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Ursula von der Leyern im Europäischen Parlament
© Frederick Florin / AFP

Von der Leyen wird Berateraffäre nicht los: Opposition will Kommissionschefin vor Untersuchungs-Ausschuss laden

Ursula von der Leyen zieht nach Brüssel. Doch in Berlin hängt ihr Ärger nach: Die Opposition will sie weiter zur Berateraffäre befragen.

FDP und Grüne im Deutschen Bundestag wollen Ursula von der Leyen auch nach ihrer Amtszeit als Verteidigungsministerin vor den Untersuchungsausschuss zur Berateraffäre laden. „Ich sehe keinerlei Anlass von einer Befragung von Ursula von der Leyen im Untersuchungsausschuss im Dezember Abstand zu nehmen – ganz gleich welches Amt sie dann bekleidet. Als deutsche Staatsbürgerin wird sie aussagen müssen“, sagte der Obmann der Grünen-Fraktion im Verteidigungsausschuss, Tobias Lindner, dem "Tagesspiegel".

Auch die FDP pocht darauf. „Wir werden Frau von der Leyen selbstverständlich weiterhin vor den Untersuchungsausschuss laden. Ich bin überzeugt, sie wird sich nicht einfach vom Acker machen, sondern sich der Befragung stellen“ sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem „Tagesspiegel“. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihre Staatssekretäre dem ausschließlich zum Fraß vorwirft.“

Damit wird von der Leyen wohl im Dezember vor dem Gremium Rede und Antwort stehen müssen. Es geht um Beraterverträge in Millionenhöhe, Verdacht auf Rechtsbruch und Hinweise auf Vetternwirtschaft im Verteidigungsministerium. Dem Bundesrechnungshof zufolge hat das Ministerium 2015 und 2016 mindestens 200 Millionen Euro für Berater ausgegeben. Wird von der Leyen als EU-Kommissionschefin zu ihrer Zeit als deutsche Verteidigungsministerin befragt, könnte das die internationale Aufmerksamkeit für die Berateraffäre erhöhen.

Gemischte Bilanz im Verteidigungsministerium

Die Baustellen für die neue Verteidigungsministerin Annegret-Kramp Karrenbauer im Bendlerblock sind groß. Die Reform der Rüstungsbeschaffung lässt bis heute auf sich warten, es fehlt nahezu überall an Ersatzteilen. Hubschrauber stehen wegen Reparaturstaus am Boden, beim Tornado-Kampfjet fehlen Ersatzteile, U-Boote sind wegen Batterieschäden über fünf Monate überhaupt nicht einsatzbereit. Kurz: Das Material der Bundeswehr ist oftmals in einem äußerst desolaten Zustand. Ganze 30 Prozent des sogenannten Großgeräts waren 2018 nicht einsatzbereit - Ausfälle durch Wartungs- und Modernisierungsarbeiten noch nicht einmal eingerechnet.

Beispielhaft sind die Probleme beim Segelschulschiff „Gorch Fock“, bei dem laut Rechnungshof vor der Instandsetzung keine ausreichende Untersuchung der Wirtschaftlichkeit erfolgt sei. Die Kosten schnellten von zehn Millionen Euro auf bis zu 135 Millionen Euro in die Höhe, die Arbeiten werden vom Verdacht auf Korruption überschattet.

„Der Fall Gorch Fock ist symptomatisch für den immer noch verschwenderischen Umgang mit Zeit und Geld bei der Bundeswehr heute“, kritisiert der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels. „Großprojekte wie das Mehrzweckkampfschiff 180, der Tornado-Nachfolger, ein neues Luftverteidigungssystem oder der schwere Transporthubschrauber warten auf Entscheidungen.“

Trotzdem findet Bartels als Bilanz über die Amtszeit der Verteidigungsministerin versöhnliche Worte. „Ursula von der Leyen hat sich Verdienste erworben um die Europäisierung der Verteidigung, etwa durch die Heeresintegration von Deutschland und den Niederlanden oder die Marineprojekte mit Norwegen.“

Die Oppositionspolitiker zeichnen unter dem Strich ein gemischtes Bild. Laut Strack-Zimmermann halten sich positive und negative Ergebnisse die Waage. Ähnlich sieht es Lindner: „Sie ist mit vernünftigen Ansprüchen gestartet. Aber sie ist ihren Werten und Zielen – einer höheren Transparenz, einem moderneren Beschaffungswesen und einer Öffnung der Bundeswehr gegenüber der Gesellschaft – im Herbst ihrer Amtszeit meist nicht mehr treu geblieben. Das gilt natürlich vor allem für die Berateraffäre.“

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