Irans Expansionskurs im Nahen Osten: Qassem Souleimani: Teherans Schattenkrieger
Er ist ein mächtiger Militär und Irans gefürchteter Mann für Auslandseinsätze: Wer ist Qassem Souleimani und wie gefährlich ist der Chef der Al-Quds-Brigade?
Wann immer er im Nahen Osten gesichtet wird, geht ein Raunen durch die Region. Häufig reicht schon ein Gerücht aus, um seine Feinde zu alarmieren. Denn oft bekommt man Qassem Souleimani nicht zu Gesicht. Der iranische Generalmajor agiert vorwiegend und bevorzugt im Verborgenen. Seine Missionen sind in der Regel streng geheim.
Auch in der derzeitigen Krise am Persischen Golf kursiert sein Name. Der 62-Jährige sei im Irak, heißt es in Geheimdienstkreisen. Dort, wo die USA ihre Soldaten in Alarmbereitschaft versetzt haben, weil sie Angriffe schiitischer Milizen fürchten.
Und wenn einer Einfluss auf diese Gruppen hat, dann ist das Souleimani. Er kommandiert die berüchtigten Al-Quds-Brigaden jene Elitedivision der Revolutionsgarden, die Spezialeinsätze – bis hin zu Terroranschlägen – im Ausland durchführt.
Frontkämpfer des Mullah-Regimes
Von denen gibt es nach Überzeugung von Beobachtern jede Menge – vom Jemen über Syrien bis nach Europa. Er gilt als Geheim- und Allzweckwaffe, ein gefürchteter und der wohl gefährlichste Frontkämpfer des Regimes. Souleimani ist Teherans Schattenkrieger.
Es war Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei, Irans De-facto-Machthaber, der den Gardisten der ersten Stunde 1998 zum Kommandeur der Al-Quds-Truppen machte. Seitdem hat Souleimani seinen Posten zu einer politischen und militärischen Schlüsselposition ausgebaut. Er kann sich dabei Chameneis Gunst sicher sein. Der Militär wiederum ist seinem Fürsprecher treu ergeben.
Und beide eint die Feindschaft gegenüber Israel, den USA sowie Saudi-Arabien – und der Wunsch, die Revolution in die Welt zu tragen. Das heißt konkret, Souleimani kümmert sich darum, dass der Einfluss der Islamischen Republik wächst – mit nicht zu leugnendem Erfolg.
Assads Überleben gesichert
Dabei kommen dem Mann, der in armen Verhältnissen aufwuchs, mehrere Eigenschaften zugute. Selbst Gegner erkennen seine Intelligenz, seine strategischen Fähigkeiten und seinen Mut an.
Jedoch zieht Qassem Souleimani nicht selbst in die Schlacht. Vielmehr agiert Teherans Top-Soldat als eine Art Militärberater. Besonders schätzt das Regime, dass er Syriens Machthaber Baschar al Assad das politische Überleben mit sicherte. Seit Beginn des Aufstands standen die Mullahs fest an Damaskus’ Seite – und der Chef der Al-Quds-Brigaden koordinierte die dafür notwendigen Operationen.
So sollen Souleimani und seine Offiziere Waffen nach Syrien gebracht, die Kämpfer der Schiitenmiliz Hisbollah instruiert und mit Russland die Absprachen für den Kampf gegen die Aufständischen getroffen haben.
Einsatzgebiet Irak
Verdienste erworben hat sich der Generalmajor auch beim Kampf gegen die sunnitische Terrormiliz „Islamischer Staat“ im Irak. Bei verschiedenen Offensiven gegen die Dschihadisten übernahm Souleimani sogar das Kommando über schiitische Brigaden. Viele Iraner verehren ihn auch deshalb als charismatischen Helden.
Kein Wunder, dass ihm politische Ambitionen bis hinauf zum Präsidentenamt nachgesagt werden. Aber womöglich braucht Souleimani einen solchen Posten überhaupt nicht. Er besitzt schon jetzt mehr Macht als die meisten iranischen Politiker.
Christian Böhme