht langt, sind sie aber auch offen für anderes.
Seit dem Ende der rot-grünen Bundesregierung 2005 haben die Grünen feststellen müssen, dass es auf Bundesebene nicht mehr für diese Konstellation gereicht hat. Mehrfach hat die Partei deswegen beschlossen, sich nicht mehr als Anhängsel der SPD zu verstehen, sondern auf „Eigenständigkeit“ zu setzen. Bereit für Schwarz-Grün im Bund war die Partei deshalb 2013 trotzdem nicht. In der Verhandlungsdelegation saß damals auch Kretschmann, der die Gespräche mit der Union gerne fortgesetzt hätte. Doch nach dem personellen Neuanfang bei den Bundesgrünen nach der Wahlniederlage gab es niemanden, der bereit gewesen wäre, diesen Schritt mitzugehen.
2017 könnte das anders sein. Nicht, weil Kretschmanns Einfluss bei den Grünen nun größer geworden wäre. Sondern auch, weil die Partei sich aufs Regieren vorbereitet. Ein Selbstläufer ist Schwarz-Grün deshalb nicht, allein schon wegen dllein schon wegen der Differenzen zur CSU in der Flüchtlingspolitik. er Differenzen zur CSU in der Flüchtlingspolitik. Selbst der Ober-Realo Palmer ist der Überzeugung, dass Grün-Schwarz im Südwesten keine Vorentscheidung für den Bund wäre. Er sagt: „Daraus folgt nicht, dass das auch im Bund klappen kann.“