US-Außenminister trifft Merkel: Pompeo macht Iran für Angriffe auf Öltanker verantwortlich
Die Bundeskanzlerin empfängt am Freitag Trumps Chefdiplomaten. Zentrales Thema ist der Konflikt zwischen den USA und dem Iran. Kann Deutschland vermitteln?
Angesichts der Spannungen am Persischen Golf will Deutschland zwischen dem Iran und den USA vermitteln, um einen neuen Krieg zu verhindern. Die Bundesregierung hatte kürzlich den Politischen Direktor im Auswärtigen Amt, Jens Plötner, zu Gesprächen nach Teheran geschickt und erwartet an diesem Freitag den amerikanischen Außenminister Michael Pompeo in Berlin, der am Freitagmorgen auf dem Flughafen Tegel landete.
Auch andere Länder bieten ihre Hilfe bei den Bemühungen um Entspannung an. Doch auf beiden Seiten gibt es starke Kräfte, die Kompromissen im Weg stehen könnten.
Zumindest theoretisch ist die Gelegenheit für Vermittlungsbemühungen günstig. US-Präsident Donald Trump versicherte jüngst, seine Regierung strebe im Iran keinen Regimewechsel an, sondern wolle nur die Entwicklung von Atomwaffen verhindern. Auch Teheran betonte, es gebe Wege zur Verständigung.
Besorgte Nachbarstaaten
Der iranisch-amerikanische Konflikt hatte sich in den vergangenen Wochen durch mehrere Anschläge und Angriffe verschärft. Vor seiner Abreise nach Europa bezichtigte auch Pompeo den Iran, weltweit den Ölpreis durch Attacken auf Tanker im Golf hochtreiben zu wollen. Zuvor hatte bereits Trumps Sicherheitsberater John Bolton, ein Iran-Hardliner, gesagt, es sei „fast sicher“, dass Teheran dahinterstecke. Die Führung in Teheran müsse sich auf eine „sehr starke Reaktion“ der USA gefasst machen.
Zum Auftakt seines Deutschland-Besuchs bekräftigte Pompeo das massive Vorgehen der USA gegen den Iran und forderte andere Staaten auft, sich den US-Sanktionen anzuschließen. Der Iran habe unter anderem seine finanziellen Zusagen zu einem internationalen Abkommen zur Unterbindung von Terrorismus nicht eingehalten, erkärte der US-Außenminister. Man habe einige Dinge im Handel mit dem Iran mit Sanktionen belegt, bei anderen Dingen wie humanitären Gütern gebe es keine Sanktionen.
Zwei besorgte Nachbarstaaten des Iran – der Irak und Oman – haben sich deshalb als Vermittler angeboten. Beide Länder haben sowohl gute Beziehungen zu Teheran als auch zu Washington – und beide befürchten für den Fall eines Krieges katastrophale Folgen für die gesamte Region.
Deutschland und andere europäische Staaten wollen zudem den von Trump aufgekündigten Atomvertrag mit dem Iran retten. Ob Pompeo, neben Bolton der führende Iran-Kritiker unter Trumps engen Beratern, die Hilfe der Deutschen annimmt, ist aber nicht sicher.
Im US-Außenamt hieß es vor Pompeos Abreise, der US-Minister werde mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas über die „Bedrohungen“ durch den Iran sprechen. Zu einer möglichen Vermittlerrolle anderer Staaten äußerten sich Vertreter des US-Außenministeriums zurückhaltend.
Nach seinen Gesprächen in Berlin reist Pompeo nach Bern. Auch die Schweiz, die im Iran die diplomatischen Interessen der USA vertritt, hat ihre Vermittlerdienste angeboten. Japan will ebenfalls helfen. Ministerpräsident Shinzo Abe plant eine baldige Reise in den Iran, bei der es auch um wirtschaftliche Interessen geht.
