Präsidentschaftswahl in Frankreich: Macron mausert sich zum Favoriten
Der 39-jährige Newcomer Emmanuel Macron hat sich in der ersten Fernsehdebatte gut geschlagen. Er gilt als Hoffnungsträger gegen Marine Le Pen.
Emmanuel Macron hat seinen ersten großen Test auf dem Weg zur Präsidentschaft bewältigt. Umfragen nach der ersten Fernsehdebatte der Kandidaten am Montagabend bescheinigten dem 39-jährigen Newcomer, dass er sich am besten geschlagen hat: 29 Prozent stimmten in einer Umfrage des Senders BFMTV für ihn, in einer Umfrage von „Le Point“ waren es 25 Prozent.
Auf den zweiten Platz kam bei BFMTV der Linkspolitiker Luc Mélenchon mit 20 Prozent, gefolgt vom Konservativen François Fillon und der rechtsextremen Marine Le Pen mit 19 Prozent. Laut „Le Point“ finden 62 Prozent, dass Macron das Zeug zum Präsidenten hat.
Direktes Duell mit Marine Le Pen
Es war die erste von drei TV-Debatten. Nur die fünf in Umfragen bestplatzierten von insgesamt elf Kandidaten waren eingeladen. „Nun geht der Wahlkampf richtig los“, titelte der „Figaro“. Bisher hatten sich die Kandidaten nur aus der Ferne angefeindet. Der sozialliberale Macron ist einer der beiden Favoriten für die Stichwahl, seine große Konkurrentin ist Le Pen. Laut Umfragen hat sie gegen ihn in der Stichwahl wenig Chancen, auch wenn sie für den ersten Wahlgang oft vor Macron liegt.
Laut Macron geht es bei der Wahl um Europa oder Frexit, um ihn oder Le Pen: „Im Gegensatz zu Ihnen, Madame Le Pen, will ich nicht mit Putin paktieren, im Gegensatz zu Ihnen will ich ein starkes, aber verantwortungsvolles Frankreich und im Gegensatz zu Ihnen will ich ein Frankreich in einem starken Europa.“ Le Pen konterte, sie wolle Frankreichs Staatschefin werden und nicht „die Vizekanzlerin von Angela Merkel“.
Um Präsidentin zu werden, müsste sie Wähler anderer Parteien vom Anti-Europa-Kurs ihres Front National überzeugen. Experten glauben aber, dass sie ihr Wählerpotenzial ausgeschöpft hat. Daran hat die TV-Debatte, die rund zehn Millionen Menschen verfolgten, nicht viel geändert.
Erstes Regierungsmitglied bekennt sich zu Macron
Der erfolgreiche Auftritt des ehemaligen Wirtschaftsministers Macron hatte am Dienstag bereits Folgen: Das erste Mitglied aus der Regierungsmannschaft von Präsident François Hollande, die Grünen-Politikerin und Staatssekretärin für Biodiversität Barbara Pompili, hat sich öffentlich zu Macron bekannt. Damit kehrt sie dem Sozialisten Benoît Hamon den Rücken, der bei den Sozialisten die Vorwahl gewonnen hatte, aber in der TV-Debatte blass blieb. Pompili sagte, dass Macron mit seiner pro-europäischen Einstellung am besten „gegen den Front National kämpfen“ könnte.
Die Politikerin, die erst am 11. Februar 2016 in die Regierung eintrat, gehört zum Ministerium von Hollandes Ex-Lebenspartnerin und engen Vertrauten Ségolène Royal, die sich sehr gut mit Macron versteht – so lesen manche ihre Äußerung als wichtiges Zeichen. Schon seit Wochen gibt es Gerüchte, dass Mitglieder der Regierungsmannschaft Macron folgen wollen, weil der in den Umfragen aussichtsreicher ist als Hamon. Hamon vertritt zudem den linken Flügel der Partei, mit dem viele vom rechten Flügel nicht einverstanden sind.
Macron hatte allerdings die Regierungsmitglieder gebeten, nicht zu ihm überzulaufen – denn er weiß, dass eine Vermischung seiner Bewegung „En Marche“ mit den regierenden Sozialisten seinem Image als Erneuerer eher schaden könnte.
Sozialistische Partei befürchtet auszubluten
Auch Premierminister Bernard Cazeneuve scheint offenbar zu befürchten, dass die sozialistische Partei ausblutet. Er bat die Regierungsmitglieder, sich nicht für Macron auszusprechen. Gerüchten zufolge soll auch Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian schon darüber nachgedacht haben. Thierry Braillard, Staatssekretär für Sport, kündigte jetzt für Freitag eine Entscheidung an. Stadtminister Patrick Kanner gab ebenfalls bereits zu, wankelmütig zu sein. Dagegen hat sich Erziehungsministerin Najat Vallaud-Belkacem vehement für Hamon ausgesprochen.
Sollte Macron tatsächlich Präsident werden, wartet allerdings eine weitere Hürde auf ihn. Am 11. und 18. Juni sind Parlamentswahlen in Frankreich – und es bleibt zu bezweifeln, dass er sich dann mit seiner unabhängigen Bewegung „En Marche“ auf eine regierungsfähige Mehrheit stützen kann.