Das Land gehörte lange zu den Hauptabnehmern von iranischem Öl, hat seine Importe wegen Amerikas Sanktionen aber fast ganz eingestellt. Bei einem Besuch in Tokio gab Trump dem japanischen Premier eine Botschaft an die Führung in Teheran mit: „Uns geht es nicht um einen Regimewechsel“, sagte der US-Präsident. Er wolle einen „Deal“ mit dem Iran.
Teheran zeigt sich kompromissbereit
Präsident Hassan Ruhani zeigt sich ebenfalls offen für Kompromisse. Der Weg zu Gesprächen sei frei, wenn die USA ihre Sanktionen zurücknähmen und an den Verhandlungstisch zurückkehrten, erklärte der Präsident der Islamischen Republik.
Sind diese relativ versöhnlichen Äußerungen ein Zeichen der Entspannung? Vermittler können nach Einschätzung von Beobachtern zwar Möglichkeiten ausloten, aber die Probleme müssten die Kontrahenten selbst lösen. Ali Vaez, Direktor des Iran-Projekts bei der International Crisis Group, sagte, ein direkter Meinungsaustausch zwischen den USA und dem Iran sei unverzichtbar.
Vaez schlägt deshalb vor, Trump solle einen Iran-Gesandten einsetzen. Damit könne der US-Präsident den Mullahs zeigen, dass er bereit sei, die Hardliner in der eigenen Regierung zu umgehen.
Doch nicht nur in Trumps Administration stößt der Gedanke an Kompromisse auf Widerstand, sondern auch im Iran. So verweist Iran-Experte Ali Fathollah Nejad vom Doha-Zentrum der Denkfabrik Brookings auf die Revolutionsgarden, deren Stellung im iranischen Machtgefüge in Zeiten der Spannungen aufgewertet werde. Ein Krieg würde den Hardlinern die Möglichkeit geben, „ihre Machtposition zu festigen und auf Jahre hinweg Finanzmittel an sich zu binden“.
Dann gibt es noch die sunnitischen Staaten. Vor allem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate – beide enge Verbündete der USA – sehen im schiitischen Iran den größten und gefährlichsten regionalen Rivalen. Der saudische König Salman hat denn auch hochrangige Vertreter des Golfkooperationsrats und der Arabischen Liga zum Krisengipfel in die heilige Stadt Mekka gerufen.
„Chirurgische Angriffe“
Im Mittelpunkt stehen die iranischen „Aggressionen und ihre Auswirkungen“. Es geht offenbar vorrangig darum, eine Anti-Teheran-Allianz zu schmieden. Das passt zum Ton gegenüber Teheran, der sich spürbar verschärft hat. So waren von saudischen Staatsmedien sogar „chirurgische Angriffe“ gegen den Iran befürwortet worden.
Das klingt nach einem harten Kurs. Dennoch fürchten auch die Golfaraber, dass die Region in einem Krieg versinkt. „Das wollen wir um jeden Preis vermeiden“, sagte der saudische Staatsminister für Auswärtiges, Adel al Dschuair, der BBC. Aber es sei am Iran, sich zu mäßigen.
Saudi-Arabiens König Salman warnte allerdings bei dem Gipfel am Freitag davor, dass die Entwicklung nuklearer Fähigkeiten und ballistischer Raketen im Iran die regionale und globale Sicherheit gefährde. Die Regierung in Teheran stelle ein Risiko für maritime Handelswege und die weltweite Ölversorgung unter „himmelschreiender Missachtung“ von UN-Verträgen dar. Salman bezog sich damit auf Attacken auf Öl-Tanker und auf Öl-Versorgungseinrichtungen in den vergangenen Wochen.
Der Iran warf Saudi-Arabien daraufhin vor, die Länder der Region gegen die Islamische Republik aufbringen zu wollen. Es gebe einen Versuch der Meinungsmache, der in einer Linie mit dem "hoffnungslosen Prozess von Amerika und dem zionistischen Regime gegen den Iran" stehe, hieß es am Freitag in einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Die auf der Konferenz arabischer Golfstaaten erhobenen Vorwürfe gegen den Iran seien vollkommen unbegründet. (mit Reuters)